# taz.de -- Haushaltsentwurf für 2025: Loch an Loch – hält doch | |
> Im Etatentwurf für 2025 beträgt die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben | |
> 17 Milliarden Euro. Dennoch soll der Plan am Mittwoch beschlossen werden. | |
Bild: Muss noch einige Lücken schließen: Finanzminister Christian Lindner | |
Berlin taz | Der Entwurf des Bundeshaushalts, der am Mittwoch von der | |
Ampel-Regierung beschlossen wird, enthält noch zahlreiche Luftbuchungen. So | |
klafft zwischen den voraussichtlichen Einnahmen und den gewünschten | |
Ausgaben noch eine Lücke von 17 Milliarden Euro. Bis Mitte August will die | |
Regierung diese „globale Minderausgabe“ auf 9 Milliarden Euro schrumpfen. | |
Das ist in etwa die Summe, von der man hofft, dass die Ministerien sie eh | |
nicht ausgegeben werden. | |
Für den Lückenschluss prüfen die Regierungsbeamten nun mit Hochdruck | |
mehrere Instrumente. Möglichkeit eins: Bundeszuschüsse für die Bahn und die | |
Autobahngesellschaft sollen gekürzt und stattdessen durch staatliche | |
Darlehen ersetzt werden. Solche Darlehen gelten als „finanzielle | |
Transaktionen“, werden nicht als Ausgaben verbucht und berühren laut eines | |
Gutachtens des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags auch nicht die | |
grundgesetzliche Schuldenbremse. Begründung: Ein Kassenausgang wird gegen | |
eine Forderung getauscht. | |
Allerdings sind solche Darlehen auch nicht ohne Risiken. Für die | |
hochverschuldete Bahn, die sich auch am Kapitalmarkt refinanziert, erhöht | |
sich die Schuldenlast weiter. Der Bundesrechnungshof warnte bereits 2023, | |
die Bahn entwickle ich zu einem „Fass ohne Boden.“ | |
Möglichkeit zwei: Die Rechenkünstlerinnen in Finanzministerium und | |
Kanzleramt prüfen, ob bei der staatlichen Förderbank KfW geparkte | |
Notlagenkredite, die eigentlich für die Gaspreisbremse gedacht waren, nun | |
für die Finanzierung anderer Ausgaben im Haushalt herangezogen werden | |
können. [1][Das erinnert allerdings stark an die Umbuchung nicht genutzter | |
Corona-Kredite in den Klimafonds, die das Bundesverfassungsgericht Ende | |
vergangenen Jahres für nichtig erklärt hatte.] Das Urteil hatte die Ampel | |
damals in den Abgrund blicken lassen. Eine ähnliche Niederlage wollen sich | |
[2][die drei Chefhaushaltsverhandler, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), | |
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner,] | |
auf jeden Fall ersparen. | |
## Regierung will die Mitte entlasten | |
Stattdessen hoffen SPD, FDP und Grüne auf zusätzliche Einnahmen. Parallel | |
zum Haushalt hat die Ampel eine sogenannte Wachstumsinitiative geschnürt, | |
mit der die schwächelnde Konjunktur belebt werden soll. 49 Maßnahmen sind | |
in einem Papier aufgeführt, darunter Steuererleichterungen, verbilligter | |
Energie und weniger Vorschriften für Unternehmen, aber auch Steuerboni für | |
ausländische Fachkräfte. | |
Auch die gern zitierte „hart arbeitende Mitte“ wird mit insgesamt 23 | |
Milliarden Euro im nächsten und übernächsten Jahr entlastet. Der | |
Grundfreibetrag wird angehoben und so die kalte Progression ausgeglichen, | |
also der Effekt, dass Lohnsteigerungen von höheren Steuern aufgefressen | |
werden. Das kostet den Staat rund 2,4 Milliarden Euro, im Vergleich dazu | |
nimmt sich die geplante Erhöhung des Kinderzuschlags für Eltern mit | |
geringem Einkommen mit rund einer Milliarde Euro fast bescheiden aus. | |
Andererseits soll der Druck auf Bürgergeldempfängerinnen erhöht werden. | |
Mithilfe der Wachstumsinitiative sollen 6 Milliarden Euro zusätzlich in die | |
Kasse kommen. Diese sind bereits im Haushalt eingepreist, aber eine Wette | |
auf die Zukunft. Es gibt derzeit noch nicht einmal offizielle Schätzungen, | |
wie viele Fachkräfte tatsächlich nach Deutschland gelockt werden und wie | |
viele Arbeitslose durch verschärfte Sanktionen das Bürgergeld entlasten | |
können. | |
## Der wahre Haushaltsgesetzgeber muss erst noch ran | |
Insgesamt plant die Regierung im nächsten Jahr mit Ausgaben von knapp 481 | |
Milliarden Euro. Fast 10 Prozent davon werden durch neue Schulden | |
finanziert, die Nettokreditaufnahme soll 44 Milliarden betragen. Die | |
Schuldenbremse, die die Höhe neuer Kredite auf 0,35 Prozent vom | |
Bruttoinlandsprodukt begrenzt, würde damit eingehalten. | |
Einige Ressorts wie das Arbeits- und Sozialministerium, das Verkehrs- und | |
das Verteidigungsministerium können sich über Zuschläge freuen. | |
Verteidigungsminister Boris Pistorius, der weit mehr gefordert hatte, fand | |
den Entwurf dennoch „ärgerlich“ und hofft nun auf Nachverhandlungen im | |
Bundestag, dem wahren Haushaltsgesetzgeber. | |
Darauf hofft auch Entwicklungsministerin Svenja Schulze, die knapp eine | |
Milliarde, also ein Zehntel ihres Etats, einsparen soll und damit die | |
Kürzungskönigin im Kabinett wäre. | |
16 Jul 2024 | |
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[1] /Karlsruher-Urteil-zu-Klimafonds/!5969800 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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