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# taz.de -- Rechtsextremes Magazin von Elsässer: Compact wird verboten
> Seit Jahren verbreitet das Compact Magazin rechtsextreme
> Verschwörungsmythen und Russland-Propaganda. Nun wird es verboten.
Bild: Putscht immer wieder mit Widerstandsaufrufen auf: Compact-Chefredakteur J…
Berlin taz | [1][Jürgen Elsässer] ließ mit seinem [2][Compact-Magazin] kaum
etwas aus. Er forderte den „Regimesturz“ und rief Soldaten 2015 dazu auf,
[3][die Grenzen, Asylunterkünfte und Moscheen zu schließen]. „Wir sind im
Krieg“, erklärte er damals. Seit Jahren agitiert das Magazin – Print wie
Online – massiv gegen Geflüchtete, engagierte sich gegen eine vermeintliche
„Corona-Diktatur“ und unterstützt Putin seit dem russischen Angriffskrieg
auf die Ukraine. Offen werden auch Szeneslogans propagiert wie „Remigration
rettet Leben“.
Seit Dienstagfrüh ist damit Schluss. Im Morgengrauen ließ das
Bundesinnenministerium von Nancy Faeser (SPD) das rechtsextreme Magazin
verbieten, ebenso wie die dazugehörige Conspect Film GmbH. Polizeikräfte
durchsuchten dafür den Verlagssitz in Falkensee in Brandenburg, [4][wo auch
Chefredakteur Elsässer wohnt], und weitere Objekte in Hessen, Sachsen und
Sachsen-Anhalt. Ab sofort ist dem Magazin jede Tätigkeit verboten.
Für Faeser ist Compact „ein zentrales Sprachrohr“ der rechtsextremistischen
Szene. „Dieses Magazin hetzt auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden,
gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische
Demokratie.“ Das Verbot zeige, dass man auch gegen „geistige Brandstifter“
vorgehe, die ein Klima von Hass schürten. „Unser Signal ist ganz klar: Wir
lassen nicht zu, dass ethnisch definiert wird, wer zu Deutschland gehört
und wer nicht“, betonte Faeser.
Das Ministerium wirft dem Magazin antisemitische, minderheitenfeindliche,
geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Inhalte vor. Immer
wieder agitiere das Magazin gegen die parlamentarische Demokratie und ein
pluralistisches Gesellschaftsbild, das die Menschenwürde aller achte.
Vertreten werde ein „völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept“ und
eine „Widerstandsrhetorik“. Das Blatt sei geprägt von „verzerrenden und
manipulativen Darstellungen“. Auch antisemitische Inhalte kämen vor, wenn
etwa vom jüdischen „Hochfinanz“ die Rede sei. Und Chefredakteur Elsässer
sei inzwischen ein „zentraler Vernetzungsakteur“ in der rechtsextremen
Szene, der Kontakte zur AfD, den Identitären oder der [5][Kleinpartei
„Freie Sachsen“] pflegt.
## Schon länger im Visier der Sicherheitsbehörden
Das Verbot eines Verlags hat Seltenheitswert: Zuletzt hatte das
Innenministerium [6][2019 den kurdischen Mezopotamien Verlag verboten], dem
vorgeworfen wurde, die PKK zu unterstützen. Nun trifft ein Verlagsverbot
auch die rechtsextreme Szene – wo es zuletzt bereits Verbote von Gruppen
wie den [7][Hammerskins] oder der [8][Artgemeinschaft] gab.
Das Compact Magazin, das zuletzt mit einer Auflage von rund 40.000
Exemplaren erschien, stand dabei schon länger im Visier der
Sicherheitsbehörden. Elsässer hatte schon 2008 eine Buchreihe unter dem
Titel „Compact“ im Kai-Homilius-Verlag herausgegeben, das erste Compact
Magazin erschien am 6. Dezember 2010 mit Thilo Sarrazin auf dem Titel, ab
2013 wurde es im Monatsrhythmus veröffentlicht.
Im April 2011 erschienen drei Männer bei einem Notar in Potsdam, um die
Compact-Magazin GmbH zu gründen: Jürgen Elsässer, Kai Homilius und Andreas
Rieger. Andreas Rieger ist deutscher Konvertit und Herausgeber der
Islamischen Zeitung. Er hatte Elsässer 2009 interviewt. Danach hätten sie
zusammen gesessen, [9][erklärte Rieger 2016 der taz]: „Wir waren uns einig:
Es gibt zu wenige Magazine, die unterschiedliche Positionen vereinen.“
Die Zusammenarbeit bereute Rieger später: Er stieg 2014 aus, wegen der
„rassistischen und nationalistischen Positionen“. Seinen Anteil übernahm
die „Nordheide Kontor GmbH“ aus der Nähe von Hamburg des Unternehmers
Jörgen-Arne Fischer-van Diepenbrock, der mit der Firma „Jumbo Fischer“
Zubehör für Nutzfahrzeuge vertreibt.
Elsässer und Homilius sind bis heute dabei. Elsässer übernahm 2018 den
Anteil der „Nordheide Kontor GmbH“. Seitdem gehören ihm zwei Drittel der
Compact-Magazin GmbH und er ist der alleinige Geschäftsführer. Homilius
hält ein Drittel und hat Prokura, darf die Firma also geschäftlich
vertreten.
## „Heldenmedaille Donald Trump“ und „Höcke-Taler“
Das Compact Magazin wurde [10][im Jahr 2020 vom Bundesamt für
Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“ eingestuft], ein Jahr später als
„gesichert rechtsextreme Bestrebung“. Elsässer schreckte auch vor
Demonstrations- und Widerstandsaufrufen nicht zurück. So schrieb er im
Blatt: „Wir wollen dieses Regime stürzen. Wir machen keine Zeitung, indem
wir uns hinter den warmen Ofen oder den Computer verziehen und irgendwelche
Texte wie eine Laubsägenarbeit auf den Markt bringen. Sondern das Ziel ist
der Sturz des Regimes.“
Nach den Schüssen auf US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump wurde dieser
als „Held“ gefeiert, die Wahlschlappe des französischen Rassemblement
National bedauert. Veröffentlicht wurde ein „Exklusiv-Interview“ mit
Kreml-Sprecherin Maria Sacharowa oder eine Petition für den AfD-Rechtsaußen
Maximilian Krah gestartet, damit dieser [11][doch noch Teil der
AfD-Delegation im Europaparlament wird].
Immer wieder bot Elsässer dabei Rechtsextremen wie dem Identitären Martin
Sellner, dem Verschwörungsmythiker Oliver Janich oder AfD-Größen wie Björn
Höcke und Maximilian Krah ein Podium. Gerade den Parteiflügel um Höcke
hofiert das Magazin, holt dessen Akteure immer wieder auf Podien. Vor den
Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg veranstaltete Compact
auch eine Kundgebungstour „Die blaue Welle“, für die zu Spenden aufgerufen
wurde. Das wurde selbst der AfD zu heikel, die eine Parteispendenaffäre
fürchtete und eine Unterlassungserklärung gegen das Magazin anstrengte.
Spendenaktionen indes gehören zum Alltagsgeschäft von Compact. Laut dem
jüngsten, im Mai veröffentlichten Jahresabschluss betrug der Umsatz im
Geschäftsjahr 2021 geschätzte 6,8 Millionen Euro bei einem Gewinn von
390.000 Euro. Auch in den fünf Jahren davor lag der Umsatz jeweils bei
mittleren einstelligen Millionenbeträgen. Die Compact Magazin GmbH hatte im
Jahr 2021 nach eigenen Angaben 21 Mitarbeiter*innen.
Neben dem Verkauf der Hefte warb Compact immer wieder um Spenden, versuchte
auch mit Sonderausgaben, CompactTV, Sommerfesten, einer
„Clubmitgliedschaft“ oder Fanartikeln im Compact Shop wie einer
„Heldenmedaille Donald Trump“, einem „Höcke-Taler“ oder einer
„Druschba-Medaille“ Geld einzutreiben. Zuletzt beklagte Elsässer jedoch
Kontokündigungen und „Finanzkrieg“ gegen sein Magazin. Es seien
Spendenausfälle von 140.000 Euro angefallen.
Der Bundesregierung liegen auch Erkenntnisse zum Kontakt des russischen
Ideologen Alexander Dugin zur „Compact-Magazin GmbH“ vor. Dugin
veröffentlichte Essays im Magazin. Inwieweit diesbezüglich finanzielle
Verbindungen bestehen, ist nicht bekannt.
Neben dem Compact Magazin betreibt Homilius in Magdeburg noch mit der „9
Leben GmbH“ einen Online-Shop für Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamin D,
Magnesium, indische Schlafbeere oder Astaxanthin – ein Zusatz für
Fischfutter, dem vermeintliche Anti-Aging-Effekte zugeschrieben werden.
Laut einer Recherche des Redaktionsnetzwerks Deutschland ist in Artikeln
des Compact Magazins immer wieder für die Wellness-Firma des
Mitgesellschafters Homilius in redaktionellen Artikeln geworben worden,
ohne dies zu kennzeichnen.
Dass sein Verlag nun verboten wird, ist für Chefredakteur Elsässer das
vorläufige Ende eines langen Weges von ganz links nach ganz rechts. Denn
ursprünglich war der Publizist mal Anhänger des Kommunistischen Bundes und
konkret-Autor. Vor knapp 20 Jahren begann dann sein Weg nach rechts,
vorgeblich, weil sich „die Linke“ nicht mehr für das Proletariat
interessiere. Schon 2006 kritisierte Elsässer: „Mit Staatsknete Multikulti,
Gendermainstreaming und die schwule Subkultur gefördert, während die
Proleten auf Hartz IV gesetzt werden.“ Immer wieder rief er dann zu
Protesten auf und einer deutschen „Volksfront“. Bei Pegida stand Elsässer
auf der Bühne, anderswo auch mit Höcke und anderen AfD-Funktionären. Mit
Lars Günther beschäftigte er einen AfD-Mann lange als persönlichen
Assistenten.
## „Noch schärfere Tonart“ seit dem Krieg in der Ukraine
Symptomatisch war kürzlich ein Auftritt von Elsässer im sächsischen
Zwönitz, auf der „Blauen Welle“-Kundgebungstour. „Deutschland wird vor d…
Hunde gehen, wenn wir die da oben nicht davonjagen“, rief Elsässer dort vor
einer Großfahne der Freien Sachsen. Der 67-Jährige wetterte gegen
„Umvolkung“ und „Wokeness“ und erklärte, Deutschland sei „ein besetz…
Land“, unter Kontrolle der „Blutsauger im Westen“. Er selbst sei „ein
Putin-Unterstützer“, bekannte Elsässer. Er wünsche sich, dass die Nato und
die USA in der Ukraine „richtig einen auf den Sack kriegen“. Mit jedem
Kilometer, den die Russen vorrückten, rücke „der Tag der deutschen Freiheit
näher“.
Es war nicht die erste Rede Elsässers in diesem Tenor. Und die
Sicherheitsbehörden hatten es stets aufmerksam notiert. Bereits zuletzt
hatte der Brandenburger Verfassungsschutz vor der großen Reichweite von
Compact gewarnt und wie dort russische und extremistische Propaganda
verbreitet werde. Seit dem Krieg gegen die Ukraine gebe es eine „noch
schärfere Tonart“. Das Magazin könne zu „gesellschaftlichen Verwerfungen
und zur politischen Destabilisierung in Deutschland beitragen“. Der
Geheimdienst sorgte deshalb bereits dafür, dass der Tiktok-Kanal des
Magazins gelöscht wurde und erklärte, dies sei „nur ein erster Schritt“.
Doch Elsässer und sein Compact Magazin machten ungebremst weiter. Und sie
hatten für den 27. Juli bereits das nächste Event geplant: ein „Sommerfest�…
mit Sellner und Krah in Stößen (Sachsen-Anhalt). Daraus wird nun nichts
mehr.
16 Jul 2024
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[11] /Geheime-Abstimmung-in-AfD-Delegation/!6016721
## AUTOREN
Konrad Litschko
Jean-Philipp Baeck
Gareth Joswig
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