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# taz.de -- Klausurtagung der Berliner SPD-Fraktion: Präsent auch an der Fraue…
> Traditionell tagt die SPD-Fraktion zu Jahresbeginn außerhalb von Berlin.
> Dieses Mal in Dresden wirkt ihr Chef Raed Saleh einflussreicher denn je.
Bild: Zwischen Frauenkirchen-Idylle und Carolabrücke-Trümmern: Die Berliner S…
Dresden/Berlin taz | Von „Wir“ spricht der trotz seiner 41 Jahre noch
jugendlich aussehende Mann, der unerwartet oft am Mikro des Hotelsaals
steht. Draußen geht der Blick auf die Frauenkirche, drinnen tagt dort die
Berliner SPD-Fraktion. „Wir“, das war für Sebastian Schlüsselburg bis zu
seinem Wechsel vor eineinhalb Wochen noch die Linksfraktion im
Abgeordnetenhaus. Dass ihm dieses Wort nun mit anderer Bedeutung so locker
über die Lippen kommt, lässt manchen im Saal leicht grinsen.
Die Prägung der Klausurtagung macht es Schlüsselburg allerdings auch
leicht, sich sofort in Diskussionen einzubringen. Die weiter höchst
angespannte Finanzlage Berlins mit weiterem Spardruck war und ist sein
Thema aus Haushaltspolitiker – nochmal zwei Milliarden Fehlbetrag stehen
2026 an.
Bei solchen Zahlen kann es im Tagungssaal weit weniger kuschelig werden als
draußen vor dem Hotel. Der dortige Neumarkt ist Zuge des Wiederaufbaus der
Frauenkirche in historischem Erscheinungsbild neu entstanden, was manche
als „barockes Disneyland“ abtaten. Noch viel unkuscheliger aber ist, was am
Samstagmittag kaum 200 Meter entfernt von einer nahen Straße aus
Lautsprechern klingt: Rechtslastige Rockmusik ruft dort nach der
Todesstrafe beim Umzug einer Gruppe ganz vom rechten Rand.
Petra Köpping, die sächsische Vize-Ministerpräsidentin, hatte ihre
Parteifreunde aus Berlin schon zu Klausurbeginn am Freitag auf die
politische Lage eingestimmt. CDU und SPD – die dort bei der Landtagswahl im
September froh sein konnte, 7,7 Prozent zu bekommen, nachdem sie
[1][zwischenzeitlich in Umfragen noch schlechter] lag – versuchen es in
Sachsen mit einer Minderheitsregierung, nachdem Gespräche mit dem BSW
scheiterten.
## Verbindung zur Dresdner Carolabrücke
Anders als manche Linke in Berlin spricht Köpping von AfD-Wählern nicht als
Nazis, sieht stattdessen viel Enttäuschung und Zurücksetzung. „Da hätten
wir viel heilen können, wir haben es nicht geschafft“, sagte sie.
Bundesweit bekannt geworden war Köpping, als sie 2019 mit dem heutigen
Verteidigungsminister Boris Pistorius für den SPD-Bundesvorsitz
kandidierte.
Auf ihren Klausurort eingestimmt wurden die Berliner schon tags vor ihrer
Anreise von der Meldung, dass die Brücke am S-Bahnhof Landsberger Allee
abgerissen werden müsse, weil dort der gleiche Stahl verbaut sei wie bei
der eingestürzten Carolabrücke in der Dresdner Innenstadt. Dort, so lässt
sich vor Ort lernen, soll ab Februar wieder Schifffahrt möglich sein.
Fraktionschef Raed Saleh, mit seinem Nachnamen sogar auf einem Wahlplakat
nahe der Frauenkirche präsent, wenn auch [2][auf einem der Grünen für die
Bundestagswahl], wirkt sicherer im Sattel denn je. Als er im Frühjahr 2024
den SPD-Landesvorsitz abgeben musste, gab es manche Prognose, damit sei
auch seine Zeit als Fraktionschef abgelaufen. Über 12 Jahre hatte er den
Posten damals schon, länger als all seine SPD-Kollegen in anderen
Bundesländern. Doch als sich in der Fraktion eine Saleh-kritische Gruppe
formierte, kam die nicht über acht der damals 34 – mit Schlüsselburg jetzt
35 – SPD-Abgeordneten hinaus.
Für Kai Wegner, den Regierungschef und CDU-Vorsitzenden, ist Saleh der
wichtigste Partner auf der SPD-Seite. Trotz vieler Forderungen bei der
Klausur Richtung CDU: 160 Euro fürs Anwohnerparken, eine
Privatisierungsbremse in der Landesverfassung, ein Paritätsgesetz, und eine
Gehaltsobergrenze für die Chefs von landeseigenen Unternehmen fordern die
Sozialdemokraten. (Mehr auf [3][taz.de])
## Keine Kritik an Beitragsfreiheit
In Dresden wird in einem Moment besonders klar, wer bei der SPD die
zentrale Figur ist: Als es um die Finanzmisere geht, verteidigt Raed Saleh
die von ihm seit Jahren ausgebauten beitragsfreien Angebote bei Kita, Hort,
BVG-Ticket und Schulessen. „Es ist keine Gratis-Mentalität“, sagt er, und
fährt erst nach einer klitzekleinen Pause fort, „liebe CDU“.
Dabei ist nicht die der eigentliche Adressat, sondern die eigene
Parteispitze: Die im Mai gewählten Vorsitzenden Martin Hikel und Nicola
Böcker-Giannini hatten [4][die Beitragsfreiheit für alle kritisiert] und
damit eine Debatte angeschoben. Solche Kritik ist nun nicht mehr zu hören –
auch wenn die beiden Vorsitzenden Gäste der Fraktionsklausur sind.
Einen anderen Gast, Finanzsenator Stefan Evers von der CDU, haben Saleh und
sein parlamentarischer Geschäftsführer Torsten Schneider nicht zufällig
wieder eingeladen – [5][wie schon bei der Klausur vor einem Jahr in
Leipzig]. Evers nimmt es ihnen zumindest teilweise ab, all die unschönen
Dingen zu sagen, die auf die Stimmung schlagen können: Haushaltsdisziplin
anmahnen, Risiken aus Steuersenkungen oder Tariferhöhungen deutlich machen,
hochrechnen, dass nicht nur rund zwei, sondern über vier Milliarden fehlen
könnten. Kommen etwa die aktuellen Forderungen bei der landeseigenen BVG
durch, koste das eine Viertelmilliarde. „Viel Glück!“, wünscht Evers bei
dem Versuch, das im Haushalt auszugleichen.
SPD-Neuling Schlüsselburg hat beim fehlenden Geld einen Weg anzubieten: Man
solle die Kreditmöglichkeiten ausschöpfen. Das er schon früher gefordert.
Da stand sein „Wir“ allerdings noch für die Linksfraktion.
26 Jan 2025
## LINKS
[1] https://www.wahlrecht.de/ergebnisse/sachsen.htm
[2] https://www.kassem-taher-saleh.de/
[3] /Klausurtagung-der-SPD-Fraktion/!6064724
[4] /Debatte-um-kostenloses-Schulmittagessen/!6025295
[5] /SPD-Fraktionsklausur-in-Leipzig/!5988227
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
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