# taz.de -- SPD-Fraktionsklausur in Leipzig: Berlin muss noch mehr sparen | |
> Finanzsenator Evers (CDU) malt bei der SPD ein desaströses Bild der | |
> Landesfinanzen. Bis 2026 sind nicht 2, sondern 5 bis 6 Milliarden zu | |
> streichen. | |
Bild: Laut Finanzsenator Stefan Evers (CDU) kommen noch massivere milliardensch… | |
LEIPZIG/BERLIN taz | Der Spardruck für das Land Berlin ist weit größer als | |
jene knapp zwei Milliarden Euro jährlich, die allein schon drohen, für | |
einen sozialen Kahlschlag zu sorgen. Denn laut Finanzsenator Stefan Evers | |
(CDU) fehlen im Landeshaushalt darüber hinaus strukturell über drei | |
Milliarden. Die lassen sich aktuell noch durch Rücklagen ausgleichen, die | |
aber 2026 verbraucht sind. „Die wahre Herausforderung ist noch größer, als | |
es die Zahlen vermuten lassen“, sagte Evers am Freitagnachmittag in | |
Leipzig, wo er Gast auf der Klausurtagung der SPD-Abgeordnetenhausfraktion | |
war. | |
Schon der erst [1][kurz vor Weihnachten beschlossene Landeshaushalt für | |
2024 und 2025] enthält Einsparvorgaben, die sich hinter dem Kürzel PMA | |
verbergen, was für „Pauschale Minderausgaben“ steht: Fast zwei Milliarden | |
Euro sind das pro Jahr. Der Finanzsenator hatte zu Jahresbeginn per | |
Rundschreiben alle Senatsressorts aufgefordert, Vorschläge zu machen, wie | |
jeweils 5,9 Prozent in ihren Ressorts einzusparen sind. Die seien bis Ende | |
Februar einzureichen. Dazu kommt aber eben jenes weitere strukturelle | |
3-Milliarden-Defizit, das in der aktuellen Diskussion nicht oder kaum | |
auftauchte. | |
Die SPD hatte Evers' Aufforderung zu Vorschlägen zurückgewiesen, von einer | |
„Methode Rasenmäher“ gesprochen und eine Priorisierung gefordert. Vor allem | |
die Bereiche Sicherheit und Bildung sollten ausgenommen sein. Die | |
Zeitvorgabe bis Ende Februar sei weder „sachlich geboten noch politisch | |
zielführend“, hieß es nach einem Treffen führender Köpfe der SPD. | |
## Kritik an grün-geführten Bezirken | |
Mehrfach hatte es in den vergangenen Wochen Demonstrationen gegen drohende | |
Kürzungen im Jugendbereich gegeben. Als der schwarz-rote Senat etwa am | |
Dienstag im Bezirksamt in Friedrichshain tagte, erwartete seine Mitglieder | |
beim Verlassen ein „Unkürzbar“ skandierendes und Plakate reckendes | |
Menschenspalier. Auch vor der jüngsten Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses | |
[2][gab es vor dem Parlamentsgebäude Proteste]. | |
In Leipzig führte Evers aus, dass sich die Belastung zwar in diesem Jahr | |
verringere, weil laut dem Jahresabschluss für 2023 zusätzlich 700 Millionen | |
zur Verfügung stehen. Damit wäre in diesem Jahr nur etwa eine Milliarde | |
einzusparen. Das ändert nach seinen Worten aber nichts daran, dass auch | |
Grundsätzliches und bisher Verabredetes zu hinterfragen sein soll. „Wir | |
werden keinen Bereich außer Betracht lassen können“, sagte er. Die | |
entscheidende Aufgabe sei: „Wie unterscheide ich das Allerwichtigste vom | |
Wichtigen?“ Evers zeigte sich zwar optimistisch, dass die Sparaufgabe zu | |
lösen ist. Das erfordere aber, dass sich alle Ressorts darüber Gedanken | |
machten. | |
Von den SPD-Abgeordneten bekam Evers die Frage zu hören, warum vor diesem | |
Hintergrund jüngst gerade die CDU mit kostspieligen Ideen aufgefallen sei. | |
„Wir verträgt es sich aus deiner Sicht, immer neue Versprechen in die | |
Stadtgesellschaft zu tragen?“, wollte etwa Vize-Parlamentspräsident Dennis | |
Buchner von ihm wissen – nicht alle in der Fraktion, aber mehrere SPDler | |
duzten den Senator. Hintergrund sind weithin als kurios abgetane Gedanken | |
über eine Magnetschwebebahn und weitaus konkretere und stadtweit mit | |
deutlich mehr Sympathie aufgenommen Überlegungen, die Zentral- und | |
Landesbibliothek (ZLB) [3][ins Quartier 207 in der Friedrichstraße zu | |
verlagern] – was geschätzt 600 Millionen Euro kosten würde. Evers regte an, | |
die bisherigen beiden ZLB-Standorte zur Finanzierung zu nutzen. | |
Zu den Befürchtungen eines sozialen Kahlschlags auf Ebene sagte der Senator | |
in Richtung der zuvor aus der SPD-Fraktion kritisierten grün geführten | |
Bezirke Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg: „Diese Bezirke haben sehr wohl | |
andere Möglichkeiten, als alle Jugendeinrichtungen von der Schließung | |
bedroht zu sehen.“ Er kündigte für Montag Gespräche mit den dort | |
Verantwortlichen darüber an. | |
## „Eine Aufgabe, wie Berlin sie noch nie gesehen hat“ | |
Die diskutierten Kürzungen in den Bezirken selbst sind nicht Teil der | |
Sparvorgaben nach den PMA im Landeshaushalt. Die Aufforderung durch Evers, | |
jeweils 5,9 Prozent ihres Haushalts einzusparen, ging nur an die | |
Senatsverwaltungen – die Bezirke sind nach Verabredung der schwarz-roten | |
Koalition davon ausgenommen. Der Finanzsenator rechnete vor, was es für | |
andere Senatsressorts bedeuten würde, wenn neben der Bezirken auch die | |
Bildungs- und die Innenverwaltung außen vorblieben: Dann müssten die | |
verbleibenden Senatsressorts nicht 5,9, sondern 8,4 Prozent einsparen. | |
Aus der SPD-Fraktion hieß es dennoch, die Kürzungen müssten sich daran | |
orientieren, welche Ressorts in ihrem Etat viel bewegen können – dort, wo | |
viel Geld über Personalkosten gebunden ist, geht das nicht. Laut Evers ist | |
eine Priorisierung nicht seine Sache: „Das ist eine politische | |
Entscheidung, die nun die Koalition treffen kann.“ | |
Ganz still wurde es im Sitzungssaal der SPD-Fraktion mit dem Namen | |
„Posaune“, als Evers vorrechnete, was überhaupt der Spar-Spielraum des | |
Landes ist. Im derzeit jährlich rund 40 Milliarden großen Landeshaushalt | |
sind demnach mehr als zwei Drittel des Geldes gebunden. Die für 2026 | |
fehlenden über 5 Milliarden müssten folglich aus einem Betrag von 12 | |
Milliarden heraus gespart werden. Das wird laut Evers „eine Aufgabe, wie | |
Berlin sie noch nie gesehen hat“. | |
26 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.parlament-berlin.de/ados/19/IIIPlen/vorgang/d19-1100%20Band%201… | |
[2] /Protest-von-Sozialarbeiterinnen/!5983241 | |
[3] /Zentral--und-Landesbibliothek/!5959622 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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