| # taz.de -- Digitalpakt ausgelaufen: Fortsetzung gefährdet | |
| > Der milliardenschwere Pakt zur Digitalisierung der Schulen ist im Mai | |
| > ausgelaufen. Bund und Länder haben sich noch auf keinen Nachfolger | |
| > geeinigt. | |
| Bild: Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger am „Tag der kleinen Fo… | |
| Berlin taz | Auf dem Papier gehört Bettina Stark-Watzinger zu den | |
| Gewinnern. Trotz der angespannten Haushaltslage erhält die | |
| FDP-Bundesbildungsministerin für 2025 satte 833 Millionen Euro mehr als | |
| noch in diesem Jahr. Das hat das Kabinett vergangene Woche beschlossen. | |
| Damit erreicht das Bildungsbudget einen neuen Höchststand: 22,3 Milliarden | |
| Euro. Ein Achtungserfolg für die [1][wegen der „Fördergeld-Affäre“] | |
| angezählte Ministerin. Der mittelfristige Finanzplan, auf den sich die | |
| Ampel vorigen Sommer geeinigt hatte, hatte für ihr Haus im kommenden Jahr | |
| zunächst sogar nur 20,6 Milliarden Euro vorgesehen. | |
| Und noch einen Erfolg kann Stark-Watzinger vorweisen: Erstmals hat die | |
| Ministerin in ihrem Haushalt eine konkrete Summe für den Digitalpakt 2.0 | |
| eingeplant. Rund 1,6 Milliarden sind als „Zuweisungen an die Länder zur | |
| Förderung von Investitionen in die digitale Infrastruktur für Schulen“ | |
| vorgemerkt. | |
| Damit erfüllt Stark-Watzinger, was die Länder seit Monaten fordern: ein | |
| klares Bekenntnis zur Fortsetzung des im Mai ausgelaufenen (ersten) | |
| Digitalpaktes. Zumindest auf den ersten Blick. | |
| Auf den zweiten ergibt sich ein anderes Bild. Zum einen, weil bereits | |
| feststeht, dass von dem Posten für den Digitalpakt noch mindestens ein | |
| „Konsolidierungsbeitrag“ in Höhe von 163,5 Millionen Euro abgezogen wird. | |
| Insgesamt muss Stark-Watzinger von ihrem Rekordbudget sogar 833,5 Millionen | |
| (die so genannten globalen Minderausgaben) einsparen – also fast exakt die | |
| Summe, die sie 2025 „mehr“ bekommen soll. | |
| ## Nur eine Mogelpackung? | |
| Zum anderen, weil die Länder daran zweifeln, ob vom Bildungsetat | |
| tatsächlich Geld für den Digitalpakt 2.0 zur Verfügung stehen wird. Sie | |
| werfen dem Bund Taschenspielertricks vor. „Der vorliegende Haushalt erweckt | |
| den Eindruck, als wolle man durch Buchungstricks das Fehlen der wichtigen | |
| zusätzlichen Investitionen in die digitale Bildung verschleiern“, sagte | |
| Schleswig-Holsteins CDU-Bildungsministerin und Koordinatorin der | |
| unionsgeführten Länder in der Kultusministerkonferenz, Karin Prien, der | |
| taz. | |
| Auch die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig, die für | |
| die SPD-regierten Länder spricht, äußerte sich gegenüber der taz irritiert: | |
| Es sei an der Zeit, dass das Bundesbildungsministerium „jetzt schnell und | |
| deutlich erklärt, ob und welche Gelder für den Digitalpakt 2.0 im Haushalt | |
| 2025 vorgesehen sind“. | |
| Der Vorwurf: Die 1,6 Milliarden für digitale Schulen im Haushalt seien in | |
| Wahrheit keine neuen Gelder für den versprochenen Digitalpakt 2.0, sondern | |
| noch nicht abgerechnete Restmittel aus dem Digitalpakt 1.0. Also Gelder, | |
| die die Länder schon längst ausgegeben, dem Bund nur noch nicht in Rechnung | |
| gestellt haben. Zudem seien für die Folgejahre keine Mittel für den | |
| Digitalpakt 2.0 eingeplant. | |
| Laut Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP soll dieser bis 2030 laufen | |
| und die „Neuanschaffung von Hardware, den Austausch veralteter Technik | |
| sowie die Gerätewartung und Administration“ bezahlen. Entgegen der | |
| Ankündigung des Ministeriums komme im Haushalt 2025 das Wort Digitalpakt an | |
| keiner Stelle vor, kritisieren mehrere Ministerien auf taz-Anfrage. Karin | |
| Prien nennt den vorgelegten Haushalt deswegen „enttäuschend“. Der | |
| sächsische Bildungsminister Christian Piwarz (CDU) sprach gegenüber der | |
| Sächsischen Zeitung von „dreistem Vertrauensbruch“. | |
| ## Streit, Streit, Streit | |
| Es ist nicht das erste Mal, dass im Zusammenhang [2][mit dem Digitalpakt | |
| schwere Vorwürfe] laut werden. Vor einem Jahr berief die | |
| Kultusministerkonferenz sogar eine außerplanmäßige Pressekonferenz ein, um | |
| öffentlich das „fehlende Vertrauen“ in den Bund und dessen „mangelnde | |
| Verlässlichkeit“ anzuprangern. Ihr Ziel – eine nahtlose | |
| Anschlussfinanzierung zum Juni 2024 – erreichten die Länder damit nicht. | |
| Anfang Juli nun kam es zu einem erneuten Schlagabtausch – dieses Mal im | |
| Bundesrat. | |
| Dort mahnten die Länder die Fortsetzung des Digitalpaktes an, „um den | |
| positiven Impuls der bisherigen Projekte aufrechtzuerhalten und weiter | |
| auszubauen“. Dort blaffte der BMBF-Staatssekretär Jens Brandenburg zurück: | |
| „In Ihrem Entschließungsantrag steht: ‚Die Verhandlungen zwischen Bund und | |
| Ländern müssen (…) zügig und belastbar abgeschlossen werden.‘ Da kann ich | |
| Ihnen auch persönlich nur zustimmen. Um es ganz deutlich zu sagen: Es ist | |
| nicht der Bund, der auf der Bremse steht“. | |
| Zu den aktuellen Vorwürfen der Länder wollte sich das | |
| Bundesbildungsministerium (BMBF) gegenüber der taz nicht äußern. | |
| Stattdessen spielte eine Sprecherin – ähnlich wie Staatssekretär | |
| Brandenburg – den Ball zurück: „Die Gesamtfinanzierung, die vonseiten des | |
| Bundes im Haushalt 2025 und den Folgejahren angelegt ist, hängt maßgeblich | |
| von der Bereitschaft der Länder ab, hierzu die Voraussetzungen zu schaffen | |
| und einen substantiellen finanziellen Beitrag zu leisten.“ | |
| ## Länder sollen mehr zahlen | |
| Bereits seit Anfang Dezember 2022 verhandeln Bund und Länder nun über den | |
| Nachfolger des Digitalpakts. Seit 2019 hat der Bund insgesamt 6,5 | |
| Milliarden Euro für die Digitalisierung an Schulen bereitgestellt. Mit den | |
| Mitteln aus den Ländern standen sogar mehr als 7 Milliarden Euro zur | |
| Verfügung. Bislang waren sich Bund, Länder und Kommunen immer einig, dass | |
| der Digitalpakt fortgeführt wird. Doch ob sich die Beteiligten einigen | |
| können, ist nach wie vor unklar. | |
| Der größte Streitpunkt ist das Geld: Beim ersten Digitalpakt mussten die | |
| Länder gerade mal zehn Prozent der Gesamtmittel aufbringen. Beim Nachfolger | |
| aber pocht der Bund auf eine finanzielle Beteiligung der Länder in Höhe von | |
| 50 Prozent – und hat bereits Fakten geschaffen: Ein Kabinettsbeschluss zum | |
| Haushalt 2024 verbietet dem Bund, bei künftigen Bund-Länder-Programmen mehr | |
| als 50 Prozent der Kosten zu tragen. Zu einer so hohen Beteiligung sind die | |
| Länder aber nicht bereit. | |
| Den Ländern sei der Kabinettsbeschluss bewusst, teilt etwa eine Sprecherin | |
| aus Rheinland-Pfalz mit. Gleichzeitig appellierten die Länder an den Bund, | |
| diesen Beschluss „zu überdenken und auch flexibel bei der Frage nach der | |
| Anrechenbarkeit von Landesleistungen zur Digitalisierung“ zu sein. | |
| Schließlich hätten die Länder und Kommunen bereits massiv in die | |
| Digitalisierung ihrer schulischen Infrastruktur investiert. | |
| ## Vorbild Startchancen-Programm | |
| Dass der Bund durchaus bereit ist, die Investitionen der Länder | |
| anzurechnen, zeigen [3][die Verhandlungen zum „Startchancen-Programm“], mit | |
| dem in den kommenden zehn Jahren insgesamt 4.000 Brennpunktschulen | |
| bundesweit gefördert werden sollen. Auch hier müssen die Länder 50 Prozent | |
| der Gesamtmittel stellen. | |
| Ob dies ein möglicher Ausweg auch beim Digitalpakt wäre? Anfang August | |
| kehren Bund und Länder an den Verhandlungstisch zurück. Nach Angaben des | |
| BMBF ist der Bund bereit zu „intensiven und konstruktiven“ Verhandlungen. | |
| Die Länder erwarten zunächst „Klarheit“ bei ihren Fragen zum Haushalt, | |
| bevor sie über die strittigen Punkte wie die Co-Finanzierung reden. | |
| Für die Kommunen geht das große Warten also erst mal weiter. „Wenn sich | |
| Bund und Länder nicht bald einigen, sind wir die Leidtragenden“, sagt der | |
| Gießener Stadtrat Francesco Arman der taz. Seine Stadt habe wie die meisten | |
| Kommunen und Städte die Gelder aus dem Digitalpakt 1.0 bereits vollständig | |
| ausgegeben. Derzeit liefen die letzten Aufträge, darunter die vollständige | |
| Ausstattung aller Klassenzimmer mit digitalen Tafeln. | |
| Sollte der neue Digitalpakt nicht bald kommen, könne Gießen maximal den | |
| laufenden Betrieb aufrechterhalten, so Arman, „auf Sparflamme. Den Ausbau | |
| und die Verbesserung der IT-Infrastruktur können wir dann nicht stemmen“. | |
| Die Bundesschülerkonferenz befürchtet, dass letztlich die Schüler:innen | |
| das „aktuelle Gerangel“ zwischen Bund und Ländern ausbaden müssen. Trotz | |
| des Digitalpaktes fehle es heute an sehr vielen Stellen noch an digitaler | |
| Ausstattung oder Digitalisierung des Unterrichts, sagt Generalsekretärin | |
| Louisa Basner der taz. „Wenn der Digitalpakt 2.0 nicht zustande kommt, | |
| werden aktuelle Probleme noch größer und die Schulen werden im Punkt | |
| Digitalisierung immer mehr zurückfallen“. Auch sie fordert eine baldige | |
| Einigung. Wie alle Seiten. | |
| 24 Jul 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ralf Pauli | |
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