# taz.de -- Nach „Compact“-Verbot: Ob Umsturzpläne reichen… | |
> Nach dem „Compact“-Verbot wird diskutiert, ob die Maßnahme | |
> verhältnismäßig war. Ein Verfassungsrechtler sieht einen Missbrauch des | |
> Vereinsrechts. | |
Bild: „Ziel ist der Sturz des Regimes“. Jürgen Elsässer am 16.7. bei der … | |
Während Jurist*innen über die Verhältnismäßigkeit des Verbots des | |
Compact-Magazins diskutieren, meldet die Branche Vollzug: Der | |
Pressegroßhandel stoppte die Belieferung von Supermärkten und Tankstellen, | |
Ebay nahm Artikel von der Plattform, das Video-Portal Youtube sperrte zwei | |
Kanäle, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. | |
[1][Das Bundesinnenministerium von Nancy Faeser (SPD) hatte das | |
rechtsextreme Magazin am Dienstag verboten.] Seit 2021 gilt Compact laut | |
Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“. Die erste | |
Ausgabe erschien 2010, zuletzt lag die Auflage bei rund 40.000 Exemplaren. | |
Chefredakteur Jürgen Elsässer hatte sich immer wieder deutlich geäußert. | |
2023 schrieb er auf der Compact-Webseite: „Wir wollen dieses Regime | |
stürzen. Wir machen keine Zeitung, indem wir uns hinter den warmen Ofen | |
oder den Computer verziehen und irgendwelche Texte wie eine Laubsägenarbeit | |
auf den Markt bringen. Sondern das Ziel ist der Sturz des Regimes.“ | |
In Texten wurde gegen Geflüchtete gehetzt und sich antisemitisch und | |
verschwörungsideologisch etwa über die „Hochfinanz“ oder „Globalisten“ | |
beklagt. [2][Compact] war in der rechtsextremen Szene stark vernetzt, mit | |
Verbindungen zu Verschwörungsideologen, zur Identitären Bewegung, zu | |
Pegida, der Kleinpartei [3][Freie Sachsen] und einer besonders großen Nähe | |
zur AfD. | |
## „Alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten nutzen“ | |
Im demokratischen Spektrum herrschte in der Bewertung des Magazins denn | |
auch weitgehende Einigkeit. Ein Sprecher der Amadeu Antonio Stiftung | |
betonte die Rolle von Compact für den Aufstieg der AfD – „auch aufgrund der | |
internationalen Vernetzung mit Antidemokraten in Russland oder den USA“. | |
Das brandenburgische Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus erklärte, es | |
sei „richtig, hier alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten auszuschöpfen“. | |
Aus den Parteien kam Unterstützung für das Verbot etwa von der Juristin und | |
Vize-Chefin der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), von Hamburgs | |
Innensenator Andy Grote (SPD) sowie vom Grünen-Parteivorsitzenden Omid | |
Nouripour. Die Linken-Politikerin Martina Renner forderte zu Compact noch | |
weitere Aufklärung, „über die Finanzierung aus dem Ausland und verdeckte | |
Geldflüsse an die AfD“. | |
Kontroverser verläuft die verfassungsrechtliche Debatte. Für die grüne | |
Medienstaatsministerin Claudia Roth umfasse die Pressefreiheit „völlig zu | |
Recht einen großen Schutzbereich“. Wenn diese jedoch dafür missbraucht | |
werde, aggressiv-kämpferisch gegen die freiheitlich-demokratische | |
Grundordnung vorzugehen, seien ganz klar Grenzen überschritten. Anders | |
sieht es FDP-Vize und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki, der | |
befürchtet, dass das Verbot gerichtlich aufgehoben werden könnte. | |
Vereinsverbote hatten vor dem Bundesverwaltungsgericht meistens Bestand. | |
Nach taz-Informationen enthält die 79 Seiten lange Begründung zur | |
Verbotsverfügung auch eine mehrseitige Abwägung des Verbots gegenüber der | |
Pressefreiheit. Insgesamt argumentiert das Innenministerium, Compact sei | |
weniger Pressepublikation als politische Organisation, die sich gegen die | |
verfassungsmäßige Ordnung richte. | |
## Auch andere Gänge über das Vereinsrecht | |
Compact ist nicht der einzige Fall, in dem ein Presseorgan über das | |
Vereinsrecht verboten wurde. Das Bundesinnenministerium verweist auf das | |
Verbot der Neonazi-Internetplattform Altermedia im Jahr 2016, der | |
linksradikalen Internetplattform Linksunten.Indymedia im Jahr 2017 und der | |
Mezopotamien Verlag und Vertrieb GmbH im Jahr 2019. Alle drei Verbote haben | |
Bestand. Dem Mezopotamien Verlag wurde vorgeworfen, die PKK zu | |
unterstützen. Das Verbot war rechtmäßig, entschied das | |
Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2022. | |
Der Verfassungsrechtler David Werdermann hingegen meint, das | |
Innenministerium missbrauche für das Verbot von Compact das Vereinsrecht. | |
Werdermann ist Verfahrenskoordinator der Gesellschaft für Freiheitsrechte. | |
Er hält das Verbot für „wahrscheinlich rechtswidrig“ und mahnt zur | |
Verhältnismäßigkeit. Verfassungsfeindliche Beiträge in der Zeitung können | |
nicht ohne Weiteres einer Redaktion oder dem Verlag zugerechnet werden. | |
Erst müsse versucht werden, gegen konkrete Beiträge vorzugehen, „bevor ein | |
ganzes Medium plattgemacht wird“, erklärte der Jurist. | |
Auch der Oldenburger Staatsrechtler Volker Boehme-Neßler sieht in dem | |
Verbot einen Verstoß gegen die Verfassung. Selbst ein Aufruf zu Mord würde | |
nach seiner Überzeugung kein Verbot des Verlages und einer Publikation als | |
ganze rechtfertigen. | |
17 Jul 2024 | |
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[1] /Rechtsextremes-Magazin-von-Elsaesser/!6023528 | |
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## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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