# taz.de -- Vorstoß von Robert Habeck: Billigstrom für Industrie | |
> Der Bundeswirtschaftsminister will Industriefirmen bei den Stromkosten | |
> entlasten. Die ganze Ampel-Regierung hat er dabei nicht hinter sich. | |
Bild: Billiger Strom für die Industrie fordert das Wirtschaftsministerium | |
BERLIN taz | Der Staat soll Industrieunternehmen den Strompreis auf sechs | |
Cent pro Kilowattstunde heruntersubventionieren – das schlägt | |
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor. Die Förderung könnte | |
bis 2030 laufen, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten [1][Konzept]. | |
Gleichzeitig plädiert die grüne Bundestagsfraktion dafür, die staatliche | |
Hilfe beim Heizungstausch für Privathaushalte mit niedrigen Einkommen auf | |
bis zu 80 Prozent der Kosten zu erhöhen. | |
Dem Wirtschaftsministerium geht es darum, energieintensive Unternehmen zu | |
unterstützen, die im internationalen Wettbewerb stehen. Als Beispiele | |
werden in dem sechsseitigen Konzept die „Chemie-, Stahl-, Metall-, Glas- | |
oder Papierindustrie“ genannt, außerdem Firmen, die hohe Kosten bei der | |
Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energie zu tragen haben. | |
In solchen Fällen solle der Staat „bei Börsenstrompreisen über sechs Cent | |
pro Kilowattstunde die Differenz erstatten“. Die Förderung würde aber auf | |
80 Prozent des Jahresverbrauchs der jeweiligen Firma begrenzt, um den | |
Anreiz zum Energiesparen zu beizubehalten. | |
Die Initiative wird unter anderem mit dem „Energiepreisschock“ infolge des | |
russischen Angriffs auf die Ukraine begründet. Noch jahrelang sei nun davon | |
auszugehen, dass die hiesige Industrie Strompreise von bis 15 Cent pro | |
Kilowattstunde zahlen müsse, während sie früher bei sieben Cent oder | |
darunter lagen. Ohne Eingreifen gefährde das die Firmen, die Arbeitsplätze | |
und den Wohlstand des Landes. | |
## Stromsubvention würde viele Milliarden kosten | |
Mit dem sogenannten Industriestrompreis will Habeck eine Nachfolgeregelung | |
[2][für die Strompreisbremse] schaffen, die im kommenden Jahr ausläuft. Die | |
Begünstigung der Industrie würde ähnlich gestaltet, wie es früher schon bei | |
der Umlage nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) praktiziert wurde. | |
Die Kosten der Stromsubvention zulasten des Bundes beziffert das | |
Wirtschaftsministerium auf etwa „25 bis 30 Milliarden Euro bis 2030“. | |
Decken ließen sie sich aus dem Fonds zur Stabilisierung der Wirtschaft | |
(WSF), einem schuldenfinanzierten Sondervermögen neben dem Bundeshaushalt, | |
aus dem auch die Ausgaben für die Strompreisbremsen bezahlt werden. | |
Damit steht der Bundesregierung jetzt die nächste Auseinandersetzung bevor. | |
Während beispielsweise SPD-Chef Lars Klingbeil einen staatlich finanzierten | |
Industriestrompreis befürwortet, steht Finanzminister Christian Lindner | |
(FDP) dem Konzept kritisch gegenüber. Er meint, die Mittel des WSF seien | |
zweckgebunden und könnten nun nicht einfach umgewidmet werden. | |
## Experte warnt vor Überförderung der Industrie | |
Positiv findet der Verband der Chemischen Industrie das Habeck-Konzept: | |
„Daumen hoch, das ist ein wichtiges Signal.“ Der Industriestrompreis müsse | |
„schnell und unbürokratisch kommen“. Yasmin Fahimi, die Vorsitzende des | |
Deutschen Gewerkschaftsbundes, lobte die Deckelung von sechs Cent für 80 | |
Prozent des Bedarfs als „angemessen und ausgewogen“. | |
„Deutschland begibt sich mit dem Industriestrompreis in den | |
Subventionswettlauf“, mahnte dagegen Ökonom Achim Wambach. Er ist Mitglied | |
im Wissenschaftlichen Beirat des Wirtschaftsministeriums. „Es besteht die | |
Gefahr einer Überförderung“, so Wambach. | |
Die sechs Cent nennt Habeck einen „Brückenstrompreis“. „Dauersubventionen | |
passen nicht zu unserer Wirtschaftsordnung, und wir können sie auch nicht | |
durchhalten“, heißt es im Papier. Nach 2030 soll die umfangreiche | |
Subvention wegfallen und marktwirtschaftlicheren Mechanismen Platz machen. | |
Dazu gehören Direktabnahmeverträge beispielsweise zwischen Solarparks und | |
Windanlagen sowie benachbarten Industrieunternehmen, bei denen niedrigere | |
Netzentgelte den Strompreis drücken könnten. Eine weitere Variante sind | |
sogenannte Differenzverträge zwischen Staat und Wirtschaft, bei denen im | |
Falle hoher Preise zwar Subventionen fließen, die Firmen diese bei | |
niedrigen Preisen aber auch wieder zurückzahlen müssen. | |
## Grünen-Vorstoß zur Wärmepumpenförderung | |
Am selben Tag wie Habeck präsentierte die grüne Fraktionsspitze im | |
Bundestag ein Konzept für die bessere Unterstützung von Privathaushalten | |
beim [3][Austausch fossiler Heizungen] gegen ökologische Wärmepumpen. | |
Katharina Dröge, Julia Verlinden und Andreas Audretsch plädieren dafür, die | |
Förderung auf bis zu 80 Prozent der Kosten anzuheben, wenn die | |
Immobilienbesitzer nur Jahreseinkommen von bis zu 20.000 Euro | |
erwirtschaften. | |
Der Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes sieht bisher eine Förderung von | |
maximal 50 Prozent vor. Nach dem Vorschlag der Grünen sollen die Zuschüsse | |
zum Heizungstausch sozial gestaffelt werden und mit höheren Einkommen | |
abnehmen. 30 Prozent Förderung würden aber alle erhalten, die ihre Heizung | |
austauschen. Aus der FDP kam Zustimmung. | |
5 May 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2023/05/20230505-habeck… | |
[2] /Preisbremse-fuer-Gas-und-Strom/!5890168 | |
[3] /Waermwende-in-Deutschland/!5923309 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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