| # taz.de -- Bundes-Sondervermögen für Berlin: Ein riesiger Schluck aus der Pu… | |
| > Die schwarz-rote Koalition verkündet, wie sie die 5,2 Milliarden Euro aus | |
| > dem Sondervermögen des Bundes ausgeben will. Es ist für jeden was dabei. | |
| Bild: Durst groß, Flasche leer? Berlin langt jedenfalls erstmal zu | |
| taz | Ein bisschen skurril war es schon: Da saßen am Freitagmittag die | |
| Spitzen der schwarz-roten Koalition in einem Raum des Abgeordnetenhauses, | |
| um zu verkünden, wie der Geldsegen des Bundes-Sondervermögens verteilt | |
| werden soll – und gleichzeitig fand auf dem Vorplatz des Parlaments eine | |
| lautstarke Demonstration gegen Kürzungspläne dieser Koalition statt. | |
| Studierende der Zahnmedizin protestierten gegen den im Haushaltsentwurf | |
| vorgesehenen Abbau von Studienplätzen, und ihre Stimmen wurden zum | |
| vernehmbaren Hintergrundgeräusch der Statements des Regierenden | |
| Bürgermeisters, der Fraktionsvorsitzenden sowie der Wirtschaftssenatorin | |
| und des Finanzsenators. | |
| Merklich stören ließen sich die fünf davon nicht. Vielmehr überboten sie | |
| sich in blumigen Metaphern dafür, wie sehr Berlin von den [1][insgesamt 5,2 | |
| Milliarden Euro in den kommenden 12 Jahren] profitieren werde. Das reichte | |
| von „Booster“ (CDU-Fraktionschef Dirk Stettner) über „Frischzellenkur“ | |
| (sein Parteifreund, der Regierende Bürgermeister Kai Wegner) bis zum | |
| „Rückenwindprogramm“, einer neuen Wortschöpfung von Wirtschaftssenatorin | |
| Franziska Giffey (SPD). | |
| Für „Stabilität und Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen“ | |
| stehe die Politik der Koalition, sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh, und | |
| mit der am Donnerstagabend beschlossenen Belegung des Sondervermögens – | |
| also der Verteilung auf einzelne Programme und Vorhaben – setze sie „klare | |
| Akzente für ein soziales, nachhaltiges und bezahlbares Berlin“. Saleh war | |
| wichtig zu betonen, dass ein nicht unerheblicher Teil von 230 Millionen | |
| Euro direkt an die Bezirke gehen soll, „wo Alltag stattfindet, wo Kinder | |
| spielen“. | |
| Gleichzeitig sollen 680 Millionen [2][in die U- und Straßenbahnen der BVG | |
| fließen], die damit nicht nur für Mobilität, sondern auch für soziale | |
| Teilhabe garantieren könne. Einen „riesigen Schluck aus der Pulle“ (Saleh) | |
| nehme man, um den Wohnungsbau anzukurbeln: 750 Millionen gehen an das | |
| Sondervermögen Wohnraumförderfonds Berlin (SWB). Für Krankenhäuser wurden | |
| weitere 600 Millionen reserviert, und bekanntermaßen plant man eine ganze | |
| Milliarde, also fast ein Fünftel der gesamten Mittel, für Baumpflanzungen | |
| und einen Ausbau der Wasserinfrastruktur ein, wie sie das frisch | |
| verabschiedete Baumgesetz fordert. | |
| Aber auch für andere Geschmäcker ist in dem von Schwarz-Rot geschnürten | |
| Sonderpaket genug dabei. Vom Neubau des Kriminaltechnischen Instituts für | |
| 190 Millionen bis zur Sanierung der maroden Teilanstalt III der JVA Tegel | |
| für knapp 130 Millionen. Und natürlich mehrere hundert Millionen für die | |
| Sanierung von Straßen, Brücken, Ufern und Schleusen. Franziska Giffey | |
| freute sich über rund 370 Millionen, die für den Standort des ehemaligen | |
| Flughafens Tegel eingeplant sind – den Ausbau der Terminalflächen für die | |
| Technikhochschule BHT und den [3][Innovationsstandort „Urban Tech | |
| Republic“]. | |
| ## Abfließen muss das Geld aber auch | |
| Viel Geld, so Giffey – allerdings sei das Land dort ohnehin schon „mit | |
| mehreren hundert Millionen dabei“. Gut angelegt seien die allemal, denn die | |
| Erschließung des Standorts werde zu „tausenden zusätzlichen Arbeitsplätzen… | |
| führen. Finanzsenator Stefan Evers (CDU) ließ es sich nicht nehmen, weitere | |
| Deregulierung à la Schneller-Bauen-Gesetz zu fordern, denn Geld sei „nicht | |
| alles für Wachstum. Ich möchte nicht in ein paar Jahren auf die Zahlen | |
| schauen und sehen, dass da nichts abgeflossen ist.“ | |
| Und noch eine gute Nachricht hatte Evers am Freitag zu vermelden: Laut der | |
| herbstlichen Steuerschätzung entwickle sich die Einnahmesituation des | |
| Landes positiv. Es seien zusätzliche Steuereinnahmen von 726 | |
| beziehungsweise 778 Millionen Euro für die kommenden beiden Jahre zu | |
| erwarten. Gestiegen sei auch die potenzielle Höhe konjunkturbedingter | |
| Kredite. „Das eröffnet uns mehr Handlungsspielraum als viele erwartet | |
| hatten“, freute sich der Senator. | |
| Deshalb sei es für das Land auch nicht notwendig, angesichts der aktuell | |
| prognostizierten Kosten des Landes für Geflüchtete – rund 870 Millionen | |
| Euro pro Jahr – eine sogenannte Notlagenerklärung zu deren Finanzierung | |
| abzugeben. Damit, so Evers, „schonen wir unsere Rücklagen und sichern | |
| Handlungsfähigkeit für kommende Jahre“. | |
| 14 Nov 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Sondervermoegen-Wirtschaftsweisen-kritisieren-dass-die-Regierung-falsch-in… | |
| [2] /Berliner-Verkehrsbetriebe/!6123084 | |
| [3] /Ehemaliger-Flughafen-Tegel/!6122526 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
| ## TAGS | |
| Schwarz-rote Koalition in Berlin | |
| Haushalt | |
| Investitionen | |
| Abgeordnetenhaus | |
| Wirtschaftsweisen | |
| Flughafen Tegel | |
| Raed Saleh | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Abgeordnetenhaus in Berlin: Wegner und Eralp können sich auch einig sein | |
| Milliarden aus dem Sondervermögen des Bundes, Kritik an Äußerung über Sinti | |
| und Roma und weiter ein großes Fragezeichen hinter einem Umzug der ZLB. | |
| Jahresgutachten der Wirtschaftsweisen: Regierung verkleckert Sondervermögen | |
| Die Ökonom:innen kritisieren, dass zu wenig Geld aus dem | |
| Infrastrukturfonds in zusätzliche Investitionen fließt. Das schade der | |
| Konjunktur. | |
| Ehemaliger Flughafen Tegel: Zukunftsprojekt droht zu scheitern | |
| Nein, die Bundeswehr ist nicht schuld. Dass es mit der Urban Tech Republic | |
| und dem Schumacher Quartier nicht vorangeht, liegt an der Berliner Politik. | |
| Investitionsbedarf in der Hauptstadt: Berlin braucht 108 Milliarden | |
| Studie von Verbänden und IBB: Die hiesige Infrastruktur in Schuss zu | |
| bringen, kostet mehr, als alle Länder zusammen aus dem Sondervermögen | |
| bekommen. |