# taz.de -- Einigung auf „Solarpaket 1“: Strom einfach vom Balkon | |
> Lange tat sich nichts beim „Solarpaket 1“ der Ampel-Regierung. Jetzt soll | |
> es kommen. Was heißt das für Fans von Privatsolaranlagen und Mieterstrom? | |
Bild: Balkonkraft? Ja, bitte! Sagen zumindest die Mieter:innen dieser Wohnung | |
Worum geht es eigentlich beim „Solarpaket 1“? | |
Die Bundesregierung hat sich auf ihr [1][„Solarpaket 1“] geeinigt, das | |
zuvor lange in den Beratungen der Ressorts feststeckte. Nun läuft die | |
Detailarbeit in den Ausschüssen, damit noch im Laufe der kommenden Woche | |
der Bundestag und am Freitag der Bundesrat darüber entscheiden können. | |
Während sich bei Einzelfragen noch Änderungen ergeben können, ist die | |
Stoßrichtung deutlich: Der Anschluss von Balkonkraftwerken soll erleichtert | |
werden, auch für Mieterstrommodelle sollen Hürden wegfallen. [2][Ein | |
Balkonkraftwerk ist eine kleine Photovoltaikanlage, die aus ein bis zwei, | |
manchmal vier Solarmodulen besteht]. Ein Wechselrichter wandelt den | |
Gleichstrom in netzkompatiblen Wechselstrom um und begrenzt unter | |
Umständen, wie viel Leistung in den Hausstrom eingespeist wird. | |
Was bringt das Paket Leuten, die ein Balkonkraftwerk wollen?Vor allem die | |
Anmeldung soll leichter werden. Bisher mussten die Module, die inzwischen | |
viele Mieter an ihre Balkonbrüstung schrauben und über die Steckdose | |
anschließen, beim örtlichen Netzbetreiber angemeldet werden. In Zukunft | |
soll die Anmeldung beim Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur | |
ausreichen. Die soll im Gegensatz zu fest installierten Dachanlagen auf | |
wenige Angaben beschränkt sein. Außerdem soll der Betrieb der | |
Steckersolargeräte für eine Übergangszeit auch ohne den sofortigen | |
Austausch des Stromzählers erlaubt sein. Die Installation einer modernen | |
Messeinrichtung kann dann später erfolgen und wird vom zuständigen | |
Messstellenbetreiber veranlasst. Also in der Regel vom ortsansässigen | |
Stromunternehmen. | |
Was gibt es Neues beim Mieterstrom? | |
[3][Bislang war es recht kompliziert, wenn man als Vermieter den Bewohnern | |
eines Mehrfamilienhauses den günstigen Solarstrom vom Dach zugänglich | |
machen wollte]. | |
Künftig soll das einfacher sein, sofern der Strom nicht durchs Netz | |
geleitet wird, sondern im Gebäude oder einer Nebenanlage des Gebäudes | |
bleibt. Explizit erwähnt wird im Gesetzentwurf auch die Zulässigkeit der | |
Zwischenspeicherung. Einige Pflichten, die das Energiewirtschaftsgesetz den | |
normalen Stromversorgern auferlegt, sollen für die Belieferung mit | |
Mieterstrom aufgehoben werden. | |
Welche Leistung darf man künftig ins Haushaltsnetz einspeisen? | |
Bislang liegt die Grenze bei 600 Watt, was zumeist zwei Modulen entspricht. | |
Künftig sollen bis zu 800 Watt zulässig sein, wobei hiermit explizit die | |
Wechselrichterleistung gemeint ist. Die Leistung der Solarmodule darf | |
künftig sogar bis zu 2 Kilowatt betragen, sofern sichergestellt ist, dass | |
die Anlage zu keinem Zeitpunkt mehr als die genannten 800 Watt ins Hausnetz | |
einspeist. Eine Motivation, die Modulleistung trotzdem deutlich höher | |
auszulegen als die Leistung des Wechselrichters, könnte darin bestehen, | |
dass man damit die Zahl der Stunden erhöht, in denen man tatsächlich die | |
zulässigen 800 Watt verfügbar hat. | |
Der Solarstrom deckt oft nur einen Teil des Hausbedarfs. Was ist mit dem | |
restlichen Bedarf? | |
Das Gesetz regelt laut Entwurf explizit, dass „der Betreiber der | |
Gebäudestromanlage“ nicht verpflichtet ist, die umfassende Versorgung mit | |
Strom sicherzustellen. Die Bewohner können (und müssen) sich daher einen | |
ergänzenden Stromversorger suchen. Sie haben das Recht auf einen | |
Lieferanten ihrer Wahl. Damit wird klargestellt, dass die Nutzung des | |
Solarstroms vom Dach nicht an einen bestimmten Lieferanten für den | |
Zusatzstrom gekoppelt werden darf. Ganz pragmatisch heißt es im | |
Ampel-Gesetzentwurf zudem: „Bei einer Beendigung des Mietverhältnisses | |
endet der Mieterstromvertrag, ohne dass es einer ausdrücklichen Kündigung | |
bedarf, mit der Rückgabe der Räume.“ | |
Welche Technik brauche ich, um als Mieter Solarstrom vom Hausdach nutzen zu | |
können? | |
Unabdingbar ist ein Zähler, der die Verbrauche aller teilnehmenden | |
Haushalte viertelstündlich erfasst. Das klingt nach Bürokratie, ist aber | |
den physikalischen Gegebenheiten geschuldet, denn es muss rechnerisch ein | |
Weg gefunden werden, um die schwankenden Solarstrommengen, die vom Dach | |
kommen, auf die einzelnen Verbraucher aufzuteilen. Dazu müssen der | |
Betreiber der Anlage und die Hausbewohner einen Aufteilungsschlüssel | |
definieren. Die Viertelstundenmessung resultiert daraus, dass die deutsche | |
Stromwirtschaft ihre Abrechnungen – auch bei Gewerbekunden – auf diesen | |
Takt stützt. | |
Was ändert sich für große, fest installierte Photovoltaikanlagen auf dem | |
Dach? | |
Das „vereinfachte Netzanschlussverfahren“, das bisher Anlagen bis 10,8 | |
Kilowatt installierter Leistung betraf, soll auf Anlagen bis 30 Kilowatt | |
ausgeweitet werden. Wenn für das Grundstück bereits ein Netzanschluss | |
vorhanden ist und der zuständige Netzbetreiber nicht innerhalb eines Monats | |
zu dem Netzanschlussbegehren Stellung nimmt, kann die Anlagen von anderen | |
dazu befähigten Personen angeschlossen werden. Mehr Geld gibt es für | |
Solaranlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 40 Kilowatt; der | |
garantierte Vergütungssatz soll hier um 1,5 Cent je Kilowattstunde | |
angehoben werden. Allerdings soll die fixe Vergütung künftig nur noch | |
Anlagen bis 750 Kilowatt zugutekommen, denn ab dieser Leistungsgrenze | |
müssen die Dachanlagen künftig an den Ausschreibungen der Bundesnetzagentur | |
teilnehmen. Aktuell liegt die Grenze bei einem Megawatt. | |
Was ändert sich mit dem Gesetzpaket für die Speicherung des hauseigenen | |
Solarstroms? | |
In der Vergangenheit haben Solarfreunde oft kritisiert, dass | |
Solarstromspeicher im Haus nur mit Strom aus erneuerbaren Energien befüllt | |
werden dürfen. Im neuen Solarpaket wird dieses Ausschließlichkeitsprinzip | |
neu geregelt: Speicher sollen künftig auch durch Speicherung von Netzstrom | |
einen Beitrag zur Stabilität des Stromsystems leisten können. Die Branche | |
nennt diese flexible Betriebsweise von Stromspeichern auch „multi-use“. | |
Nach dem Gesetzentwurf der Ampel können Speicherbetreiber zum Beginn eines | |
Kalendermonats den Betriebsmodus ihres Speichers neu definieren. Die | |
Komplexität dieses Verfahrens – schon allein die bizarr anmutende | |
Formulierung des Vorgangs im Gesetzentwurf – dürfte den Wechsel für die | |
Betreiber typischer Heimspeicher aber in den meisten Fällen unattraktiv | |
machen. | |
20 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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