# taz.de -- Erneuerbare Energien: Solarmodulfabrik vor dem Ende | |
> Das Unternehmen Meyer Burger schließt den Standort in Sachsen und | |
> investiert lieber in den USA. Dort gibt es üppige Förderungen. | |
Bild: In Freiberg ist Schluss mit der Produktion von Solarmodulen, weiter geht'… | |
freiberg taz | Das Schweizer Solarunternehmen Meyer Burger hat am Freitag | |
angekündigt, mit den Vorbereitungen für die Schließung ihrer | |
Modulproduktion im sächsischen Freiberg zu beginnen. Bereits in der ersten | |
Märzhälfte soll die Produktion eingestellt werden, Ende April soll der | |
Standort geschlossen sein. Zugleich plant das Unternehmen eine | |
Kapitalerhöhung um seine in Bau befindlichen US-Werke – eine Modulfabrik in | |
Arizona und eine Zwei-Gigawatt-Zellfabrik in Colorado – fertigzustellen. In | |
einer außerordentlichen Generalversammlung am 18. März soll darüber | |
entschieden werden. | |
In den USA sind die Konditionen für das Solarunternehmen deutlich | |
günstiger. Dort rechnet die Firma mit 1,4 Milliarden US-Dollar, die sie | |
alleine in Form, von zukünftigen US-Steuergutschriften unter dem | |
[1][Inflation Reduction Act] erhalten könnte. Darüber hinaus strebe man | |
eine Finanzierung durch einen Advanced Manufacturing Production Tax Credit | |
in Höhe von bis zu 300 Millionen Dollar, so wie ein vom | |
US-Energieministerium garantiertes Darlehen in Höhe von 200 bis 250 | |
Millionen Dollar an, heißt es in der aktuellen Börsenmitteilung des | |
Unternehmens. | |
Für die deutsche Bundesregierung ist die Ankündigung ein schwerer Schlag, | |
denn seit Monaten schon hatten [2][Vertreter der Branche vor einem Ende der | |
hiesigen Solarfertigung gewarnt]. Die deutschen Modulhersteller seien | |
chinesischen Wettbewerbern „schutzlos ausgeliefert“, da diese ihre Module | |
„durch massive staatliche Unterstützung zu Preisen unter den eigenen | |
Herstellungskosten in Europa verkaufen“ könnten, hatte es bereits im | |
vergangenen Jahr aus dem Unternehmen Meyer Burger geheißen. | |
Zwischenzeitlich haben auch andere deutsche Modulhersteller, wie Solarwatt | |
und Heckert Solar, ihre Produktion gedrosselt und vor Schließungen gewarnt. | |
Die Traditionsfirma Meyer Burger stammt ursprünglich aus der | |
Uhrenindustrie, deren Rubine und Saphire sie nach ihrer Gründung 1953 | |
sägte. Um die Jahrtausendwende fand das Unternehmen zur Solarbranche, weil | |
es mit seinen hochpräzisen Drahtsägen auch die dünnen Siliziumscheiben | |
(„Wafer“) fertigen konnte, aus denen Solarzellen prozessiert werden. | |
## USA biete mehr Schutz vor Wettbewerbern | |
Der größte Einzelaktionär der Firma mit Sitz in Thun im Kanton Bern ist | |
heute mit rund zehn Prozent Anteil die Firma Sentis Capital Cell 3 PC, | |
hinter der der russische Oligarch Pyotr Kondrashev steht. Auch Sentis hat | |
sich schon bereit erklärt, weiter in die Firma und ihre US-Aktivitäten zu | |
investieren, denn das politische System der Vereinigten Staaten habe | |
„mehrfach bewiesen, dass es ein starkes überparteiliches Engagement gibt, | |
um in den USA ansässige Unternehmen vor unlauterem Wettbewerb zu schützen“. | |
Dieser Schutz fehle in Europa. | |
Während aus dem Bundeswirtschaftsministerium kurzfristig keine | |
Stellungnahme zur Ankündigung von Meyer Burger zu bekommen war, übte die | |
Opposition umgehend heftige Kritik an der Ampelregierung. Andreas Jung, | |
energiepolitischer Sprecher der CDU, kritisierte, dass diese „sehenden | |
Auges solche Investitionsentscheidungen gegen Deutschland in Kauf“ nehme. | |
Zwar habe die Bundesregierung noch am Mittwoch im Energieausschuss die | |
Dringlichkeit von Maßnahmen beschrieben und die Vereinbarkeit mit EU-Recht | |
bestätigt – etwa Boni im EEG für europäische Anlagenkomponenten oder eine | |
KfW-Förderung. Doch zur Umsetzung habe die Regierung im Ausschuss nichts | |
gesagt. | |
Die Linkspartei ließ unterdessen per Pressemitteilung verlauten, man könne | |
„wirklich keinem vernünftigen Menschen mehr erklären, warum diese Regierung | |
die strategisch wichtige Zukunftsindustrie der Solarproduktion samt | |
Arbeitsplätzen in der Energiewende den Bach heruntergehen lässt“. | |
Auf Förderung drängt auch Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des | |
Bundesverbands Solarwirtschaft: „Ohne eine förderpolitische Flankierung für | |
die Aufbauphase solarer Giga-Fabriken besteht keine Chance, eine | |
international wettbewerbsfähige Produktion von Solarmodulen und ihren | |
Vorprodukten in Deutschland aufzubauen.“ | |
23 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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nach. |