# taz.de -- Strompreis für die Industrie: Zusammen subventionsbereit | |
> Robert Habeck, verschiedene Gewerkschaften und der BDI machen Druck beim | |
> Industriestrompreis. Sie wollen energieintensive Branchen im Land halten. | |
Bild: Habeck und die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi auf der Industriekonferenz i… | |
BERLIN taz | Gewerkschaften, der Bundesverband der Deutschen Industrie | |
(BDI) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) haben ihre | |
Forderung nach Einführung eines verbilligten Strompreises für | |
energieintensive Unternehmen erneuert. „Wir können uns kein Zögern und | |
keinen Zeitverlust mehr leisten“, sagte Habeck am Dienstag auf einer | |
Industriekonferenz, die sein Haus in Berlin ausgerichtet hat. | |
Habeck hat in der vergangenen Woche [1][eine neue Industriestrategie | |
vorgelegt]. Darin wird die Lage angesichts des Umbaus zu einer | |
klimaneutralen Produktion, aktueller Krisen und nach dem Angriff Russlands | |
auf die Ukraine analysiert. „Ja, die Herausforderungen sind groß, aber wir | |
werden nicht als Verlierer vom Platz gehen“, sagte er. Der | |
Wirtschaftsminister setzt auf eine aktive Industriepolitik und massive | |
staatliche Unterstützung. Dazu gehört der massive Ausbau der erneuerbaren | |
Energien. Außerdem sollen Unternehmen rund 50 Milliarden Euro an Förderung | |
in den kommenden vier Jahren bekommen. | |
Zentraler Punkt der Industriestrategie ist ein [2][Industrie- oder | |
Brückenstrompreis]. Dazu hatte Habeck schon im Frühjahr ein Konzept | |
vorgelegt. Weil viele Betriebe unter den hohen Energiepreisen leiden, | |
sollen es beim Strom Vergünstigungen geben – zumindest für energieintensive | |
Branchen. Das soll allerdings nur bis 2030 gelten. Dann sollen die | |
erneuerbaren Energien so weit ausgebaut sein, dass die Preise von allein | |
niedrig sind. Daher auch der Name „Brückenstrompreis“. Bislang sind | |
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die FDP dagegen. | |
Beim BDI und bei Gewerkschaften trifft Habeck aber auf Zustimmung. „Es | |
braucht jetzt konkrete Entscheidungen“, sagte der BDI-Präsident Siegfried | |
Russwurm. Das sieht auch die IG Metall so. „Die Bundesregierung führt seit | |
Monaten eine Debatte darüber, ohne dass ein Ergebnis in Sicht wäre“, sagte | |
Gewerkschaftsvorstand Jürgen Kerner. Aluhütten stellten die Produktion ein, | |
Insolvenzverwalter berichteten von zunehmenden Pleiten. „Wenn wir nicht | |
schnell handeln, ist dieser Prozess nicht aufzuhalten“, sagte er. Für den | |
24. November rufen die IG Metall und die IG Bergbau, Chemie, Energie zu | |
einem Aktionstag für den Industriestrompreis auf. | |
## Großes Subventionspaket in den USA | |
Auch die SPD-Bundestagsfraktion und die Ministerpräsidenten der Länder sind | |
für einen Industriestrompreis. Sie eint die Furcht davor, dass | |
energieintensive Branchen abwandern. Hinzu kommt die Furcht, dass | |
europäische Unternehmen im Wettbewerb zwischen China und den USA zerrieben | |
werden. China fördert seine Industrie im Allgemeinen sehr stark. Die USA | |
haben ein [3][großes Subventionsprogramm namens IRA (Inflation Reduction | |
Act) in Höhe von 430 Milliarden Dollar] zur Förderung unter anderem | |
erneuerbarer Energie aufgelegt. | |
Auf der Konferenz bemühte sich der Vize-Finanzminister der USA, Wally | |
Adeyeme, Bedenken zu zerstreuen, dass sich der IRA gegen die europäische | |
Wirtschaft richtet. Das Programm sei kein Wendepunkt zum Protektionismus, | |
betonte er. Die Subventionen im Zuge des IRA erfolgen über | |
Steuergutschriften, um schnell Anreize für Investitionen in klimaneutrale | |
Energien zu schaffen. Bislang seien bereits 200 Milliarden Euro investiert, | |
berichtete er. Das Geld sei in mehr als 110 Projekte geflossen, etliche in | |
Regionen mit wenig Industrie. Mithilfe der Investitionen würden die Kosten | |
für klimafreundliche Technologien um 25 Prozent gesenkt, sagte er. Davon | |
würden nicht nur die USA profitieren. | |
Nach Auffassung der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi muss es in Deutschland | |
darum gehen, den gesamten Industrieverbund zu erhalten. „Wenn wir | |
Ankertechnologien verlieren, bricht mehr weg als Arbeitsplätze“, sagte sie. | |
Dabei dürfte die Wirtschaft nicht aus der Pflicht gelassen werden. | |
Allgemeine Subventionen hält sie für falsch. Stattdessen müsse es gezielte | |
Vereinbarungen geben, durch die gute Arbeitsplätze entstehen. „Das macht | |
der IRA auch“, sagte sie. | |
31 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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