Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Investitionsbedarf in der Hauptstadt: Berlin braucht 108 Milliarden
> Studie von Verbänden und IBB: Die hiesige Infrastruktur in Schuss zu
> bringen, kostet mehr, als alle Länder zusammen aus dem Sondervermögen
> bekommen.
Bild: Das wird nicht reichen, um Berlin in Ordnung zu bringen: 108 Milliarden E…
Berlin taz | Berlins öffentliche Infrastruktur, also etwa Brücken, Straßen,
Schienen, (Hoch-)Schulen und Versorgungsnetze, binnen zehn Jahren in den
Zustand zu bringen, in dem sie eigentlich sein sollten, würde mindestens
108 Milliarden Euro kosten. Das haben der regionale
Wirtschaftspitzenverband UVB, die landeseigene Investitionsbank Berlin
(IBB) und der Ostdeutsche Bankenverband in einer Studie ausrechnen lassen.
Dieser Betrag entspricht nicht bloß zweieinhalb kompletten
Landeshaushalten. Er übersteigt auch jene 100 Milliarden, die im jüngst vom
Bundestag beschlossenen Sondervermögen für alle 16 Bundesländer zusammen
zur Verfügung stehen. Die Folgerung der Studie: Ohne Geld aus privater Hand
wird das nicht gehen. Ganz anders sieht das SPD-Fraktionschef Raed Saeh.
„Berlins Infrastruktur läuft schon lange auf Verschleiß“, sagte am
Donnerstagmorgen vor Journalisten UVB-Chef Alexander Schirp. Er setzte es
einer Mammutaufgabe gleich, sie auf einen modernen Stand zu bringen. Das
Land Berlin allein kann das nach seiner Rechnung nicht schaffen: Selbst bei
jährlichen Investitionen aus dem Haushalt von über 4 Milliarden (was im
Vergleich zu früheren Jahren viel ist), schätzungsweise 400 Millionen aus
dem Sondervermögen und – gerade noch für noch beherrschbar gehaltenen –
neuen Schulden von 750 Millionen, jeweils jährlich, kommen binnen zehn
Jahren bloß 50 bis 55 Milliarden Euro zusammen. „Das ist nur die Hälfte
dessen, was nötig ist“, sagte Schirp.
Das ist an einem Ort zu hören, der schon in öffentlich-privater
Partnerschaft entstanden ist, dem „House of Finance and Tech“ an der
Skalitzer Straße in Kreuzberg, einer Anlaufstelle für
Finanztechnologieunternehmen. Der UVB-Chef sieht unmittelbaren Bedarf: „Es
gibt eigentlich keinen Bereich der öffentlichen Infrastruktur, wo wir
keinen Investitionsbedarf sehen“, sagt er. Privates Kapital ist für ihn
schier alternativlos: „Wir sind nicht in der Situation, in der wir es uns
aus ideologischen Gründen leisten könnten, uns nicht damit zu befassen“,
meint er. Berlin sei bisher „sparsam“ mit dem Modell der
öffentlich-privaten-Partnerschaft umgegangen, die englisch unter
public-private-partnership läuft und sich PPP abkürzt.
An dieser Zurückhaltung wird sich auch nichts ändern – wenn es nach
SPD-Fraktionschef Raed Saleh geht. Der lieferte 2011 vor Amtsantritt quasi
sein politisches Gesellenstück damit ab, [1][die Privatisierung einer
landeseigenen Immobilien-Holding zu verhindern]. „Wir brauchen kein PPP“,
sagte Saleh am Donnerstag der taz, „ich bin froh, wenn wir das Geld, das
wir jetzt aus dem Sondervermögen des Bundes bekommen, erst mal verbauen
können.“
## Saleh: Brauchen kein PPP
Die am Vormittag erhobene Forderung der Unternehmensverbände nach mehr PPP
ist für Saleh nicht aus Liebe zu Berlin geboren: „Sie haben natürlich
insbesondere das Wohl der Privaten im Blick“, sagt er. Derlei
Partnerschaften aber seien „weder wirtschaftlich vernünftig noch politisch
klug“. Dass an der Charité eine neue Kinderklinik auf diese Weise entstehen
soll – [2][bei einer SPD-Fraktionsklausur Anfang 2023] von der damaligen
Regierungschefin und heutigen Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey hoch
gelobt –, bezeichnete Saleh der taz gegenüber als „Ausnahme“.
Der aktuelle Koalitionsvertrag von CDU und SPD erwähnt den Begriff
„öffentlich-private Partnerschaft“ nur einmal, auf Seite 36: Teile der
Schulbauoffensive könnten auch solche Maßnahmen sein, heißt es dort.
Vorherrschend bei dieser Offensive ist das Modell der
öffentlich-öffentlichen Partnerschaft: Investitionsbank, das landeseigene
Wohnungsunternehmen Howoge und Bezirke wirken dabei zusammen.
In den Überlegungen, wie sich [3][trotz Milliardeneinsparungen im
Landeshaushalt] weiter investieren lässt, ist währenddessen von
„alternativen Finanzierungsformen“ die Rede. Die interpretiert man bei der
CDU auch schon mal als Öffnung für privates Kapital. Salehs Haltung:
„Partnerschaften mit Privaten werden abgelehnt, solange es zulasten des
Landes geht.“
3 Apr 2025
## LINKS
[1] /Folgen-des-Berliner-Bankenskandals/!5127078
[2] /Berliner-Abgeordnetenhauswahl-2023/!5906103
[3] /Nachschlag-zum-Kuerzungshaushalt/!6058617
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Raed Saleh
Investitionen
Schwarz-rote Koalition in Berlin
Brücken
Rechnungshof
Wochenkommentar
## ARTIKEL ZUM THEMA
Marode Brücken: Sanierungsbedarf im dreistelligen Milliardenbereich
Viele Brücken in Deutschland sind in einem schlechten Zustand. Eine Studie
warnt, die Lage sei noch dramatischer als angenommen.
Milliardenkürzungen im Landeshaushalt: Lob fürs Sparen, Kritik am Weg dahin
Rechnungshofchefin Karin Klingen legt den Jahresbericht ihrer Behörde vor
und äußert sich zu den Streichplänen des schwarz-roten Senats.
Energiepolitik in Berlin: Private sind nicht immer böse
Der Senat will das Fernwärmenetz kaufen. Die geplante Zusammenarbeit mit
privaten Energieversorgern ist nicht mit früheren Desastern vergleichbar.
Folgen des Berliner Bankenskandals: Berlin bleibt auf Bad Bank sitzen
Senat verzichtet auf Verkauf der BIH, weil Kapitalgeber ungenannt bleiben
wollte. Finanzsenator soll weiter Käufer suchen. Opposition: Argument
vorgeschoben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.