# taz.de -- Kunst von Etel Adnan: In Farbe schreiben | |
> Unsere Autorin verliert sich in den Gemälden und Gedichten von Etel | |
> Adnan. Und erinnert sich dabei an nasse Wiesen und das tobende Meer in | |
> Irland. | |
Bild: Die libanesisch-amerikanische Malerin und Dichterin Etel Adnan in der Ser… | |
Liebe Etel Adnan, schon dein Name ist so klangvoll wie deine Gedichte. Im | |
Band „Sturm ohne Wind“, der deine Gedichte, Prosa und Essays versammelt und | |
den ich vor zwei Jahren anlässlich deiner [1][Retrospektive] las, die von | |
München nach Düsseldorf wandern würde, lag noch ein Lesezeichen. Es ist ein | |
[2][Zugticket] von Dublin nach Killarney, das ich löste, als ich mit meinen | |
Schwestern, meiner Tante und meiner Mutter nach Irland unterwegs war, | |
dieses Land mit den nassen Wiesen, dem tobenden Meer und den wilden Felsen, | |
in das meine Mutter immer reisen wollte. | |
Ich war furchtbar erkältet, aber über dich zu schreiben – und das Buch „D… | |
Stille verschieben“, das du gegen Ende deines fast hundertjährigen Lebens | |
schriebst, zu lesen – war mir eine solche Ehre und die stürmischen Wellen | |
vor dem Fenster eine solche Kraft, dass ich mich durch den Nebel hindurch | |
in die Nähe deines Werkes schrieb. | |
Monate später kam ich deinen Ölfarben, Tapisserien und leuchtenden | |
Wandtapeten nun noch einmal in Berlin ganz nah, wo das KINDL Kunstzentrum | |
die Ausstellung [3][„Etel Adnan & Simone Fattal. Voices without borders“] | |
zeigt. In dem Gebäude ist heute ein Café, das Café Babette. Ich saß dort | |
einmal für eine Performance in einem der Brauereikessel, die dort noch | |
stehen. | |
Ich hatte einen Strahler in orangenes Licht gehüllt und tippte auf einer | |
Schreibmaschine Gedichte, die nur so aus mir herausflossen. Das Schreiben | |
muss durch das Licht gekommen sein. Aber das muss ich dir nicht erklären, | |
denn dass die Zeit orange ist, habe ich auch durch deine Malerei gelernt. | |
## Starke Synergien | |
Die Synergie, die Simone Fattal und du im Zusammenwirken eurer Werke hier | |
entwickelt, ist die von Virginia Woolf & Vita Sackville-West, von Getrude | |
Stein & Alice B. Toklas, von Lili Elbe & Gerda Wegener, von Susan Sontag & | |
Annie Leibovitz, von Julie Mehretu & Jessica Rankin. Die Sprache ihrer | |
Liebe liegt im Schreiben eines Epos; einer umgekehrten Autobiographie; | |
eines gemalten Porträts; einer Fotografie, auch im Tod; einer Freundschaft, | |
die das Ende einer Beziehung überdauert, weil nur die eine den ersten Blick | |
auf die Kunst der anderen werfen kann. | |
Deine Liebe zu [4][Simone Fattal] spricht aus Super-8-Aufnahmen, die du | |
Deena Charara für ihren Film „deep down. Conversations with Etel Adnan“ zur | |
Verfügung stelltest. Ihr steht auf einer Wiese, du filmst Simone Fattal, | |
wie sie dich anlacht. Im Raum nebenan stehen ihre leuchtenden Keramiken, | |
die Wolken im Titel tragen. | |
Auf der Buchseite, auf der mein Lesezeichen ruhte, schreibst du im Gedicht | |
„Die See“, das du Simone Fattal gewidmet hast: „Was ist Himmel? Auf | |
Berggipfel steigen, um über Wolken zu blicken. Wasser auf Wasser | |
reflektiert den Mechanismus der Erinnerung“. In Marie Regans Film „Etel and | |
the Moon“ sagst du über Neil Armstrong: „He landed in the sea of | |
tranquility“. Im Meer der Ruhe ankommen. Anders kann ich das Gefühl, das | |
das In-Beziehung-Setzen eurer Werke und eurer Liebe in dieser Ausstellung | |
freisetzt, nicht beschreiben. | |
2 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Ausstellung-von-Etel-Adnan-in-Muenchen/!5890702 | |
[2] /Studie-von-Greenpeace/!5945286 | |
[3] https://www.kindl-berlin.de/ausstellungen | |
[4] https://www.simonefattal.com/ | |
## AUTOREN | |
Noemi Molitor | |
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