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# taz.de -- Konflikte in der Ampelkoalition: Die drei Fragezeichen
> Rot-Grün-Gelb gilt als zerstrittenes Zickzackbündnis. Dabei läuft es im
> Maschinenraum der Bundesregierung ziemlich rund. Wo liegen dann die
> Probleme?
Bild: Beantworteten Fragen zum Haushalt: von links nach rechts Otto Fricke (FDP…
Berlin taz | Die Berliner Bundespressekonferenz ist der Ort, wo
Politiker:innen Rede und Antwort stehen müssen. An einem Freitag im
Januar sitzen dort die drei Haushaltspolitiker von SPD, Grünen und FDP. Sie
haben gerade den Etat für das Jahr 2024 zusammengezimmert. Es waren
nervenaufreibende Verhandlungen, der Ampel fehlt akut Geld, seitdem das
[1][Bundesverfassungsgericht den milliardenschweren Klimasondertopf Ende
2023 als teilweise illegal verurteilte].
Doch wundersamerweise wirken die drei recht frisch auf ihrem Podium: Die
berüchtigte Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses, die sonst meist
bis tief in die Nacht dauert, war am Vorabend bereits vor der Tagesschau
vorbei. Wo tatsächlich gekürzt wird und welche Posten doch noch verschont
werden, war pünktlich zum Feierabend geklärt.
Bevor jeder aufzählt, auf welchen Beschluss die eigene Partei besonders
stolz ist, will sich Sven-Christian Kindler von den Grünen noch schnell bei
„Otto“ und „Dennis“ bedanken: „Trotz unterschiedlicher Blickwinkel wa…
das menschlich faire Verhandlungen“. FDP-Haushälter Otto Fricke und Dennis
Rohde von der SPD geben das Lob zurück – danke, danke, danke!
Man reibt sich die Augen. SPD, Grüne und FDP loben sich gegenseitig? Und
ausgerechnet beim Thema Geld? Dort hört der Spaß ja bekanntlich auf, und in
der notorisch zerstrittenen Ampelkoalition kann von Spaß schon lange keine
Rede mehr sein. Doch ausgerechnet im Haushaltsausschuss scheinen sie noch
Freude zu haben.
## Die Ampel ist eine Premiere
Auf dem Schreibtisch im Büro von Otto Fricke steht eine kleine Ampel, die
auf Knopfdruck blinkt und Melodien abspult. Fricke demonstriert es. Warum
es im Haushaltsausschuss so gut läuft? Fricke nimmt den Daumen von der
plärrenden Ampel und zählt auf: „Erstens, keiner geht allein als Gewinner
raus, zweitens, jeder fühlt sich auch fürs große Ganze verantwortlich und
drittens, wir respektieren die Grenzen des anderen und lesen uns nicht
unsere Parteiprogramme vor.“
Fragt man seinen grünen Kollegen Kindler nach dem Erfolgsrezept, klingt der
ganz ähnlich. „Natürlich ringen wir oft hart miteinander. Aber wir sind
auch kreativ in der Kompromissfindung“, sagt er. „Das sollte eigentlich
Standard sein: schauen, was man zusammen hinkriegt, statt nicht miteinander
zu kommunizieren und Konflikte hinauszuzögern.“
Würde sich die Ampel in ihrer Gesamtheit etwas davon abschneiden – die
Koalition stünde wohl besser da. Doch oft läuft es anders. SPD, Grüne und
FDP einigen sich auf einen Kompromiss, und keine Stunde später ist dieser
schon wieder Geschichte, weil er von mindestens zwei der drei Partner ganz
unterschiedlich interpretiert wird. So geschehen beim ersten Aufschlag zum
[2][Heizungsgesetz], oder beim Entwurf für ein Gesetz zur
Planungsbeschleunigung, oder bei der Kürzung der
[3][Agrardieselsubvention,] oder beim [4][Lieferkettengesetz], oder, oder,
oder. Die Liste ließe sich fortsetzen, ein Ende ist nicht in Sicht.
Klar, es gibt mildernde Umstände: Eine Krise stapelt sich auf die letzte,
Corona, Krieg, Klima. Die Merkel-Regierungen haben hehre Ziele und eine
kaputte Infrastruktur hinterlassen. Und die Ampel ist eine Premiere, das
erste lagerübergreifende Dreierbündnis auf Bundesebene. Die drei Partner
haben ein grundsätzlich unterschiedliches Staatsverständnis.
## Der Zauber des Anfangs ist verflogen
SPD und Grüne sehen in ihm ein starkes Korrektiv zum Markt, die FDP will
dagegen, dass der Staat den Kräften des Marktes möglichst nicht
dazwischenfunkt. Gleichzeitig eint die Ampel aber eine gemeinsame
Vorstellung davon, wie eine moderne Gesellschaft aussehen soll:
[5][Menschen sollen sich verpartnern können, mit wem sie wollen],
[6][selbst über ihr Geschlecht bestimmen] und nach Feierabend [7][legal
kiffen] dürfen. Als „Fortschrittskoalition“ bezeichnete man sich bei
Amtsantritt im Dezember 2021 euphorisch.
Doch der Zauber des Anfangs ist längst verflogen. Zwar hat das
Dreierbündnis einiges hingekriegt, [8][zwei Drittel des Koalitionsvertrags
sind laut Bertelsmann-Stiftung abgearbeitet]. Doch die Arbeit wurde oft
begleitet von lautem Geschrei. In einer Umfrage für RTL im September 2023
sagten über 60 Prozent der Befragten, sie seien so genervt vom Zank in der
Koalition, dass sie schon gar nicht mehr genau wissen wollen, worum es
eigentlich geht. Auch die Mehrheit der Demonstrant:innen, die seit Wochen
gegen die AfD und für die Demokratie auf die Straße gehen, eint der Wunsch
nach einem konstruktiveren Miteinander in der Regierung. Laut einer
[9][Studie des Rheingold-Instituts sehen 70 Prozent von ihnen in der
Uneinigkeit der Ampel einen Grund für die Stärke der AfD].
Dabei kann die Ampel im Koalitionsalltag auch anders. Die drei harmonischen
Haushaltspolitiker sind kein Einzelfall. Das zeigt der Blick in den
Maschinenraum der Macht, in die Büros und Besprechungsräume des Bundestags,
wo über jeden Gesetzesentwurf aus der Regierung noch mal gründlich
nachverhandelt wird, bevor er Gesetz wird. Die taz hat mit zahlreichen
Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP gesprochen und siehe da: Viele
berichten, dass die fachliche Zusammenarbeit oft erstaunlich gut läuft.
Oder dass die Konfliktlinien zumindest anders verlaufen als gemeinhin
unterstellt.
„In meinem Bereich bin ich für dieses Jahr sehr optimistisch. Vor allem,
weil bei uns viele Themen anstehen, die auch die FDP wirklich gut findet“,
sagt etwa der grüne Rechtspolitiker Helge Limburg. Auf der To-Do-Liste
steht zum Beispiel die Einführung von [10][Verantwortungsgemeinschaften,
durch die Unverheiratete, Freunde oder WG-Partner ähnliche Rechte erlangen
können wie Ehepartner].
## Gemeinsame Zielbestimmung
Auch im Innenausschuss harmonieren zumindest FDP und Grüne weiterhin
relativ gut, das gemeinsame Faible für Bürgerrechte schweißt zusammen. Der
stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Lukas Köhler spricht von einem
„kollegialen und herzlichen Miteinander“ mit seinen Kolleg:innen von den
anderen Fraktionen, auch wenn „die inhaltlichen Debatten manchmal hart“
seien, weil jeder seine Überzeugungen vertrete. Beim Dreikönigstreffen zu
Jahresbeginn hatte die Regierungsmannschaft der FDP eine regelrechte
Werbekampagne für die Ampel gestartet und der zweifelnden Basis ihre
Errungenschaften gepredigt: Steuerentlastungen, Einsparungen im Haushalt
und Privatisierungen. Dinge, die man so mit der Union nie durchgesetzt
bekommen habe, klappten nun mit SPD und Grünen.
Selbst bei teuren sozialpolitischen Prestigeprojekten sind geschmeidige
Einigungen möglich. Wie 2022 beim Bürgergeld, obwohl SPD und FDP sich den
„Sozialstaat“ total unterschiedlich vorstellen. Für die einen soll er ein
verlässlicher Partner sein, für die anderen eher ein Notfallsanitäter.
Doch siehe da: „Die Verhandlungen liefen von Anfang bis Ende sehr gut und
konstruktiv“, berichtet Martin Rosemann, der SPD-Obmann im Sozialausschuss.
„Wir kennen unsere Unterschiede und haben uns deshalb gleich zu Beginn
darauf verständigt, was uns verbindet. Nämlich das Ziel, Menschen dabei zu
unterstützen, einen produktiven Platz in der Gesellschaft zu finden.“
Die gemeinsame Zielbestimmung habe viel Streit abgeräumt. Und wenn sein
Kollege Jens Teutrine von der FDP sich zu Anträgen der Union äußere, die
bekanntlich fordert, das Bürgergeld wieder abzuschaffen, „dann kann ich
fast jedes Wort unterstreichen“, lobt Rosemann.
Auch bei der Kindergrundsicherung, dem sozialen Vorzeigeprojekt der Grünen,
läuft es gerade zwischen Grün und Gelb erstaunlich gut. Der entsprechende
Gesetzesentwurf war innerhalb des Kabinetts lange umstritten. Die grüne
Familienministerin Lisa Paus forderte zwölf Milliarden Euro für das
Projekt, Finanzminister Lindner gab ihr nur einen Bruchteil davon. Im
Bundestag, wo mittlerweile im nächsten Schritt über die Feinheiten des
Gesetzes verhandelt wird, bilden sich aber erstaunliche Allianzen.
## Mangel an Professionalität
„Die FDP geht in den Gesprächen durchaus konstruktiv mit der
Kindergrundsicherung um“, sagt Wolfgang Strengmann-Kuhn, der in der
Grünen-Fraktion für das Projekt verantwortlich ist. „Es gibt zwar
inhaltliche Differenzen, aber wenn es nur um die FDP ginge, könnten wir
zügig zu einer Einigung kommen.“ Möglichst unbürokratisch wolle seine
Partei die neue Sozialleistung gestalten. Dem könnten sich die Liberalen
grundsätzlich anschließen. Die SPD wolle hingegen stärker an bestehenden
Strukturen festhalten.
Doch auch das in der vergangenen Woche beschlossene Rentenpaket, das
SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil gemeinsam mit FDP-Finanzminister
Christian Lindner vorstellte, zeigt, dass sich die Ampel durchaus noch an
einen ihrer eingangs versprochenen Grundsätze erinnert: Gönnen können. Die
SPD konnte die Absicherung des Rentenniveaus auf 48 Prozent für sich
verbuchen, während die FDP sich für den Einstieg in die Aktienrente feiert.
Es gebe zwei Voraussetzungen dafür, dass eine Zusammenarbeit auch über
längere Zeit gut gelingen kann, meint Rosemann: Verlässlichkeit und die
Überzeugung aller Beteiligten, dass niemand zu kurz kommt. „Man muss in
einer solchen Dreierkoalition den anderen auch mal was gönnen können und
kann nicht immer alleine recht haben“. Wenn aber unterm Strich die Gräben
oft kleiner sind als gedacht – woher kommen dann all die Probleme in der
Ampel?
Aus Sicht von SPD-Abgeordneten mangelt es den beiden kleineren Partnern
mitunter an der nötigen Professionalität. Man merke die fehlende
Regierungserfahrung. Unter Genoss:innen heißt es, bei den Grünen gebe es
zum Teil die Haltung, immer im Recht zu sein, sodass getroffene
Vereinbarungen mit Verweis auf moralische Bedenken hinterfragt werden.
## Querschüsse von Hinterbänklern
Die FDP wiederum spiele Spielchen und verknüpfe Dinge, die nicht
zusammengehören, um möglichst gute Deals in ihrem Sinne abzuschließen. Dass
die FDP derzeit in Umfragen unter der Fünfprozenthürde liegt, macht es
nicht besser. Sie wirkt zunehmend getrieben und erratisch. Als Parteichef
und Finanzminister Christian Lindner [11][sogar den Sozialstaat in Frage
stellte und den Vorschlag machte, Sozialausgaben für drei Jahre
einzufrieren], trieb das Grüne und SPD auf die Barrikaden.
Lange Zeit gefiel sich die SPD in der Rolle der erwachsenen Dritten, die im
Hintergrund bleibt, während die beiden kleineren Koalitionspartner sich
streiten. Doch die Unbeliebtheit der Ampel reißt auch die
Sozialdemokrat:innen mit nach unten, momentan stehen sie nur noch
bei 15 Prozent, deutlich hinter der Union. In der SPD-Fraktion mahnt man
deshalb seit einiger Zeit einen Strategiewechsel an, will mehr Führung von
Kanzler Olaf Scholz sehen. Der Ampel fehle eine Spielidee, die vom
Führungsspieler konsequent umgesetzt werde, heißt es. „Bei uns geht’s
momentan eher zu wie auf dem Bolzplatz“, sagt eine führende Genoss:in.
Beobachten lässt sich das am Beispiel des Demokratiefördergesetzes, das
eine stetige finanzielle Unterstützung von Organisationen vorsieht, die
gegen Extremismus arbeiten. Als Reaktion auf die Demos gegen rechts stünde
es der Ampel gut zu Gesicht, das Gesetz zu verabschieden.
Im Bundestag steckt es allerdings schon seit über einem Jahr fest, obwohl
die zuständigen Verhandler gut miteinander können. Der grüne
Vize-Fraktionschef Konstantin von Notz und sein FPD-Kollege Konstantin
Kuhle waren schon lange vor Ampelzeiten Teil des grün-gelben
Gesprächskreises „Lebensstern“, benannt nach einer Bar in Berlin-Mitte, wo
die Treffen stattfanden.
Das größte Problem aber bleiben kommunikative Querschüsse, wie in diesem
Fall aus der FDP – mal von der Parteispitze, mal von Hinterbänklern, die
mit den Verhandlungen an sich gar nichts zu tun haben. Mitte Februar war es
der für seine Krawall-Rhetorik bekannte Abgeordnete Max Mordhorst, der
ankündigte, das Gesetz werde in dieser Form nicht kommen. Zur „Förderung
unter anderem von linken NGOs“ habe man kein Geld übrig. Eine Äußerung mit
Rückendeckung aus der Parteispitze? Öffentlich zurückgepfiffen wurde
Mordhorst jedenfalls nicht.
## Es geht nicht nur um Rhetorik
Bei den Grünen hat man sich vorgenommen, solche Konflikte nicht öffentlich
eskalieren zu lassen. Also ignorierten führende Grüne Mordhorst und ließen
nur eine einfache Abgeordnete reagieren. Als die Liberalen im März die
EU-Abstimmung zu den Lieferketten platzen ließen, war die Geduld aber
aufgebraucht. Die Außenministerin, die Fraktionschefin und deren
Stellvertreterin reagierten, auf breiter Front machten die Grünen ihrem
Ärger Luft: Das Vertrauen der EU-Partner sei in Gefahr.
Doch es geht nicht nur um Rhetorik. Immer wieder scheitert die Ampel daran,
Einigungen zu treffen oder sich an beschlossene Kompromisse zu halten. Die
Schuldzuweisungen gehen dabei munter hin und her – auch, weil drei Parteien
mit unterschiedlichen Funktionsweisen aufeinandertreffen.
Die Grünen funktionieren zwar längst hierarchischer als in ihren
Anfangszeiten, die unteren Ebenen haben aber weiterhin viel zu sagen. Wer
als Abgeordneter die Zuständigkeit für einen Gesetzesentwurf erhält, hat
relativ freie Hand. Heißt: Was er oder sie verhandelt, ist für die Fraktion
bindend. Sich selbst halten die Grünen daher für unglaublich zuverlässig –
im Gegensatz zur FDP. Die Liberalen werden von Parteichef Lindner viel
straffer geführt, manche Ampelpartner sprechen sogar von „sektenähnlichen
Zuständen“ bei den Liberalen.
Die Berichterstatter:innen der Fraktion hätten entweder kein
Verhandlungsmandat oder müssten sich hinterher die Zustimmung von oben
einholen. Dabei scheitern sie immer mal wieder. Im Einzelfall kann das aus
Sicht der Koalitionspartner zwar hilfreich sein, zum Beispiel, wenn man es
auf der Arbeitsebene mit außerordentlichen FDP-Hardlinern zu tun hat, die
von oben ein wenig eingehegt werden.
## Noch ein bisschen Groko-Blues
Oft läuft es aber umgekehrt, und Kompromisse werden von der Spitze
einkassiert. „Mit unseren direkten Gesprächspartnern in der FDP könnten wir
durchaus zusammenkommen. Aber die führen offenkundig auch nur aus, was von
oben kommt“, sagt ein Grüner zu den Verhandlungen über das
Demokratiefördergesetz.
In anderen Fällen werfen SPD und FDP den Grünen das Gegenteil vor: Dort
fehlt dem Spitzenpersonal häufig die Vertretungsmacht. Immer mal wieder
passiere es, dass die Fraktion Absprachen, die Robert Habeck als
Vizekanzler mit Scholz und Lindner getroffen hat, noch nachverhandelt.
Dieses Machtvakuum nervt SPD und FDP.
Da sei es in der Großen Koalition unter Merkel verlässlicher zugegangen,
hört man von langjährigen SPD-Abgeordneten. Also lieber zurück zu
Schwarz-Rot? Nein, nein bemühen sich Abgeordnete abzuwiegeln, die Union
habe am Ende nur noch blockiert, da kriege man mit FDP und Grünen deutlich
mehr hin. Ein bisschen Groko-Blues bleibt dennoch.
Im Haushaltsausschuss kennt man solche Querelen kaum. „Wir haben alle ein
unglaublich starkes Verhandlungsmandat“, berichtet SPD-Haushälter Dennis
Rohde. Er stimmt sich während der Verhandlungen zwar regelmäßig mit der
Fraktionsspitze ab, genießt aber ansonsten volle Rückendeckung. Ähnlich
viel Freiheit haben auch Fricke und Kindler. Und: Alle drei Haushälter
behandeln strittige Dinge so lange vertraulich, bis sie sich einig sind.
Auch gegenüber ihren Fraktionen.
## Haushaltsversammlungen schweißen zusammen
Das kann auch daran liegen, dass die drei seit Jahren im Haushaltsausschuss
arbeiten. Als Koalitionspartner sehen sie sich in den zwei Wochen vor
entscheidenden Bereinigungssitzungen täglich bis zu sieben Stunden,
inklusive der Wochenenden. Das schweißt zusammen. Sie wissen: Kriegt das
Parlament keinen gemeinsamen Haushalt hin, übernimmt der Finanzminister.
„Und wir sind alle drei selbstbewusste Parlamentarier“, sagt Rohde. „Wir
wollen zusammen ein Ergebnis erzielen.“
Trotzdem werden die anstehenden Haushaltsverhandlungen die Ampel auf die
Probe stellen. Bereits heute fehlen zweistellige Milliardenbeträge bei
Haushalt und Klimafonds, und die stagnierende Wirtschaft dämpft
Erwartungen. „Da kommt noch einiges auf uns zu“, meint Fricke. Doch das
Entscheidende in einer guten Beziehung sei nicht, dass man sich nicht
streite, „sondern am Ende wieder vertragen kann.“ Dass das unter den
Haushältern geht, bezweifelt er nicht.
Kann sich auch die restliche Ampel wieder vertragen? In der SPD ist man
skeptisch, will sozialdemokratische Vorhaben künftig stärker fokussieren.
Wie eine Reform der Schuldenbremse, welche die FDP vehement ablehnt. Also
durchhalten bis 2025 – aber was dann? Eine führende Sozialdemokratin
seufzt: „Jede andere Konstellation wäre ja noch bekloppter.“ In der SPD ist
man müde und bündnistreu zugleich. Denn Olaf Scholz hat derzeit nur eine
Option, um Kanzler zu bleiben: Die Ampel.
9 Mar 2024
## LINKS
[1] /Karlsruher-Urteil-zu-Klimafonds/!5969800
[2] /Bundesverfassungsgericht-greift-ein/!5945688
[3] /Rede-von-Lindner-bei-Bauernprotesten/!5983093
[4] /EU-Lieferkettengesetz/!5989125
[5] /Plan-fuer-Verantwortungsgemeinschaften/!5987239
[6] /Selbstbestimmungsgesetz-im-Bundestag/!5973044
[7] /Vor-Abstimmung-ueber-Cannabis/!5993985
[8] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2023/septe…
[9] https://www.rheingold-marktforschung.de/rheingold-studien/psychologische-wi…
[10] /Lebensmodell-Verantwortungsgemeinschaft/!5950424
[11] https://www.tagesschau.de/inland/lindner-moratorium-100.html
## AUTOREN
Anna Lehmann
Tobias Schulze
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