| # taz.de -- Demos gegen rechts: Deutschland unteilbar | |
| > Hunderttausende Menschen gehen auf die Straßen, um gegen | |
| > Rechtsextremismus zu demonstrieren. Bemerkenswert ist auch der Aufbruch | |
| > in Ostdeutschland. | |
| Bild: AfD stoppen: Viele Schilder waren auch auf der Demonstration am Samstag i… | |
| KÖLN/DRESDEN/FÜRSTENWALDE/SPREMBERG taz | Bunte Farben, Narrenmützen und | |
| tausende Menschen auf der Straße: Am Sonntagnachmittag erinnerte so einiges | |
| an den Kölner Karneval. Schilder wie „Lieber Solidarisch statt solide | |
| Arisch“ oder „Fck afd“ zeigten aber, dass es den Kölnerinnen und Kölner… | |
| weit mehr geht als die fünfte Jahreszeit. | |
| Zum zweiten Mal in dieser Woche demonstrierten Zehntausende für die | |
| Demokratie und Menschenrechte. Bereits am Dienstagabend kamen 30.000 | |
| Menschen. Das Bündnis „Köln stellt sich quer“ mobilisierte nun sogar 70.0… | |
| Menschen zur Deutzer Werft, das Motto: „Demokratie schützen, AfD bekämpfen. | |
| Neben der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) und | |
| verschiedenen anderen Vertretern aus der Politik sprach auch die | |
| stellvertretende Chefredakteurin des Recherchenetzwerks Correctiv, Anette | |
| Dowideit. Die Journalist*innen hatten das Geheimtreffen zu den | |
| Deportationsplänen recherchiert, das nun die Protestwelle ausgelöst hat. | |
| Mit so viel Zuspruch habe Dowideit nie gerechnet, betont sie: „Wir haben | |
| einfach nur unsere Arbeit gemacht.“ | |
| Bis zu 100.000 Menschen versammelten sich am Sonntag laut Polizeiangaben | |
| auf der Wiese vor dem Reichstag in Berlin. Angemeldet hatten die | |
| Veranstalter, unter anderem Fridays for Future, lediglich 1.000 | |
| Teilnehmer*innen. Sie sprachen am Sonntagnachmittag sogar von 350.000 | |
| Menschen. Es staute sich bereits ab 15 Uhr in den U-Bahn-Ausgängen zur | |
| Auftaktkundgebung. Die Menschen hatten Plakate dabei: „Es ist an der Zeit, | |
| es besser zu machen als unsere Urgroßeltern.“ Ein Rentnerpaar sagt: „Wenn | |
| wir jetzt nichts machen, ist es bald zu spät.“ | |
| Die größte bayerische Demo fand am Sonntagnachmittag in München statt. Ab | |
| 14 Uhr trafen sich am Siegestor im Zentrum Münchens laut | |
| Veranstalterangaben 250.000 Menschen, um unter dem Motto „Gemeinsam gegen | |
| rechts“ gegen AfD und Rechtsextremismus zu demonstrieren. Mit „25.000 plus | |
| X“ Teilnehmern hatte man zuletzt gerechnet. Gegen 15 Uhr wurde die Demo | |
| wegen Überfüllung schließlich abgebrochen. | |
| ## Schlossplatz in Dresden überfüllt | |
| Als „Hauptstadt der Bewegung“ wurde [1][Dresden von Pegida und anderen | |
| rechten Straßenhetzern seit zehn Jahren vereinnahmt]. Am Sonntag verdiente | |
| sich die sächsische Landeshauptstadt diesen Titel im positiven Sinn | |
| tatsächlich. Eine kaum schätzbare Menschenmenge, die Veranstalter sprachen | |
| von 40.000 Teilnehmern, übertraf wohl selbst frühere Pegida-Demonstrationen | |
| vor knapp zehn Jahren. | |
| Der Schlossplatz konnte die noch lange nach 14 Uhr heranströmenden Bürger | |
| nicht mehr fassen. Sie standen auf dem angrenzenden Theaterplatz vor der | |
| Semperoper, füllten die halbe Augustusbrücke, drängten die Brühlschen | |
| Terrassen hinauf. Es waren bei Weitem nicht nur demogewohnte junge Leute, | |
| die bereitwillig in Sprechchöre einstimmten. | |
| Die unterdimensionierte Lautsprecheranlage erreichte nur einen Teil der | |
| Demonstranten. „Dresden ist eben immer wieder für eine Überraschung gut“, | |
| meinte ein älterer Herr verschmitzt. Die Route des Demozugs musste aus | |
| logistischen Gründen kurzfristig geändert werden. Polizisten waren kaum zu | |
| sehen und wurden auch nicht gebraucht. | |
| Ebenso unüberschaubar war das breite Bündnis, dass zu der Demonstration | |
| gegen rechts aufgerufen hatte. Die ersten Reden kamen von Fridays for | |
| Future, „Herz statt Hetze“ und von „Dresden widersetzen“. Aber auch lin… | |
| Parteien, die Diakonie, der Kreuzkirchenpfarrer und viele andere | |
| Organisationen waren vertreten. | |
| Es klang anfangs sehr links und kapitalismuskritisch, vor allem bei Sänger | |
| Enno Bunger, wenn er hinter dem Erstarken des Rechtspopulismus | |
| Ungerechtigkeit, Superreiche und Machtkonzentrationen sieht. „Wer gegen | |
| Nazis protestiert, ist nicht links, sondern normal“, meinte hingegen eine | |
| Plakatträgerin. Andere Sprüche hielten es deftiger, indem sie Björn Höcke | |
| oder Alice Weidel [2][zur Remigration] aufforderten. Auch Kritik an der | |
| Berliner Ampel war zu sehen, wenn diese als „Erntehelfer der AfD“ | |
| bezeichnet wird. | |
| ## Viel beachtetes Theater in Zittau | |
| Eine Woche zuvor hatten sich an gleicher Stelle spontan etwa 2.000 Bürger | |
| versammelt, in Leipzig waren es 6.000. Dort und in weiteren sechs | |
| sächsischen Städten fanden an diesem Sonntag zeitgleich zur Dresdner | |
| Demonstration ebenfalls Kundgebungen gegen rechts statt. Darunter auch in | |
| Pirna, wo kurz vor Weihnachten der von der AfD aufgestellte Kandidat Tim | |
| Lochner zum Oberbürgermeister gewählt wurde. Sachsens Ministerpräsident | |
| Michael Kretschmer sprach in seinem Heimatwahlkreis Görlitz, einen Tag | |
| nachdem er von seiner CDU zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 1. | |
| September gewählt worden war. | |
| Im unweit von Görlitz gelegenen Zittau hatte am Samstagabend ein vom | |
| gesamten deutschen Feuilleton beachtetes Theaterstück des jungen Autors | |
| Lukas Rietzschel Premiere. „Das beispielhafte Leben des Samuel W.“ zeichnet | |
| anhand von Interviews den Aufstieg des AfD-Kandidaten Sebastian Wippel zum | |
| Beinahe-Oberbürgermeister von Görlitz 2019 nach. Es wird als Menetekel für | |
| die bevorstehenden Landtagswahlen in drei ostdeutschen Ländern gesehen. | |
| Auch auf dem Marktplatz in Fürstenwalde in Brandenburg, rund 40 Bahnminuten | |
| von Berlin entfernt, drängten sich am Sonntagnachmittag mehr als 500 | |
| Menschen. Sie waren gekommen, um Gesicht zu zeigen gegen Rechtsextremismus, | |
| gegen faschistisches Gedankengut, gegen die AfD. „Alle zusammen gegen den | |
| Faschismus“, stand auf einem Plakat geschrieben, „es ist 5 vor 33“ auf | |
| einem anderen, „AfD – auf keinen Fall, Digga“. Das Bündnis Offenes | |
| Steinhöfel hatte kurzfristig zur Kundgebung auf dem Marktplatz eingeladen. | |
| Teil des Bündnisses sind Vertreter:innen verschiedenster Projekte und | |
| Vereine in der Region, der evangelischen Kirche sowie Privatpersonen. Am | |
| Sonntag nahmen auch Parteivertreter von SPD, Linke und Grüne an der | |
| Demonstration teil. „Der Faschismus steht vor der Tür, Fürstenwalde“, | |
| mahnte eine der Redner:innen bei der Kundgebung eindringlich. „Die | |
| Warnsignale sind eindeutig“, sagte der evangelische Pfarrer Kevin Jessa in | |
| seinem Beitrag. „Ich habe die Hoffnung, dass unsere Demokratie, unser fast | |
| 75-jähriges Grundgesetz das aushalten.“ | |
| 21 Jan 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Muslimhass-in-Dresden/!5027791 | |
| [2] /Unwort-des-Jahres-ist-Remigration/!5985316 | |
| ## AUTOREN | |
| Johanna Treblin | |
| Michael Bartsch | |
| Tanja Tricarico | |
| Laura Verseck | |
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