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# taz.de -- Menschenrechte im Sport: Körperliche Selbstbestimmung
> Die Läuferin Caster Semenya hat vor dem Europäischen Gerichtshof für
> Menschenrechte ihr Recht auf Unversehrtheit durchgesetzt. Der Kampf geht
> weiter.
Bild: Die Mittelstreckenläuferin Caster Semenya
Der [1][Europäische Gerichtshof] für Menschenrechte hat Caster Semenya
recht gegeben: Sie wurde als intergeschlechtliche Sportlerin durch
Institutionen wie den Internationalen Sportgerichtshof und [2][das
Schweizer Bundesgericht nicht vor Diskriminierung geschützt] und ihre
Interessen auf körperliche Selbstbestimmung wurden nicht genügend
berücksichtigt.
Ob die Auflage der Medikalisierung, die Semenya verweigert, damit
langfristig aufgehoben wird und sie wieder die 800 Meter laufen kann, ist
unklar. Eine wichtige Etappe in ihrem Kampf, für den sie in Kauf nahm,
immer zuerst als inter* Frau in der Öffentlichkeit zu stehen und nicht als
Olympiasiegerin, hat sie gewonnen. Vielleicht hat sie so einen langen Atem,
weil sie Athletin ist. Oder weil sie mit der ehemaligen
Langstreckenläuferin Violet Raseboya ein lesbisches Powercouple bildet,
neben dem selbst die Kardashians erblassen würden.
Medien legen derweil den Fokus leider immer noch auf die falsche Stelle,
wenn über Semenyas Person oder wie aktuell über ihre Klage berichtet wird.
Anstatt die Menschenrechtsarbeit der Inter*Bewegung zu zitieren,
spricht auch die Tagesschau von einer „Differenz der
Geschlechtsentwicklung“. Das mag ein Versuch sein, die ICD-Kategorie
„Disorders of sex development“ nicht mehr mit dem pathologisierenden
Begriff „Störung der Geschlechtsentwicklung“ zu übersetzen.
Das noch viel größere Problem liegt darin, Semenya, die sich schlicht und
einfach als Frau bezeichnet, ständig zu terminologisieren. Ganz so als
wären Diagnosen evidenter Teil einer Person und nicht Teil des
Diskriminierungsapparats. Von Störung kann keine Rede sein. Es stört das
medizinische System, das ein zentrales Zahnrad der Zweigeschlechterordnung
ist – gerade im Sportbetrieb.
## Jahrelanger Struggle
Bereits 2005 protestierten Aktivist_innen beim 5. Berliner Symposium für
Kinder- und Jugendgynäkologie vor der Berliner Charité, bei der die
Ärzteschaft nur unter sich sprechen wollte. Heute fordern Kampagnen wie
[3][„Inter* Werden Lassen“] von OII Germany weiterhin, Kindern und
Erwachsenen keine medizinisch unnötigen Operationen und/oder
Hormonbehandlungen anzutun, die die Idee der Zweigeschlechtlichkeit
notfalls chirurgisch oder medikamentös erzwingen sollen.
Erwachsene kommen hier nicht ohne Grund vor: Die Mittelstreckenläuferin
Annet Negesa spricht heute darüber, wie die OP, zu der sie sich vom World
Athletics Verband gedrängt gefühlt hatte und über deren Folgen sie nicht
ausreichend informiert wurde, ihre Gesundheit und Karriere beeinträchtigt
hat. Negesas öffentliche Arbeit zum Thema, Semenyas Weigerung der
[4][willkürlichen Testosteronkategorie] Folge zu leisten, der jahrelange
Struggle, das ist der eigentliche Nachrichtenwert.
Am Wochenende ist CSD, Zeit für die queere Bewegung, das „I“ nicht immer
nur mitzunennen, sondern das politische Erbe, das wir dieser Bewegung
verdanken, endlich zum Kanon zu machen.
20 Jul 2023
## LINKS
[1] /Strafverfolgung-im-Ukraine-Krieg/!5941799
[2] /Caster-Semenya-darf-nicht-an-den-Start/!5610239
[3] https://oiigermany.org/inter-werden-lassen/
[4] /Aktivistin-ueber-hyperandrogene-Sportlerinnen/!5704890
## AUTOREN
Noemi Molitor
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Caster Semenya
Inter*
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Sport
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Schwerpunkt LGBTQIA
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Schwules Museum
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