# taz.de -- Die Kunst der Woche: Der Schnitt als Kontaktzone | |
> Kaugummipapier unterm Cutter, mit der Schere an die Leinwand: In der | |
> Ausstellung „Schnitt“ im Museum Reinickendorf legt die Cut Out Kunst | |
> Räume frei. | |
Bild: Papier trifft Luft und Farbe: Blick in die Ausstellung „Schnitt“ | |
Die angeschnittenen Strohhalme der Rieddächer im Garten des [1][Museum | |
Reinickendorf] bilden den zufälligen Pfad zur von Julia Kochanek und Dr. | |
Sabine Ziegenrücker kuratierten Sonderausstellung [2][“Schnitt“], die | |
zurzeit in der GalerieETAGE im Nebengebäude des Museums gezeigt wird. | |
Das Aus- und Zuschneiden tritt hier als Intervention ins Material auf, | |
nicht als Destruktion, sondern als sanftes Freilegen von Formen, Strukturen | |
und Verläufen, wenn zum Beispiel Hansjörg Schneider weich-silbriges | |
Kaugummipapier bearbeitet. Es muss von den Sorten mit den klassischen | |
flachen Kaustreifen stammen, bei denen das Papier an den Rändern zackig | |
ausläuft und kein Werbeslogan das monochrome Einwickelpapier stört. Auf | |
schwarzem Grund werden Schneiders CutOuts zu filigranen, Raumminiaturen. | |
Räumlich auch Peter Freitags Arbeiten auf Spiegelflächen, auf denen | |
architektonische Formationen als auf ihr Wesentliches reduziert auftreten. | |
Ganz in Bronze hingegen Lea Mugnainis weich verlaufende Skulpturen, die an | |
den Zwischenwänden der Galerie ihre Entsprechungen in Papier erhalten. | |
Jakob Roepke findet zu schwarzen Bahnen, die sich – abstrakten | |
Pinselstrichen ähnelnd – ineinander verschlingen. Je kleiner das | |
Papierband, desto stärker die Kondensation. | |
Luftig geht es noch einmal bei Schneider zu, der weißen Papierschnitten | |
eine dreidimensionale Form verleiht. Mehr negativer Raum als Material, | |
halten sich seine Reliefe ohne große Anstrengung in der Form. Es scheint | |
als werde hier die Luft zum Träger. | |
Einzig an der Decke befestigt sind Gabriele Baschs ebenfalls ineinander | |
verschlungene, mit Acrylabrieb versehene Leinwandbahnen, die sich frei auf | |
den Boden schlängeln. Auf Baschs Papierschnitten wie „Ride“, die im ersten | |
Raum an der Wand gezeigt werden, erlaubt die Freilegung im Papier es, dem | |
Licht und somit dem Schatten, auf dem Untergrund mitzumalen. | |
Nadia Schöllhammer, die ihre Papierinstallationen auch gerne horizontal | |
über den Boden auslaufen lässt oder in Tusche getränkte Telefonbücher zum | |
Schwarm arrangiert, zeigt hier tummelnde Großformate an der Wand. | |
Papierstücke, mit Acryl getränktes Zeitungspapier und geknüllter Zellstoff | |
sind auf diesen Arbeiten an entscheidenden Stellen mit Farbe unterlegt. | |
[3][Schöllhammers] Arrangements scheinen von den filigranen Klebstofffäden | |
zusammengehalten zu werden, die unter den Elementen immer wieder | |
hervorblitzen. So wie die Gesichter oder Augen, die auf Arbeiten wie | |
„Philemon ohne Baukis“ erst auf den zweiten Blick aus dem Bildraum | |
hervortreten. | |
Ganz und gar figurativ schließlich die collagierten Tiere, allen voran | |
Vögel wie grüne Wellensittiche und Eulen, von Roepke, die auf 31 kleinen | |
Gouache-Tafeln mit Menschen interagieren, die zu Beginn und Ende der Serie | |
noch mit abstrakten Schemen in Beziehung getreten waren. Der Schnitt als | |
Kontaktzone – wunderbar erfahrbar in dieser Ausstellung. | |
3 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.museum-reinickendorf.de/ | |
[2] https://www.museum-reinickendorf.de/?hmenu=2 | |
[3] /!390721/ | |
## AUTOREN | |
Noemi Molitor | |
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