# taz.de -- Klausurtagung der SPD-Fraktion: Muskelspiel in Dresden | |
> Beim Ausflugswochenende zu Jahresbeginn drängt die SPD die CDU zu | |
> Beschlüssen – von Anwohnerparken und Paritätsgesetz bis zu | |
> Vorstandsgehältern. | |
Bild: Raed Saleh ist Deutschlands dienstältester SPD-Landtagsfraktionschef: Se… | |
Dresden taz | 160 Euro fürs Anwohnerparken, eine Privatisierungsbremse in | |
der Landesverfassung, ein Paritätsgesetz, und eine Gehaltsobergrenze für | |
die Chefs von landeseigenen Unternehmen: All das hat an diesem Wochenende | |
die Berliner SPD-Fraktion gefordert – und zwar von ihrem Koalitionspartner | |
im Abgeordnetenhaus, der CDU. | |
Bei ihrer traditionellen Klausurtagung zum Jahresbeginn, dieses Mal in | |
Dresden, beschrieb ihr Chef Raed Saleh sich und seine 34 Fraktionskollegen | |
so: „Die SPD-Fraktion ist Taktgeber in der Koalition.“ | |
Vier Wochen vor der Bundestagswahl und 19 Monate vor der nächsten Wahl zum | |
Abgeordnetenhaus kommen die Forderungen wie ein Muskelspiel des kleineren | |
Bündnispartners daher. Manches davon ist zwar zumindest [1][lose im | |
schwarz-roten Koalitionsvertrag vereinbart], aber trotzdem umstritten | |
geblieben und soll nun konkret werden. | |
Dazu gehört auch [2][ein Rahmengesetz zur Vergesellschaftung], für das der | |
Senat nach SPD-Willen bis zum Sommer einen Entwurf vorlegen soll. Es geht | |
auf den erfolgreichen Volksentscheid zur Enteignung großer | |
Wohnungseigentümer im Jahr 2021 zurück. | |
## Anwohnerparken | |
Bei der Parkvignette etwa schien die CDU jüngst einen ganz anderen Weg | |
einzuschlagen als nun die SPD: Sie will Pendler günstig in der Innenstadt | |
parken lassen. Der heutige Regierungschef Kai Wegner (CDU) hatte zudem als | |
Oppositionschef eine 2021 von den Grünen angebstrebte Erhöhung des | |
Anwohnerparkens auf 120 Euro [3][als „abzocken“ bezeichnet]. Die | |
SPD-Fraktion hingegen verspricht sich von der einer Erhöhung von derzeit | |
lediglich 10,20 Euro pro Jahr auf fast das Sechzehnfache rund 25 Millionen | |
Mehreinnahmen jährlich für den Landeshaushalt. | |
## Privatisierungsbremse | |
Unter der Privatisierungsbremse, die in die Landesverfassung soll, versteht | |
Fraktionschef Saleh eine Vorgabe, dass Landeseigentum nur nach Zustimmung | |
bei einem Volksentscheid verkauft werden darf. Zu möglichen Vorbehalten | |
seitens des Koalitionspartners gab Saleh sich entspannt: „Die CDU kann sehr | |
flexibel sein.“ Andernfalls nämlich „steht das im nächsten Jahr auf jedem | |
Wahlplakat“, sagte er mit Hinweis auf die Abgeordnetenhauswahl. Die steht | |
regulär im September 2026 an. | |
## Gutachten zu Paritätsgesetz | |
Ein gleichfalls angestrebtes Paritätsgesetz soll sicher stellen, dass im | |
Abgeordnetenhaus genauso viele Frauen wie Männer sitzen. Derzeit variiert | |
der Frauenenteil dort zwischen fast 60 Prozent bei der Grünen-Fraktion und | |
12,5 bei der AfD und beträgt insgesamt nur 39 Prozent. | |
In Brandenburg und Thüringen ist ein Paritätsgesetz gerichtlich | |
gescheitert: Dort galten Vorgaben für Landeslisten und Direktkandidaturen | |
für unvereinbar mit demokratischer Wahlfreiheit. Laut SPD-Fraktion steht | |
dazu aber noch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an. | |
Dass die SPD-Fraktion ihren Vorstoß gerade jetzt startet, hängt auch mit | |
der im Bundestag beschlossenen und 2024 vom Verfassungsgericht großteils | |
bestätigten Wahlrechtsreform ab: Sie lässt es zu, dass einige | |
Wahlkreissieger nicht in den Bundestag einziehen, um die Arbeitsfähigkeit | |
des Parlaments zu erhalten – da sei doch Parität viel gewichtiger, | |
Eingriffe zu rechtfertigen, argumentieren die Sozialdemokraten. Ein | |
Gutachten soll nun weiter helfen. | |
## Niedrigere Chef-Gehälter | |
In Dresden hat die Fraktion zwar auch viel über künftige Landeshaushalte | |
gesprochen und dabei von CDU-Finanzsenator Stefan Evers von weiter | |
fehlendem Geld und Spardruck gehört – auch wenn er „Licht am Ende des | |
Tunnels“ sah. Dass die Fraktion nun aber deutlich niedrigere Gehälter bei | |
den Top-Managern landeseigener Unternehmen fordert, soll nicht der | |
Haushaltsrettung dienen. „Das ist ein Gerechtigkeitsthema“, sagte | |
Fraktionschef Saleh am Rande zu Journalisten, „die Gehälter sind teilweise | |
unverschämt hoch.“ | |
Bezugsgröße soll sein, was der Regierende Bürgermeister verdient, nämlich | |
214.000 Euro. Die Fraktion beruft sich dabei auf eine Empfehlung des | |
Landesrechnungshofs, der „unangemessene Vorstandsbezüge“ festgestellt hat. | |
Mit Zulage sollen die Top-Manager in Ausnahmefällen maximal ein Drittel | |
mehr bekommen als der Regierungschef. Nach den jüngsten vorliegenden Zahlen | |
verdienten die Frauen und Männer an der Spitze von Investitionsbank, BVG, | |
BSR und Messegesellschaft 2023 zwischen fast 400.000 und annähend 500.000 | |
Euro. | |
## „Kai macht Versprechungen“ | |
Mit all diesen Forderungen sieht sich die SPD-Fraktion als den treibenden | |
Teil der schwarz-roten Koalition. Und auch wenn ihr Chef Saleh Journalisten | |
gegenüber immer mal wieder die verlässliche Zusammenarbeit zwischen ihm und | |
Regierungschef Kai Wegner betont, sieht er einen entscheidenden | |
Unterschied: Während seine Fraktion wie nun in Dresden an Konkretem | |
arbeitet, „zieht der Kai durchs Land und macht Versprechungen.“ | |
26 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.berlin.de/rbmskzl/politik/senat/koalitionsvertrag/ | |
[2] /Raed-Saleh-und-die-Vergesellschaftung/!6025453 | |
[3] https://www.tagesspiegel.de/berlin/cdu-chef-wegner-kritisiert-plane-fur-teu… | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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