Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Risiken für Gesundheit und Umwelt: Bundesamt will schädliche Pest…
> Jahrelang galt der Unkrautvernichter Flufenacet als sicher. Doch nach
> neuen Studien sollen Mittel mit dem Wirkstoff die Zulassung verlieren.
Bild: Nach EU-Recht dürfen Pestizide weder der Gesundheit von Mensch und Tier …
Berlin taz | Wieder stellen sich jahrelang zugelassene [1][Pestizide] als
so gesundheits- und umweltschädlich heraus, dass die Behörden sie nun doch
verbieten wollen.
„Nach dem aktuellen Stand der Sach- und Rechtslage gehe ich davon aus, dass
die Voraussetzungen für einen Widerruf aller Zulassungen
Flufenacet-haltiger Pflanzenschutzmittel […] gegeben sind“, teilte der
zuständige Mitarbeiter des Bundesamts für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) betroffenen Herstellern in einem Schreiben
mit, das der taz vorliegt.
Er beabsichtige, die Genehmigungen aufzuheben. Der Wirkstoff Flufenacet,
der Unkraut vernichten soll, ist seit 2004 in der EU zugelassen. Flufenacet
gehört zu den am meisten eingesetzten Pestizidwirkstoffen in Deutschland.
Der Fall könnte Zweifel daran stärken, ob das Zulassungsverfahren für
Pestizide Mensch und Umwelt genügend vor Risiken schützt. Schon der
Insektizidwirkstoff Chlorpyrifos war 15 Jahre lang zugelassen, bis die
Behörden einräumten, dass er die Gehirnentwicklung von Embryos stört. Auch
die Insektenkiller Thiamethoxam und Clothianidin waren lange im Freiland
erlaubt. Dann belegten mehrere Studien, dass praxisübliche Mengen dieser
Pestizide Bienen schädigen.
## Flufenacet schädigt Hormonhaushalt
Gegen Flufenacet führt das BVL nun ins Feld, dass der Wirkstoff nach einem
am 27. September veröffentlichten Gutachten der EU-Behörde für
Lebensmittelsicherheit den Hormonhaushalt schädigt.
Wenn die Chemikalie abgebaut wird, entsteht zudem Trifluoressigsäure (TFA).
Sie solle nach einem aktuellen Vorschlag der deutschen Behörden von der EU
als wahrscheinlich reproduktionstoxisch eingestuft und mit dieser Warnung
versehen werden: „Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Kann vermutlich
die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.“
„Die Gründe hierfür liegen in Ergebnissen aus tierexperimentellen Studien,
in denen die Verabreichung von Natrium-TFA an trächtige Kaninchen zu
schwerwiegenden Fehlbildungen der Augen der Nachkommen geführt hat“,
schreibt das BVL. TFA sei aber im Grundwasser an mehreren Messstellen in
Deutschland in teils hohen Konzentrationen gefunden worden.
Das BVL erwähnt auch, dass die [2][Deutsche Umwelthilfe] (DUH) juristisch
gegen Flufenacet vorgeht. Die Organisation klagt unter anderem beim Gericht
der EU gegen die Zulassung. Denn nach EU-Recht dürfen Pestizide weder der
Gesundheit von Mensch und Tier noch dem Grundwasser schaden. Daraus könne
TFA nicht entfernt werden, es werde nicht durch natürliche Prozess
abgebaut, warnt die DUH.
Das BVL fordert die Hersteller nun auf, sich bis Ende Oktober zu einem
möglichen Verbot zu äußern.
## Bayer: Ordnungsgemäße Anwendung ist sicher
„Es ist ein Armutszeugnis für das Amt, dass es erst jetzt tätig wird“,
sagte der Bundesgeschäftsführer der DUH, Jürgen Resch. Das BVL dürfe nun
keine Aufbrauchfristen für die 36 in Deutschland zugelassenen Pestizide
gewähren, die Flufenacet enthalten. „Dieser gefährliche Giftstoff darf
keinen Tag länger ausgebracht werden“, so Resch. Die DUH würde gegen
mögliche Aufbrauchfristen klagen.
Offenbar befürchtet die Organisation, dass das BVL warten will, bis die EU
die Zulassung von Flufenacet aufhebt. „Der Europäische Gerichtshof hat im
April 2024 klargestellt, dass die nationalen Zulassungsbehörden dazu
verpflichtet sind, bei schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit und
unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt die Zulassungen für
Pflanzenschutzmittel zu widerrufen“, sagte Caroline Douhaire, die von der
DUH beauftragte Rechtsanwältin.
Einer der Flufenacet-Hersteller, die [3][Bayer AG] aus Leverkusen, teilte
der taz mit, „dass es keine Hinweise auf ein Risiko für die menschliche
Gesundheit oder für die Umwelt gibt, das mit der ordnungsgemäßen Verwendung
unserer Produkte verbunden ist. Dies gilt auch für Flufenacet.“
Flufenacet sei ein Herbizid-Wirkstoff, der in Europa seit über 20 Jahren
sicher verwendet werde. „Er hilft Landwirten bei der Kontrolle von
Unkräutern, vor allem von Gräsern wie zum Beispiel Ackerfuchsschwanz,
Windhalm und Weidelgras.“ Bayer werde dem BVL fristgemäß antworten.
19 Oct 2024
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Pestizide/!t5008935
[2] /Deutsche-Umwelthilfe/!t5010603
[3] /Schwerpunkt-Bayer-AG/!t5240035
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Schwerpunkt Pestizide
Landwirtschaft
Schwerpunkt Bayer AG
Deutsche Umwelthilfe
GNS
Chemikalien
Schwerpunkt Pestizide
Schwerpunkt Pestizide
Bauernprotest
Schwerpunkt Pestizide
Schwerpunkt Pestizide
Schwerpunkt Pestizide
## ARTIKEL ZUM THEMA
Pflanzenschutzmittel Elipris: Vorläufig verboten
Im Streit über das Herbizid Elipris setzt sich die Umwelthilfe vor Gericht
durch. Es darf nicht verkauft werden, bis Brüssel über einen Wirkstoff
darin entscheidet.
Weit verbreitetes Ackergift Flufenacet: Umwelthilfe erhöht Druck für Verbot v…
Die Umweltorganisation stellt Eilanträge gegen zwei Unkrautvernichter mit
dem Wirkstoff Flufenacet. Dieser soll den Hormonhaushalt schädigen.
Fachmagazin zieht Analyse zurück: Streit über Studie zu massenhaften Pestizid…
Eine Fachzeitschrift zieht nach Protest der Chemieindustrie eine Analyse
wegen angeblich falsch interpretierter Daten zurück. Das stößt auf Kritik.
Proteste von Landwirten gegen die Ampel: Bauern, Demo, Rechtspopulismus
Landwirte planen eine Kundgebung in Berlin: für die Agrardieselsubvention,
gegen eine Bevorzugung von Asylbewerbern, voller Zweifel am Klimawandel.
Klage gegen Pestizide: Zulassung ohne Risikoprüfung
Die Umwelthilfe zieht vor das Gericht der EU: Der Insektenkiller
Sulfurylfluorid schade dem Klima, der Unkrautvernichter Flufenacet der
Gesundheit.
Streit über Bienenkiller: Umweltschützer:innen loben EuGH
Mitgliedstaaten dürfen die von der EU verbotenen Pestizide Thiamethoxam und
Clothianidin nicht zulassen. Das hat der Europäische Gerichtshof
entschieden.
Aufklärung von Pestizidskandal gefordert: Giftig für Embryos – aber erlaubt
Das Pestizid Chlorpyrifos war zugelassen, obwohl es Hirne schädigt. Der
Hersteller habe Hinweise auf die Gefahr irreführend dargestellt, so
Forscher.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.