# taz.de -- Milliardenkürzungen im Landeshaushalt: Lob fürs Sparen, Kritik am… | |
> Rechnungshofchefin Karin Klingen legt den Jahresbericht ihrer Behörde vor | |
> und äußert sich zu den Streichplänen des schwarz-roten Senats. | |
Berlin taz | Spätes Umsteuern, teils keine nachhaltigen Kürzungen, | |
zweifelhafter Umgang mit sogenannten alternativen Finanzierungsformen: | |
Landesrechnungshofspräsidentin Karin Klingen hat bei der Vorstellung ihres | |
Jahresberichts gleich mehrfach Kritik an den jüngsten Kürzungsplänen der | |
schwarz-roten Koalition geübt. CDU und SPD hatten ihren Weg, ein | |
3-Milliarden-Loch im Haushalt 2025 zu füllen, vor 10 Tagen vorgestellt. Am | |
Dienstag machte der Senat daraus [1][einen Entwurf für einen | |
Nachtragshaushalt], den nun das Abgeordnetenhaus berät. | |
Der Rechnungshof stellt jährlich seinen Blick auf die Haushalts- und | |
Wirtschaftsführung Berlins vor. Seine Rolle als Landesbehörde ist [2][in | |
Artikel 95 der Berliner Verfassung] geregelt, der ihn als unabhängige | |
Landesbehörde beschreibt und seinen Mitgliedern richterliche Unabhängigkeit | |
zuweist. | |
Präsidentin Klingen, die [3][die Behörde seit 2018 leitet], gestand dem | |
Senat am Donnerstag vor Journalisten zwar angesichts von 3 Milliarden eine | |
„außergewöhnliche Konsolidierung“ zu. „Eine Korrektur des | |
überdimensionierten Haushaltsvolumen war dringend notwendig“, sagte sie. | |
Kritisch sehe man jedoch, „dass der Senat erst so spät umgesteuert hat“. | |
Klingen bezeichnete das Verfahren zur Aufstellung des Nachtragshaushalts | |
zudem als intransparent. „Lange Zeit war nicht klar, wo gespart werden | |
würde.“ Das habe „zu einer hohen Belastung der Verwaltung und der | |
Bürgerinnen und Bürger geführt“. Aus ihrer Sicht wäre es besser gewesen, | |
schon vor dem Haushaltsbeschluss im Dezember 2023 Prioritäten zu setzen. | |
Skeptisch zeigte sich Klingen auch gegenüber dem Plan der Koalition, sich | |
mit neuen Finanzierungsinstrumenten zu behelfen. Führende Köpfe von CDU und | |
SPD verwendeten in den vergangenen Wochen den Begriff „alternative | |
Finanzierungsformen“ fast schon inflationär. Dahinter stehen neue Kredite | |
für landeseigene Unternehmen, die mit bestimmter Begründung trotz | |
Schuldenbremse erlaubt sein sollen. Klingen erinnerte daran, dass solche | |
Ausnahmen nur erlaubt seien, „wenn für das Land ein entsprechender | |
Gegenwert entsteht“. | |
## Keine Bewertung der Prioritätensetzung | |
Nicht beurteilen mochte Klingen, ob es nicht sinniger wäre, sich von | |
Gratisangeboten wie Schülerticket oder Schulessen auch für Begüterte zu | |
verabschieden, statt teils kleinteilig bei Kultur- und Sozialprojekten zu | |
kürzen. Dort drohen möglicherweise drastische Folgen gerade für Kinder und | |
Jugendliche. „Aufgabe des Rechnungshofs ist es nicht, die politische | |
Prioritätensetzung zu bewerten“, sagte Klingen. Man werde sich aber | |
angucken, ob die Umsetzung der Beschlüsse unnötige wirtschaftliche Folgen | |
habe. | |
Für den Rechnungshof ist auch nicht alles strukturell, was CDU und SPD | |
streichen wollen – die Entscheidung fällt erst bei der Abstimmung des | |
Abgeordnetenhauses darüber und ist für den 19. Dezember vorgesehen. Klingen | |
erwähnte beispielhaft verschobene Ausgaben für die Digitalisierung. | |
Jenseits dieser Kritikpunkte bestärkte Klingen den Senat in seinem Ziel, | |
die Sanierung des Landeshaushalts fortzusetzen. Finanzsenator Stefan Evers | |
(CDU) hatte tags zuvor im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses nochmals | |
angekündigt, dass 2026 weitere 2 Milliarden Euro einzusparen seien. | |
Unabhängig von der aktuellen Haushaltsdiskussion kritisierte der | |
Rechnungshof am Donnerstag auch die Vorstandsgehälter bei fünf großen | |
landeseigenen Unternehmen, darunter die BSR, die BVG und die | |
Wasserbetriebe. Die Bezüge überträfen die von Regierungsmitgliedern und | |
seien nicht plausibel. Sie enthielten zudem variable Anteile, „die den vom | |
Senat gestellten Anforderungen nicht gerecht werden“. Bei den Bezügen der 5 | |
geprüften Unternehmen ließen sich jährlich 2,1 Millionen Euro einsparen. | |
28 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Streichliste-geht-ins-Abgeordnetenhaus/!6048481 | |
[2] https://www.berlin.de/rbmskzl/politik/senat/verfassung/artikel.41499.php | |
[3] https://www.berlin.de/rechnungshof/wir-ueber-uns/die-praesidentin/ | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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