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# taz.de -- Ampel-Haushalt und Kindergrundsicherung: Nur noch ein Grundsicherun…
> Die Kindergrundsicherung sollte die größte Sozialreform der Ampel werden.
> Auch in der Etat-Einigung für 2025 ist von ihr aber nicht mehr viel zu
> sehen.
Bild: Hat sich von der Ampel wohl auch mehr erwartet: ein wütendes Kind
Berlin taz | Es steht nicht gut um die Kindergrundsicherung. In den letzten
Tagen vor den Parlamentsferien haben die zuständigen Ampelabgeordneten
wieder stundenlang über das Projekt verhandelt, das einmal als größtes
sozialpolitisches Vorhaben der Koalition bezeichnet wurde. Eine Einigung
gab es aber wieder nicht.
Stattdessen haben [1][die Pläne für den Bundeshaushalt 2025], auf den sich
die Regierungsspitzen am Freitag verständigten, neue Zweifel hervorgerufen:
„Die Kindergrundsicherung wird auf unbestimmte Zeit verschoben. Das ist ein
Schock für alle armen Familien“, sagte nach der Veröffentlichung Verena
Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VDK.
Schöner klingen die Formulierungen aus der Ampel selbst. Der Haushalt biete
eine gute Grundlage für die weiteren Verhandlungen, heißt es aus der
Grünen-Fraktion. Von dem, was der Koalitionsvertrag für die
Kindergrundsicherung vorgesehen hatte, sind mittlerweile aber tatsächlich
nur noch Fragmente übrig.
## (Noch) nichts gebündelt
Erstens sollten in der Kindergrundsicherung die diversen bisherigen
Leistungen für Kinder gebündelt werden. Zumindest bis 2025, das zeigt
spätestens die Haushaltseinigung, wird das nichts: Vereinbart sind jetzt
separate Erhöhungen beim Kindergeld und beim Kindersofortzuschlag für
Bürgergeld-Familien – erst mal bleiben also beide Leistungen separat
bestehen.
Perspektivisch ist die Bündelung zwar noch nicht offiziell beerdigt, die
Erfolgsaussichten sind aber nicht mehr groß. Mehr und mehr setzt sich die
Ansicht durch: Alle Leistungen an einer Stelle zu bündeln, [2][könnte den
Aufwand eher erhöhen als senken]. Manche Familien müssten dann sogar mehr
Anträge stellen als bisher. Wer Bürgergeld bezieht, ginge dann nicht mehr
für die ganze Familie zum Jobcenter, sondern müsste zusätzlich zum
sogenannten Familienservice, der als neue Behörde für die
Kindergrundsicherung zuständig sein soll.
## 5 Euro mehr
Zweitens sollte die Kindergrundsicherung eigentlich ein „neu zu
definierendes soziokulturelles Existenzminimum sichern“. Frei aus dem
Behördendeutsch übersetzt: Die Leistungen sollten steigen. Das tun sie
jetzt, aber nur minimal. Die Haushaltseinigung sieht 5 Euro mehr beim
Kindergeld und beim Kindersofortzuschlag für Bürgergeld-Familien vor.
In Zukunft, so steht es in einem Grünen-Papier zur Einigung, sollen beide
Leistungen parallel zum Kinderfreibetrag steigen, von dem Gutverdiener
profitieren. 2024 und 2025 wird die Ersparnis durch den Freibetrag aber
insgesamt noch mal stärker wachsen als das Kindergeld.
## Kein Automatismus
Drittens sollte die neue Kindergrundsicherung eigentlich automatisiert
ausgezahlt werden. Schon länger ist klar, dass auch daraus nichts wird. Die
Angaben, die es für die Berechnung braucht, sind über diverse Behörden
verteilt und können nicht einfach an einer Stelle zusammengefügt werden.
Immerhin ist jetzt angedacht, dass Familien unkompliziert und unverbindlich
prüfen lassen können, ob sie ein Anrecht auf den sogenannten Kinderzuschlag
haben könnten. Der Kinderzuschlag ist eine weitere bestehende Leistung für
Familien, die zwar wenig Geld haben, aber doch zu viel fürs Bürgergeld.
Bislang nimmt ihn nur ein Teil der Berechtigten in Anspruch. Die Quote soll
durch die neue Prüfung („Kindergrundsicherungs-Check“) steigen. Schon im
letzten Jahr ist die Zahl der Anträge gestiegen, möglicherweise allein
durch die Debatte zum Thema. Um der gestiegenen Nachfrage zu entsprechen,
sind in der Haushaltseinigung 1,1 Milliarden Euro zusätzlich vorgesehen.
## Teilhabe per Klick
Viertens sah der Koalitionsvertrag ein sogenanntes „Kinderchancenportal“
vor – eine Internetseite also, auf der Angebote aufgelistet sind, die aus
dem sogenannten Bildungs- und Teilhabepaket bezahlt werden können. Auch
dieses Paket ist eine der schon heute bestehenden Leistungen. Daraus werden
Vereinsmitgliedschaften, Musikunterricht oder Ähnliches für Kinder aus
armen Familien bezahlt.
Auch dieses Angebot wird bislang nicht von allen Berechtigten genutzt. Die
neue Internetseite könnte die Bekanntheit steigern. Wie [3][das Portal
T-Online am Donnerstag als erster] berichtete, laufen die Verhandlungen
über diesen Teil der Kindergrundsicherung noch mit am besten. Der
ursprüngliche Gesetzesentwurf hat aber keine Eile vorgesehen: Ihm zufolge
muss die Seite erst bis zum 1. Januar 2029 eingerichtet sein. Aus der
Haushaltseinigung der Ampel geht nicht hervor, dass schon für nächstes Jahr
Mittel eingeplant werden.
8 Jul 2024
## LINKS
[1] /Haushaltsverhandlung-der-Ampelkoalition/!6021752
[2] /Kindergrundsicherung-droht-Aus/!6000112
[3] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100440986/k…
## AUTOREN
Tobias Schulze
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