| # taz.de -- AfD bei den Landtagswahlen: Wer zur Wahl steht | |
| > Die taz hat die Hintergründe von mehr als 150 AfD-Kandidat*innen | |
| > recherchiert. Einige stellen wir hier vor. | |
| Bei den Landtagswahlen im Herbst gelten Zugewinne für die AfD als sicher. | |
| Doch wer sind die Rechten, die in die Parlamente von Thüringen, Sachsen und | |
| Brandenburg einziehen wollen? Wir haben die Hintergründe von mehr als 150 | |
| AfD-Kandidat:innen recherchiert und zeigen eine Auswahl. | |
| ## Thüringen | |
| Das kleine Bundesland ist für die völkisch-nationalistische Strömung der | |
| AfD ein Rückzugsraum, in dem sie extrem rechte Forderungen und Konzepte | |
| erprobt und die Radikalisierung der Gesamtpartei maßgeblich vorangetrieben | |
| hat. 2015 gründete [1][Björn Höcke], der bei der Wahl am 1. September als | |
| Spitzenkandidat antritt, hier mit der Erfurter Resolution den völkischen | |
| Flügel. | |
| Laut Verfassungsschutz ist die AfD in Thüringen klar rechtsextrem. Björn | |
| Höcke wurde wiederholt wegen SA-Parolen („Alles für Deutschland“) | |
| verurteilt. Zuletzt forderte er Säuberungen in der Justiz und sprach bei | |
| einer Rede davon, dass man in Deutschland auch gut mit 20 bis 30 Prozent | |
| weniger Menschen leben könne. Das Thüringer Wahlprogramm trägt den Titel | |
| „Alles für Thüringen“ – eine revisionistische Anlehnung an die Losung d… | |
| SA. | |
| Die meisten Politiker auf der Wahlliste sitzen entweder schon im Landtag | |
| oder sind Mitarbeiter der Partei. Die Nominierung der Kandidat:innen | |
| hatte im Vorfeld in einigen Wahlkreisen zu Streit geführt. [2][In | |
| Westthüringen etwa lehnte der Landesvorstand um Björn Höcke zwei | |
| Direktkandidaten ab, die von der dortigen Parteibasis korrekt gewählt | |
| wurden.] Der Landesvorstand wollte Neuwahlen durchsetzen, die beiden | |
| Kandidaten zogen dagegen erfolgreich vor Gericht. Das half ihnen allerdings | |
| nicht: Der Vorstand verweigerte eine notwendige Unterschrift, die AfD tritt | |
| in den Wahlkreisen nun ohne Direktkandidaten an. Aus der Partei kommt dazu | |
| heftige Kritik. Der Wartburger Bundestagsabgeordnete Klaus Stöber wirft | |
| Höcke öffentlich vor, „unliebsame Mitglieder mit Stasimethoden zu | |
| verunglimpfen“. Dafür droht Stöber jetzt der Parteiausschluss. | |
| Für Felix Steiner, Sprecher der Mobilen Beratung in Thüringen, sind | |
| Geschichten wie diese ein Hinweis darauf, wie hierarchisch der | |
| Landesverband geführt wird. „Offensichtlich wird versucht, alles unter | |
| Kontrolle zu halten, damit es keine Skandale nach außen gibt. Auch bei der | |
| Auswahl der Kandidaten“, sagt Steiner. Die AfD Thüringen sei der „Vorreiter | |
| der Professionalisierung von Radikalität“. | |
| ## Der Ermittler in eigener Sache | |
| Bereits seit 2019 sitzt Torsten Czuppon im Erfurter Landtag. Vor seiner | |
| Abgeordnetenkarriere war er Polizist, unter anderem als Gruppenführer der | |
| Thüringer Wasserwerferstaffel. Nachdem er rechtsextreme und | |
| geschichtsrevisionistische Beiträge in sozialen Medien geteilt und mehrfach | |
| T-Shirts der rechtsextremen Kleidungsmarke Thor Steinar getragen haben | |
| soll, wurde er in den Streifendienst versetzt. | |
| Einer dieser Vorfälle sorgte für einen langen Rechtsstreit, der gerade erst | |
| zu Ende gegangen ist: An einem Seminar der KZ-Gedenkstätte Buchenwald zum | |
| Thema „Geschichtsrevisionismus und Holocaustleugnung“ soll Czuppon 2017 im | |
| Thor-Steinar-Shirt teilgenommen haben. Als die Polizei ein | |
| Disziplinarverfahren einleitete, erstattete er Anzeige gegen zwei Zeugen | |
| und bearbeitete die Anzeigen auch noch selbst. Das Amtsgericht Erfurt | |
| verurteilte ihn im Juli 2022 zu einer hohen Geldstrafe: 150 Tagessätze, | |
| insgesamt 30.000 Euro wegen der Verfolgung Unschuldiger. | |
| Im Juni 2024 lehnte das Thüringer Oberlandesgericht die Revision ab, das | |
| Urteil ist damit rechtskräftig. Das Disziplinarverfahren wird nun wieder | |
| aufgenommen und kann für Czuppon mit der Entfernung aus dem Dienst enden. | |
| ## Die Social-Media-Aktivistin | |
| Wiebke Muhsal kandidiert auf Platz 3 der Landesliste, zudem ist sie | |
| Direktkandidatin für den Wahlkreis Saale-Holzland-Kreis II. Dort kandidiert | |
| auch der CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt. Von 2014 bis 2019 saß Muhsal | |
| schon einmal für die AfD im Thüringer Landtag. Ihre Abgeordnetenkarriere | |
| startete sie mit einem Betrug: Sie hatte den Arbeitsvertrag einer | |
| ehemaligen Mitarbeiterin in ihrem Wahlkreisbüro in Jena um zwei Monate | |
| vordatiert und bekam so zu Unrecht Geld aus dem Landtag. Ein Erfurter | |
| Gericht verurteilte sie zu 80 Tagessätzen à 100 Euro. | |
| In den sozialen Medien ist sie so erfolgreich wie niemand sonst bei der | |
| Thüringer AfD. Bei Tiktok und Instagram kommentiert sie regelmäßig | |
| politische Debatten und erzählt aus ihrem Alltag. Besonders engagiert ist | |
| sie in der Familien- und Bildungspolitik. Sie selbst hat Jura studiert und | |
| ist Mutter von fünf Kindern. Das nutzt sie auch für ihre politischen | |
| Botschaften: „Für mich ist die AfD die Partei für Frauen!“, schreibt sie | |
| auf Instagram, und „Echte Frauen braucht das Land.“ | |
| ## Der Burschenschaftler | |
| Als Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Landtagsfraktion ist Torben | |
| Braga Björn Höckes rechte Hand im Parlament. Zudem ist er Mitglied der | |
| Marburger Burschenschaft Germania, die Verbindungen zur rechtsextremen | |
| Szene hat. Vertreter der sogenannten Neuen Rechten haben bei der | |
| Burschenschaft Vorträge gehalten, darunter Mitglieder des mittlerweile | |
| aufgelösten Instituts für Staatspolitik (IfS). Braga war außerdem Sprecher | |
| des Verbands Deutsche Burschenschaft, der auch rechtsextreme | |
| Burschenschaften umfasst. | |
| Den Kontakt zur Thüringer Neonaziszene scheut Braga nicht: 2015 traf er | |
| sich mit der rechtsextremen Bürgerinitiative Wir lieben Meiningen zur | |
| „Vernetzung“, wie die Gruppe später auf Facebook schrieb. Im vergangenen | |
| Sommer zählte Braga zu den 15 Gästen des Berliner Ex-Finanzsenators Peter | |
| Kurth (ehemals CDU), der für ein Sommerfest prominente Köpfe der rechten | |
| und rechtsextremen Szene auf seiner Dachterrasse versammelt hatte. | |
| ## Der Büroleiter | |
| Robert Teske ist Björn Höckes Büroleiter und bei fast allen Terminen fest | |
| an der Seite des Landesvorsitzenden. Der Speditionskaufmann ist nach | |
| eigenen Angaben Fördermitglied des rechtsextremen Vereins Ein Prozent, | |
| lobt die Aktionen der Identitären Bewegung und trat zusammen mit dem | |
| Identitären-Kader Jonas Schick in einem Podcast auf. Bevor er in den | |
| völkisch dominierten AfD-Landesverband Thüringen wechselte, hatte Teske | |
| auch Kontakt zu Bremer Neonazis. | |
| Teske vertritt die neurechte Verschwörungsideologie vom „Großen Austausch�… | |
| forderte schon 2017 „Remigration“ und hält die BRD für ein | |
| „Unrechtsregime“. Als er noch in der Jungen Alternative Bremen war, | |
| posierte er bei einer USA-Reise mit Schusswaffen und „Grüßen“ an den Brem… | |
| Innensenator Ulrich Mäurer, der das Waffenrecht verschärfen wollte. Teske | |
| ist Direktkandidat im Kyffhäuserkreis, wo der völkische Flügel jahrelang | |
| seine Jahrestreffen abhielt. Die Prozesse gegen Höcke nennt er | |
| „Schauprozesse“. | |
| ## Der Reichsbürger | |
| Der pensionierte Arzt Wolfgang Lauerwald sitzt für die AfD seit 2019 im | |
| Landtag, aber ist auch fest in der Mischszene aus Neonazis, Reichsbürgern, | |
| und Rechtsrockern verankert. Im April 2024 nahm er in Gera an der | |
| Reichsbürger-Demo „25+1 Bundesstaaten“ teil, einem der größten Treffen d… | |
| Szene überhaupt. | |
| 25 Bundesstaaten hatte das deutsche Reich inklusive der Ostgebiete. Ebenso | |
| beanspruchen die Reichsbürger mit „+1“ das französische Elsaß-Lothringen. | |
| Auf der Demo wurde die derzeit für Terror angeklagte Reuß-Gruppe als | |
| „politische Gefangene“ bezeichnet und stolz eine Fahne des Fürstentums Reu… | |
| präsentiert. Und dann stimmten Teilnehmer auch noch das Horst-Wessel-Lied | |
| an, die verbotene Parteihymne der NSDAP. | |
| ## Die Zahnärztin, die Putin mag | |
| Corinna Herold sitzt seit 2014 im Thüringer Landtag und ist Unterzeichnerin | |
| der Erfurter Resolution. Die Zahnärztin trägt gerne Pelzmäntel und | |
| verbindet eine bürgerliche Fassade mit rechtsextremem Gedankengut. Bis | |
| heute ist sie Mitglied in der geschlossenen Facebook-Gruppe Bürgerwehr | |
| Untersuhl, Gerstungen und Umgebung, die unter anderem vom ehemaligen | |
| NPD-Kader Andreas Niebling organisiert wird. Aber auch zahlreiche weitere | |
| Neonazis aus der gesamten Bundesrepublik sind in der Gruppe vernetzt und | |
| hetzten darin mit Gewaltfantasien gegen Migrant:innen. | |
| Als Landtagsabgeordnete forderte Herold von der Landesregierung Statistiken | |
| darüber, wie viele Homo- und Bisexuelle sowie trans Personen im Freistaat | |
| Thüringen leben. Auf Facebook teilt sie Reden von Wladimir Putin und | |
| bekennt sich „stolz“ zu den Reichsbürgern der Gruppierung Freies Thüringe… | |
| ## Sachsen | |
| Mühe, sich vom ganz rechten Rand abzugrenzen, [3][gibt sich bei der | |
| sächsischen AfD niemand]. Ihre Politiker:innen sprechen seit Jahren | |
| immer wieder auf Pegida-Demonstrationen, obwohl die Organisation auf der | |
| Unvereinbarkeitsliste der AfD steht, sie verbreiten | |
| völkisch-nationalistische Hetze und nutzen extrem rechte Kampfbegriffe wie | |
| den der „Remigration“ oder einer drohenden „Umvolkung“. | |
| Seit Dezember 2023 gilt die sächsische AfD dem Landesverfassungsschutz als | |
| „gesichert rechtsextrem“. Dagegen klagt die Partei zwar, geschadet hat ihr | |
| die Einstufung allerdings nicht. Landeschef Jörg Urban selbst verweist | |
| seitdem auf steigende Mitgliederzahlen und mehr Spenden. Der AfD ist der | |
| Stempel wohl ganz recht, muss sie sich in Sachsen doch von einer CDU | |
| abgrenzen, die mit ihrem Law-and-Order-Kurs, der Forderung nach weniger | |
| Geflüchteten und der Nähe zu Russland inhaltlich nicht gerade Abstand nach | |
| rechtsaußen wahrt. | |
| Sächsische Wähler:innen entscheiden sich dennoch lieber für das | |
| Original. Alle Umfragen der vergangenen zwölf Monate sehen die AfD als | |
| stärkste Kraft bei der Landtagswahl am 1. September. Auch bei den jüngsten | |
| Zahlen vom Juni liegt sie mit 30 Prozent einen Punkt vor der CDU. „Dass die | |
| AfD in Sachsen offen rechtsextrem ist, hält offenbar niemand davon ab, sie | |
| zu wählen“, sagte Michael Nattke, Geschäftsführer des Kulturbüro Sachsen, | |
| der taz. | |
| ## Der systemfeindliche Anführer | |
| Jörg Urban ist seit 2018 Landesvorsitzender der AfD Sachsen. Er kandidiert | |
| auf Listenplatz 1 und als Direktkandidat im Wahlkreis Bautzen 5. Urban | |
| sitzt seit 2014 im Landtag und gilt als Sympathisant des völkischen | |
| Flügels. Mehrfach trat er bei Pediga-Demonstrationen auf und besuchte | |
| einmal das ehemalige Institut für Staatspolitik des neurechten Vordenkers | |
| Götz Kubitschek. | |
| Urban sprach von einem drohenden „Bevölkerungsaustausch“ und von | |
| „tonangebenden Globalisten in Politik, Medien und Konzernen“, womit er | |
| antisemitisch konnotierte Verschwörungsideologien bediente. | |
| Auf Facebook schrieb Urban 2018: „Auch das derzeitige Regime werden wir mit | |
| Hilfe der vernünftig denkenden Menschen zum Einsturz bringen!“ Er äußerte | |
| sich rassistisch darüber, dass das Volk „weitgehend homogen“ bleiben solle. | |
| In einer Rede auf einer prorussischen „Friedensdemo“ Anfang 2023 in Dresden | |
| geißelte Urban die „ukrainische Kriegsmaschinerie“. | |
| ## Der Bodyguard | |
| Arthur Österle ist Direktkandidat für den Wahlkreis Erzgebirge 5. Im August | |
| 2020 war er beim Sturm auf den Reichstag in Berlin dabei. Österle sprach in | |
| Bezug darauf von einem „Missverständnis“. 2018 war er Chefordner und | |
| Einheizer bei Aufmärschen des Bündnisses Pro Chemnitz. Von ihnen gingen | |
| rassistische Gewalttaten aus. | |
| Ein Foto zeigt ihn im gleichen Jahr bei einer Demonstration der | |
| neonazistischen Kleinstpartei III. Weg. Ebenfalls seit 2018 ist er | |
| AfD-Mitglied. Bereits 2019 kümmerte sich Österle beim Bundesparteitag der | |
| AfD um die „Security“ und ist aktuell der stellvertretende | |
| Sicherheitsbeauftragte des sächsischen Landesverbands. | |
| ## Der Rechtsaußenanwalt | |
| Der Leipziger Strafverteidiger Roland Ulbrich ist selbst der AfD zu rechts. | |
| Dennoch wurde er im Wahlkreis Nordsachsen 1 als Direktkandidat auserkoren. | |
| 2019 zweifelte er an, dass der antisemitische Anschlag in Halle auf die | |
| Ermordung der Betenden abzielte und fragte: „Was ist schlimmer: eine | |
| beschädigte Synagogentür oder zwei getötete Deutsche?“ Die Bonner | |
| Studentenverbindung Corps Rhenania warf das langjährige Mitglied daraufhin | |
| raus. | |
| In der AfD bremste das seine Karriere nicht. 2019 zog er in den sächsischen | |
| Landtag ein, wurde Stadtrat in Leipzig und später Vize des | |
| Bundesschiedsgerichts der AfD. Im Januar 2024 trat er von dem Posten | |
| zurück, nachdem herauskam, dass er sich in einem Eilbeschluss auf das | |
| nationalsozialistische Reichsbürgergesetz von 1935 bezogen hatte – eines | |
| der antisemitischen Nürnberger Rassengesetze. Die Partei strebte danach | |
| einen Ausschluss an. Ulbrich kam einem Rauswurf aus der Fraktion mit seinem | |
| Austritt zuvor. Parteimitglied ist er geblieben. | |
| ## Der Soldat | |
| André Wendt sitzt seit 2014 im Landtag, seit 2019 ist er dessen zweiter | |
| Vizepräsident. Jetzt steht der Berufssoldat auf Listenplatz 4 und als | |
| Direktkandidat im Wahlkreis Dresden 4 erneut zur Wahl. Für Empörung sorgte | |
| 2017 eine seiner Anfragen, in der er sich nach den Kosten für die | |
| Sterilisation für „unbegleitete minderjährige Ausländer“ erkundigte. 2018 | |
| befürchtete er: „Homosexuelle aus aller Welt dürfen an unsere Sozialtöpfe.… | |
| Im gleichen Jahr sprach er von einer „rechtswidrigen Flutung Europas, | |
| Deutschlands und Sachsens mit Millionen Menschen, darunter viele | |
| Analphabeten, Kriminelle, Antisemiten, Islamisten, Vergewaltiger, | |
| Messerstecher und Armutsmigranten“. Wendt nahm an mehreren | |
| Auslandseinsätzen der Bundeswehr teil und wurde mit deren Ehrenkreuz | |
| ausgezeichnet. | |
| ## Der Journalist mit dem SS-Symbol | |
| Andreas Harlaß ist Direktkandidat im Wahlkreis Dresden 2. Der Journalist | |
| ist Sprecher der AfD Sachsen und Mitglied im Landesvorstand. Harlaß schrieb | |
| jahrelang für die Bild-Zeitung und die Junge Freiheit (JF). In einer | |
| JF-Kolumne zählte er 2014 Argumente dafür auf, dass der deutsche Überfall | |
| auf Polen 1939 nicht als „heimtückisch“ zu bezeichnen sei, weil er einem | |
| polnischen Angriff zuvorgekommen sei. | |
| In einem Facebook-Post schrieb er mutmaßlich in Bezug auf Muslime von | |
| „primitiven Menschen“. Harlaß wurde daraufhin von einem Kritiker als | |
| Neonazi und Anhänger der NS-Rassentheorie bezeichnet. Er klagte auf | |
| Unterlassung, das Amtsgericht Dresden wies den Antrag ab. | |
| Nach dem antisemitischen Attentat auf eine Synagoge in Halle schrieb | |
| Harlaß: „Der Psycho von Halle hat Deutsche erschossen, keine Semiten.“ | |
| AfD-Chef Tino Chrupalla bezeichnete das später als „inakzeptablen | |
| Einzelfall“. Immer wieder tauchten bei Harlaß Symbole mit Bezug zum | |
| Nationalsozialismus auf: Auf einem Bild, das er selbst postete, ließ sich | |
| beispielsweise die Schwarze Sonne erkennen, ein SS-Symbol. Auch zeigte | |
| Harlaß sich in einem Poloshirt aus dem Versandhandel der neonazistischen | |
| Organisation Artgemeinschaft. | |
| ## Brandenburg | |
| Der Landesverband der Brandenburger AfD gehört von jeher zu den | |
| radikalsten. Das hat auch mit ihrem früheren Vorsitzenden [4][Andreas | |
| Kalbitz] zu tun, einst enger Verbündeter von Björn Höcke. Als im Jahr 2020 | |
| Fotos von ihm in einem Zeltlager des verbotenen Vereins Heimattreue | |
| Deutsche Jugend auftauchten, wurde er aus der Partei geworfen. | |
| In der AfD-Landtagsfraktion saß er dennoch bis zuletzt als Parteiloser – | |
| die Fraktion änderte dafür eigens die Geschäftsordnung. Nach der Wahl am | |
| 22. September ist damit Schluss: Kalbitz wurde nicht mehr auf die | |
| Landesliste gewählt oder für ein Direktmandat nominiert, er hat es sich mit | |
| persönlichen Verfehlungen und seinem aggressiven Stil inzwischen mit zu | |
| vielen in der Partei verscherzt. | |
| Weniger radikal geworden ist der Landesverband dadurch nicht. Inzwischen | |
| führt Hans-Christoph Berndt die Landtagsfraktion, den Kalbitz einst in die | |
| Partei holte. Offensiv knüpfte er Netzwerke in die rechtsextreme Szene. | |
| Landeschef ist René Springer, früher Referent von Parteigründer Alexander | |
| Gauland. Auch er hat keine Probleme mit Radikalen, beschäftigt einen | |
| früheren Identitären als Mitarbeiter. Er erklärte, seine Partei werde | |
| „Ausländer in ihre Heimat zurückführen, millionenfach“ – das sei „ke… | |
| Geheimplan, das ist ein Versprechen“. | |
| Berndt und Springer wollen die AfD professioneller aufstellen – und haben | |
| sich damit zunächst gegen das vormalige Kalbitz-Lager durchgesetzt, das | |
| Konflikte auch offen austrug. „Der Landesverband war lange gespalten, | |
| allerdings in zwei gleichermaßen rechtsextreme Fraktionen“, erklärt | |
| Christoph Schulze, Mitarbeiter am Moses Mendelssohn Zentrum für | |
| europäisch-jüdische Studien. | |
| Die Brandenburger AfD bleibe damit „als Gesamtorganisation weiter klar auf | |
| rechtsextremem Kurs“. Der Verfassungsschutz hat den Landesverband als | |
| rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft, einzelne Funktionäre als gesichert | |
| rechtsextrem. | |
| ## Der Netzwerker | |
| Schon 2015 stand Hans-Christoph Berndt, einst Labormediziner und | |
| Personalratsvorsitzender an der Charité Berlin, auf der Straße. Mit dem von | |
| ihm mitgegründeten Verein Zukunft Heimat demonstrierte er in seiner | |
| Heimatstadt Golßen in der Lausitz gegen Unterkünfte für Geflüchtete – und | |
| vernetzte sich früh in der rechtsextremen Szene. Berndt sprach als Redner | |
| bei Pegida in Dresden, saß auf Podien beim rechtsextremen Compact-Magazin | |
| und dem Institut für Staatspolitik von Götz Kubitschek. 2019 zog Berndt für | |
| die AfD in den Landtag ein und wurde kurz darauf direkt Fraktionschef. | |
| Heute ist Berndt Spitzenkandidat zur Landtagswahl – und Einpeitscher. Auf | |
| Reden ätzte Berndt über eine „Invasion“ von Migranten und einen | |
| „multikriminellen Sumpf“ oder dass man diejenigen „verjagen“ müsse, die | |
| „Heimat und Identität zerstören“. Der Verfassungsschutz hat Berndt schon | |
| länger als gesichert rechtsextrem eingestuft. | |
| ## Der Nachwuchs-Neurechte | |
| Seine Nähe zu den Identitären oder Pegida versteckte Jean-Pascal Hohm nie. | |
| „Wir sind Teil einer Bewegung“, erklärte er schon 2017 – und zählte neb… | |
| der AfD die beiden rechtsextremen Initiativen dazu. Hohm organisierte | |
| Anti-Merkel-Demos in Brandenburg, machte für das rechtsextreme Netzwerk Ein | |
| Prozent Videos und Infostände. Bei Pegida in Dresden trat er als Redner | |
| auf, reiste bis nach Italien zum neofaschistischen „Casa Pound“-Projekt in | |
| Rom. | |
| 2014 war Hohm, damals als 17-jähriger Gymnasiast, Mitgründer und | |
| Vorsitzender der Jungen Alternative in Brandenburg. Später beschäftigte ihn | |
| die Brandenburger AfD-Fraktion als Mitarbeiter – bis Hohm 2017 bei einem | |
| Fußballspiel mit rechtsextremen Hooligans gesehen wurde und ihn die | |
| Fraktion auf öffentlichen Druck hin rauswarf. Der Kontakt aber blieb: Wenig | |
| später dockte Hohm wieder als Mitarbeiter eines Abgeordneten an. | |
| Zudem ist er AfD-Vorsitzender in seiner Heimat Cottbus – und in der Region | |
| regelmäßiger Redner auf Demonstrationen, wo er eine „konsequente | |
| Remigration“ fordert. Gleichgesinnte forderte er auf: „Werdet wehrhaft und | |
| bildet Gemeinschaft, um euch im Ernstfall verteidigen zu können.“ Mit | |
| Listenplatz 9 dürfte Hohm der Einzug in den Landtag sicher sein. In der AfD | |
| ist er bestens vernetzt und könnte dort noch Karriere machen. | |
| ## Der Dauerdemonstrant | |
| Seit 2019 sitzt Lars Günther für die AfD im Landtag, auf der Straße stand | |
| er schon vorher. Bereits 2014 tauchte der frühere Security-Mann bei den | |
| rechtsoffenen „Friedensmahnwachen“ in Berlin auf. Dort lernte er Jürgen | |
| Elsässer kennen und arbeitete später bei dessen rechtsextremem | |
| Compact-Magazin, als persönlicher Assistent der Geschäftsführung. Vor allem | |
| aber organisierte Günther Demonstrationen: erst „Merkel muss weg“-Proteste, | |
| bei denen teils auch die NPD mitmischte, später dann Demos gegen die | |
| Coronamaßnahmen. | |
| Auch als die Polizei 2020 einen Querdenker-Protest vor dem Bundestag mit | |
| Wasserwerfern auflöste, war Günther dabei. Zuletzt sorgte eine | |
| AfD-Wahlkampfveranstaltung von ihm in einem Schülerklub in Bad Freienwalde | |
| für Wirbel. Der CDU-Bürgermeister hatte die Veranstaltung gegen den Willen | |
| der Schule durchgesetzt. Vor der Tür gab es Anti-AfD-Proteste, drinnen | |
| verteilte Günther „Remigration? Na klar!“-Sticker. Der Verfassungsschutz | |
| stuft auch ihn als erwiesenen Rechtsextremisten ein. | |
| ## Der Parteienwechsler | |
| Im Sommer 2023 trat Falk Janke in der Kreisstadt Seelow im Oderbruch als | |
| Bürgermeisterkandidat der AfD an, unterlag aber deutlich gegen den | |
| parteilosen Kandidaten. Es war eine von zahlreichen Etappen in Jankes | |
| langer politischer Karriere. In den 1990er Jahren war er kommunalpolitisch | |
| für die CDU tätig, 2001 ging er zur Schill-Partei. | |
| Bei deren Nachfolgepartei Offensive D wurde Janke Brandenburger | |
| Landesvorsitzender. 2005 gründete er eine eigene Wählervereinigung mit dem | |
| Namen Die Rechte – Mut zur Wahrheit. In der Seelower | |
| Stadtverordnetenversammlung bildete diese Wählervereinigung mit der CDU | |
| eine gemeinsame Fraktion. Im Kreistag schloss sich Janke mit der | |
| rechtsextremen DVU zusammen. | |
| Sein Antrag, in die damals neue AfD-Fraktion aufgenommen zu werden, wurde | |
| 2014 aufgrund seiner rechtsextremen Umtriebe noch abgelehnt. 2017 durfte er | |
| dann doch zur AfD wechseln. Bei der Landtagswahl tritt er als | |
| Direktkandidat im Wahlkreis Märkisch-Oderland IV an. | |
| ## Der Szenetreffbetreiber | |
| Der Bunker 38 im Spremberger Ortsteil Schwarze Pumpe war in den 2000er | |
| Jahren einer der wichtigsten Szenetreffpunkte für Neonazis in Brandenburg. | |
| Bei einem Polizeieinsatz im Jahr 2008 wurden die Personalien von 84 | |
| Personen aufgenommen, von denen laut Polizei mehr als die Hälfte bereits | |
| mit rechtsextremen Delikten aufgefallen war. Eigentümer des Bunker 38 war | |
| Michael Hanko. Der gut vernetzte Spremberger Unternehmer saß damals als | |
| Parteiloser im Ortsbeirat und setzte sich dort für die Neonazis ein. | |
| 2018 trat Hanko in die AfD ein, 2019 zog er für die Partei in den | |
| Brandenburger Landtag ein. Nun tritt er im Wahlkreis Spree-Neiße II als | |
| Direktkandidat an. Seine Chancen stehen gut, schon 2019 konnte er diesen | |
| Wahlkreis mit 35,9 Prozent der Stimmen gewinnen. Neben seiner | |
| parteipolitischen Tätigkeit ist Hanko Vorsitzender der Spremberger | |
| Schießleistungsgruppe. | |
| Mitarbeit: Luisa Ederle, Annika Glunz, Friederike Gräff, Heike | |
| Holdinghausen, David Muschenich, Konstantin Nowotny, Linda Nunn, Nathan | |
| Pulver, Johanna Treblin, Lilli Uhrmacher, Laura Verseck. Mit Hinweisen des | |
| Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (apabiz), | |
| Rechercheportal Jena-Saale-Holzland-Kreis und Ostthüringer Divan. | |
| 12 Jul 2024 | |
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| Rechtsextremes Sommerfest in Schnellroda: Zu Gast bei Umstürzlern | |
| AfD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahlen haben an einem rechtsextremen | |
| Vernetzungstreffen teilgenommen. Wieder mal dabei: Martin Sellner. | |
| Rechtsextreme Netzwerke in Sachsen: Wo AfD-Politiker einen SS-Mann ehren | |
| Jenseits des Rampenlichts verbünden sich AfD-Politiker mit Neonazis, | |
| Hooligans und Völkischen. Eine taz-Recherche in der Oberlausitz. | |
| AfD nach dem Parteitag in Essen: Anti-Melonisierung der AfD | |
| Organisatorisch gleicht sich die AfD den anderen Parteien an. | |
| Machtpolitisch gesehen ist sie aber zunehmend isoliert. | |
| Petition der Omas gegen Rechts: AfD verliert Konto | |
| Die Berliner Volksbank kündigt nach einer Kampagne das Konto der | |
| Bundes-AfD. Überweisungen an die Partei sind derzeit nicht möglich. |