# taz.de -- Bundeskanzler tourt durch Sachsen: Mit Scholz in der Straßenbahn | |
> Der Bundeskanzler besucht auf seiner Sachsen-Tour auch ein | |
> Demokratieprojekt in der Tram. Was dessen Gründerin ihren Fahrgast gern | |
> fragen will. | |
Bild: Am Donnerstag unterwegs in Dresden: Kanzler Olaf Scholz | |
Dieser Text ist Teil unserer [1][Berichterstattung zu den Kommunal- und | |
Landtagswahlen 2024] in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. [2][Die taz | |
zeigt, was hier auf dem Spiel steht:] Wer steht für die Demokratie ein? | |
Welche Agenda verfolgen Rechte? Welche Personen und Projekte fürchten um | |
ihre Existenz? | |
BERLIN taz | Am Tag vor dem Besuch des Bundeskanzlers ist Kristina Krömer | |
wie gewöhnlich an ihrem Arbeitsplatz in der Straßenbahnlinie 8 unterwegs. | |
Nicht zum Fahren, sondern zum Quatschen. Die Dresdnerin lädt Fahrgäste zum | |
Diskutieren ein: Über [3][den Klimawandel] und die Konsequenzen für den | |
Lebensstil oder über den Umgang mit Flucht und Migration. „Aufsuchende | |
Demokratiearbeit“ nennt Krömer das. | |
Vor fünf Jahren hat sie mit Gleichgesinnten den Verein metro_polis | |
gegründet, mit dem Ziel Menschen zum Diskurs einzuladen. Zunächst sei es | |
einfach darum gegangen zu erfahren, was die Menschen bewegt, mittlerweile | |
ist man bei schwierigeren Themen angelangt. „Wir müssen reden, und zwar | |
ohne uns anzuschreien oder uns gleich zu verurteilen“, begründet Krömer am | |
Telefon ihr Engagement. „Wir leben in schwierigen Zeiten der | |
Transformation, und das Gespräch ist entscheidend, damit die Leute sich am | |
Ende auch an dieser beteiligen.“ | |
Die Fahrgäste sollen also die Fahrt nutzen, sich mit ihren | |
Sitznachbar:innen auszutauschen und über den eigenen geistigen | |
Tellerrand zu schauen. Die Dresdner Verkehrsbetriebe stellen dafür die | |
hinteren Sitzplätze der Straßenbahn bereit. | |
Am Donnerstagnachmittag steigt also Olaf Scholz zu. Das Bundeskanzleramt | |
hat sich quasi selbst eingeladen und bei metro_polis angefragt. Seitdem das | |
Projekt im vergangenen Jahr mit dem Deutschen Engagementpreis ausgezeichnet | |
worden ist, bekommt es auch überregional Aufmerksamkeit. | |
Einen Tag lang touren der Bundeskanzler und sein Tross durch Sachsen. | |
Scholz besucht die Elbe Flugzeugwerke, die Uhrenfabrik Nomos-Glashütte im | |
osterzgebirgischen Glashütte, am Abend stellt er sich den Fragen von 150 | |
Dresdner Bürger:innen. Sachsen ist kein leichtes Pflaster für den | |
Sozialdemokraten – die AfD führt seit Monaten die Umfragen, die SPD ist | |
zwar an der Regierung beteiligt, [4][krebst aber im einstelligen Bereich | |
herum.] | |
## „Viele sind vom Thema erschöpft“ | |
Am Nachmittag macht Scholz Station im Dresdner Straßenbahnhof und wird dort | |
mit Menschen sprechen, die bereits an der rollenden Diskursveranstaltung | |
von metropolis teilgenommen haben. | |
Geplant war eigentlich ein Gespräch in einer fahrenden Bahn, aber das | |
scheiterte an den Sicherheitsauflagen. Scholz nimmt sich immerhin 45 | |
Minuten Zeit, deutlich mehr als die 11 Minuten, die ein Gespräch, wie es | |
Krömer sonst in der Tram führt, in der Regel dauert. Das Thema am | |
Donnerstagnachmittag: Gesellschaftlicher Zusammenhalt und wie die | |
Demokratie weiterentwickelt werden kann. „Olaf Scholz hat hoffentlich die | |
Dringlichkeit erkannt, dass es viel mehr Kommunikation in und mit der | |
Bevölkerung geben muss“, sagt Krömer. | |
Sie weiß, wie schwierig das ist. Um einen Gesprächsgast zum Thema Klima | |
oder Migration zu gewinnen, müsse sie in der Regel 10 Fahrgäste ansprechen, | |
erzählt Krömer. „Viele Menschen sind vom Thema erschöpft, einige sagen uns | |
„Seid Ihr von den Grünen – geht weg“ oder „Geht doch lieber arbeiten.�… | |
mit etwa 300 Menschen kommen die sechs Teammitglieder jeden Monat ins | |
Gespräch. Seit August auch in Leipziger Straßenbahnen. | |
Gern würde metro_polis das Projekt auf andere Städte ausweiten und neue | |
Formate entwickeln, um auch nach der Fahrt im Gespräch zu bleiben. Doch | |
dafür braucht es eine verlässliche Finanzierung. Deshalb möchte Krömer den | |
Bundeskanzler dringend fragen, wann endlich [5][das Demokratiefördergesetz] | |
kommt. | |
Das Gesetz soll es dem Bund erlauben, Inivitativen, die Zivilgesellschaft | |
fördern und Extremismus vorbeugen, dauerhaft zu finanzieren. Der Bundestag | |
hat es im vergangenen Jahr in erster Lesung debattiert, doch wann es | |
verabschiedet wird, ist unklar. „Das Gesetz würde unsere Arbeit und die | |
anderer Initiativen enorm erleichtern“, sagt Krömer. Auf die Antwort des | |
Kanzlers ist sie gespannt. | |
29 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Wahlen-in-Ostdeutschland-2024/!t5993946 | |
[2] https://blogs.taz.de/hausblog/was-auf-dem-spiel-steht/ | |
[3] /Schwerpunkt-Klimawandel/!t5008262 | |
[4] /SPD-in-Sachsen-vor-der-Landtagswahl/!5983631 | |
[5] /Ungeklaerte-Haushaltslage/!5976077 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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