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# taz.de -- Proteste von Landwirten gegen die Ampel: Bauern, Demo, Rechtspopuli…
> Landwirte planen eine Kundgebung in Berlin: für die
> Agrardieselsubvention, gegen eine Bevorzugung von Asylbewerbern, voller
> Zweifel am Klimawandel.
Bild: Krude Mischung aus Friedenstaube und nationaler Rhetorik: Bauerndemo des …
Berlin taz | „I’ bin groad mit oinem Arm in der Kuh, weil wir groad a Koalb
bekommen hoabn“, ruft Franz Huber ins Handy, als die taz ihn anruft. Huber
ist Milchbauer aus Niederbayern – und Erster Vorsitzender des Vereins „Hand
in Hand für unser Land“, der aus den [1][Bauernprotesten] im vergangenen
Winter entstanden ist. Jetzt will er den Protest gegen die Ampelregierung
fortsetzen:
Er hat eine Demonstration am Brandenburger Tor in Berlin am 23. November
mit 10.000 Teilnehmern und 1000 Traktoren, Lastwagen und anderen Fahrzeugen
angemeldet. Aufgerufen sind nicht nur Landwirte, sondern „alle Bürger“. Da
die Forderungen sehr anschlussfähig sind für Rechtsradikale, mobilisieren
auch solche Kräfte zu der Versammlung. Huber guckt dem ahnungslos oder
gleichgültig zu.
Der offizielle [2][Aufruf] sowie das [3][Programm] des Vereins enthalten
neben dem Kampf gegen Bürokratie und zu hohe Steuern nationalistische
Forderungen wie „Mehr nationale Selbstbestimmung“, „Vorrangig Investition…
im eigenen Land“ und die nach bezahlbarem Wohnraum, „mit Vorrang für die
eigene Bevölkerung“.
Dazu kommt typisch rechtsradikale Rhetorik gegen „Frühsexualisierung und
Genderfluch“ in der Bildung, und Kritik daran, dass „fleißige
Beitragszahler“ häufig eine schlechtere Gesundheitsversorgung erhalten
würden als „Menschen, die neu zu uns gelangt sind und entsprechend
staatlich alimentiert werden“. „So genannte Asylbewerber“ würden auch
bessergestellt bei „Wohnraum, Verpflegung und Taschengeld“ als die „eigene
Bevölkerung“. In Wirklichkeit leben Asylbewerber oft in
Gemeinschaftsunterkünften, in die kein „Deutscher“ freiwillig einziehen
würde. Sie bekommen Leistungen, die allenfalls der normalen Sozialhilfe
entsprechen.
Zudem spielt der Verein dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in die
Hände. Die „Finanzierung der Kriege in der Welt“ müsse beendet und der
Forderung Nachdruck verliehen werden, „dass verhandelt werden muss über
Frieden“, sagte Huber in einem Social-Media-Video. Und: „Wir müssen nicht
kriegstüchtig werden.“ Bekanntlich hat nicht der Westen oder die Regierung
in Kiew, sondern Putin den Krieg in der Ukraine begonnen und den
diplomatischen Weg verlassen.
Populistisch klingen Punkte wie „Lückenlose Berücksichtigung des
Wählerwillens“, „Mandatsträger müssen Qualifikationen und Praxiserfahrung
nachweisen“, „Echte Meinungsfreiheit“, als ob es diese in Deutschland nic…
gäbe. Genau wie viele Rechtsextremisten nennt Huber Medien wie die taz den
„Mainstream“. Sein Verein fordert „ein Ende der Diskriminierung
Andersdenkender“ in den Medien und „ebenso ein Einstellen der Verfolgung
kritischer Stimmen im Internet“. In seinen Videos ruft Huber ruft zum
„Widerstand“ auf. Dieser Begriff erinnert eher an das Aufbegehren gegen
eine Diktatur als an Protest gegen eine demokratisch gewählte Regierung in
einem Rechtsstaat.
Auch den Klimawandel stellt der Verein in Frage. „Was ist CO2? Wozu trägt
CO2 bei? Führen wir wirklich eine ehrliche Diskussion diesbezüglich oder
folgen wir vielmehr einem ideologisch zweifelhaften Narrativ?“ fragt er.
Die Gruppe verlangt einen „Diskurs der ehrlichen Aufklärung unter
Einbeziehung kritischer Stimmen“. Es sei „sinnbefreit“, „jeglichen Auss…
von CO2 vermeiden“ zu müssen.
Im Programm findet sich denn auch kein einziger Vorschlag für Klimaschutz,
aber gleich zwei Absätze mit scharfer Kritik an den „Klimaklebern“, diese
sollten wegen „vorsätzlich gefährdenden Eingriffen in den Verkehr“ härter
bestraft werden. Dabei ist bei Blockaden der Letzten Generation anders als
bei der [4][Trecker-Demo auf der Autobahn 66] am 10. Januar in Hessen
niemand ums Leben gekommen.
In der Landwirtschaftspolitik geht es „Hand in Hand“ vor allem um den
Erhalt der Subventionen für den klimaschädlichen Agrardiesel, mit dem
Bauern zum Beispiel ihre Traktoren betreiben. Die strengeren Regeln in der
Düngeverordnung gegen Überdüngung, die das Wasser schützen soll, lehnt
Huber ebenso ab wie die Vorschriften im Rahmen des EU-Klimaschutzprogramms
Green Deal.
All das können auch Rechtsradikale unterschreiben. Zur Demo rufen
konsequenterweise etwa Accounts beim Kurzmitteilungsdienst X auf, die sonst
gegen Muslime hetzen, für Trump werben und die NS-Zeit durch Gleichsetzung
mit dem angeblichen „Grünen Reich“, also der aktuellen Bundesregierung,
verharmlosen.
Huber unternimmt wenig gegen solche Unterwanderungsversuche. „Was willst Du
tun dagegen, wenn da irgendjemand aufruft?“, sagt Huber der taz. Er werde
aber nochmal in einem Video klarstellen, dass „wir auf demokratischem Wege
protestieren wollen“. Er wolle auch ein Alkoholverbot bei der Demo. Das
dürfte Rechtsextreme nicht daran hindern, friedlich und nüchtern auf der
Veranstaltung für sich und ihre Ziele zu werben.
## Andere Bauern für Einschreiten gegen Rechtsextreme
Gegen Galgen-Symbolik – [5][die auf früheren Bauerndemos für Kritik gesorgt
hatte] – wolle er per Durchsage von der Bühne einschreiten, sagt Huber.
Aben Sier was würde er machen, wenn ein Landwirt auf einem Traktor ein
Plakat von der NPD, die jetzt „Die Heimat“ heißt, zeigt? „Gar nichts“,
antwortet Huber. „Weil ich das gar nicht kenne.“ Ihm seien nicht alle
Symbole bekannt. „Das muss die Polizei machen.“ Die wird aber kaum
„Heimat“-Flugblätter verbieten, weil die Partei ja nicht verboten ist. Und
wenn die AfD Flugblätter verteilen würde? „Das muss ich mit der Polizei
klären“, antwortet Huber.
Martin Schulz, selbst Bauer und Vorsitzender der ökologisch orientierten
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), dagegen fordert, dass
die Veranstalter einschreiten, wenn auf ihren Demonstrationen rechtsextreme
Parolen und Symbole auftauchen.
Huber aber sagt, ihm sei auch nicht die vom Verfassungsschutz als
rechtsextrem eingestufte Identitäre Bewegung bekannt, die ebenfalls schon
bei Bauerndemos vorstellig wurde. Nicht einmal die schwarze Fahne der
gewalttätigen Bauernbewegung „Landvolk“ aus den 1920er Jahren will Huber
kennen, die ein Wegbereiter der NSDAP war. Dabei wird über die Fahne mit
weißem Pflug und blutrotem Schwert seit Jahren in der Bauernszene und
Medien kontrovers diskutiert.
„Warum soll ich Ihnen jetzt Schmoarrn erzählen“, sagt Huber dazu.
„Normoalerweise würd’ i’ bei Google schauen, woas doas is’“. Aber mit
seinem Smartphone könne er gerade nur telefonieren. Denn als das Kalb
geboren wurde und die taz anrief, erzählt der Bauer, sei sein Handy in die
Gülle gefallen.
25 Oct 2024
## LINKS
[1] /Bauernprotest/!t5985152
[2] https://www.instagram.com/reel/DBJVRbvNwmm/?utm_source=ig_web_copy_link&amp…
[3] https://hihful.de/ueber-uns/
[4] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/bauernproteste-unfall-lkw-a66-100.h…
[5] /Bauerndemo-in-Bremen/!5991546
## AUTOREN
Jost Maurin
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