# taz.de -- Kabinett beschließt Entwurf: Der unmögliche Bundeshaushalt | |
> Das Kabinett hat den Entwurf des Haushalts 2025 beschlossen. Die Ausgaben | |
> sinken, der Klima- und Transformationsfonds steht infrage. | |
Bild: Die einen bekommen weniger, der andere will noch mehr: Annalena Baerbock,… | |
Berlin taz | Finanzminister Christian Lindner (FDP) war zufrieden am | |
Mittwochmittag – hat er mit dem Entwurf des [1][Bundeshaushalts 2025] doch | |
eine quasi unmögliche Aufgabe bewältigt. Sie lautete: im nächsten Jahr | |
weniger Geld auszugeben und trotzdem die Koalition aus SPD, Grünen und FDP | |
zusammenzuhalten. „Zu sehen ist eine üble Mixtur aus Luftbuchungen, | |
Unterveranschlagungen, Tricks und haushaltsrechtlich fragwürdigen | |
Praktiken“, schäumte dagegen Christian Haase, Haushaltspolitiker der Union. | |
Lindner und die Koalition haben es geschafft, schwer miteinander zu | |
kombinierende Ziele zu verbinden. Höhere Ausgaben für Bundeswehr und | |
Polizei, kaum Kürzungen im Sozialetat auf Wunsch der SPD; | |
Steuererleichterungen für Privathaushalte und Firmen, die die FDP | |
befürwortet; milliardenschwere Investitionen in Klimapolitik und | |
Förderprogramme, ein Anliegen der Grünen. | |
Gleichzeitig sollen die Ausgaben 2025 im Vergleich zu diesem Jahr sinken | |
und die Neuverschuldung zurückgedrängt werden. Statt 489 Milliarden Euro | |
2024 stehen 2025 nur 481 Milliarden im Plan, den das Bundeskabinett am | |
Mittwochvormittag beschloss. Die geplante Kreditaufnahme sinkt von 50 auf | |
44 Milliarden Euro. Laut der mittelfristigen Finanzplanung soll sich diese | |
Tendenz in den folgenden Jahren fortsetzen. Man setze das „Geld besser und | |
zukunftsweisender ein“, sagte Lindner. | |
Gelungen ist die Operation auch deshalb, weil das Finanzministerium alle | |
Register der „kreativen Buchführung“ zog, wie Oppositionspolitiker Haase | |
bemängelte. Als „Quasi-Schattenhaushalte“ kritisierte er, dass die | |
Ampelregierung eigentlich nötige Zuschüsse an die Deutsche Bahn und die | |
Autobahngesellschaft in Darlehen umwandeln will, wodurch sie weder als | |
Ausgaben gelten noch unter [2][die Schuldenbremse] fallen. „Ebenso werden | |
Mehreinnahmen in Milliardenhöhe verbucht, obwohl die unterstellten Effekte | |
beim Wachstumspaket mehr als fraglich sind“, erklärte Haase. | |
## „Völlig uninspirierter Haushalt“ | |
Auch viele [3][weitere Akteur:innen äußerten Kritik]. Die Ampelkoalition | |
lege „einen völlig uninspirierten Haushalt vor“, beklagte Heidi Reichinnek, | |
die Vorsitzende der Linken im Bundestag. So gebe es für Kinder und Familien | |
beim Kindergeld und beim Kinderzuschlag nicht einmal einen | |
Inflationsausgleich. „Die selbsternannte Fortschrittskoalition liefert | |
außer beim Militär höchstens Stillstand“, stichelte sie mit Blick auf die | |
geplanten 53 Milliarden Euro für die Bundeswehr (rund 1,25 Milliarden mehr | |
als 2024). | |
Die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner schrieb: „Unser Verständnis von | |
Wachstum ist nicht, dass Menschen zu schlechteren Bedingungen mehr | |
arbeiten“ – eine Anspielung auf die angepeilte Verlängerung der Arbeitszeit | |
durch die „Wachstumsinitiative“ der Ampel. Wirtschaftsverbände rügten | |
hingegen, die Lage der Unternehmen verbessere sich nur unzureichend. | |
Brot für die Welt und die Diakonie Katastrophenhilfe zeigten sich bestürzt | |
über die Kürzungen im Entwicklungsetat und des Etats für Humanitäre Hilfe | |
um jeweils rund eine Milliarde, die sie als „Katastrophe“ bezeichneten. | |
„Auf eine Rekordanzahl an bewaffneten Konflikten antwortet die | |
Bundesregierung mit Rekordkürzungen bei der Humanitären Hilfe. Damit lassen | |
sich keine Katastrophen bewältigen“, sagte Dagmar Pruin, Präsidentin der | |
beiden evangelischen Hilfswerke. | |
## Grüne für Lockerung der Schuldenbremse | |
Die Aufgabe, einen Haushalt aufzustellen, dürfte in den kommenden Jahren | |
eher noch schwerer werden. Dies ist unter anderem daran zu erkennen, welche | |
Ideen in den Erläuterungen zum Entwurf hinsichtlich des Klima- und | |
Transformationsfonds formuliert werden. Dieser Sonderetat finanziert | |
momentan Dutzende Milliarden Euro, die Privathaushalte und Unternehmen | |
unter anderem für Kohlendioxid-Reduzierung erhalten. | |
Möglicherweise geht es so nicht ewig weiter: Der Fonds könnte aufgelöst und | |
sein Geld für andere Aufgaben verwendet werden, heißt es. Laut Lindner sind | |
das „Prüfaufträge des gesamten Kabinetts“. Käme es so, ließe sich ein | |
Klimageld zugunsten von Haushalten mit niedrigen Einkommen, um die | |
steigenden Kosten der fossilen Energien auszugleichen, wohl nicht mehr | |
finanzieren. | |
Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler regt eine andere Lösung an: Da die | |
starre Schuldenbremse „den großen Herausforderungen unserer Zeit“ nicht | |
gerecht werde, müsse man die „Investitionsbremse“ lockern. Das blockiere | |
jedoch bisher der Bundestag. | |
17 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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