Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nationale Sicherheitsstrategie: Einigkeit nach zähen Verhandlungen
> Ein Bekenntnis zu klaren Verteidigungsausgaben und "Außenpolitik aus
> einem Guss". Das Kabinett stellt die Nationale Sicherheitsstrategie vor.
Bild: Die Nationale Sicherheitsstrategie: mehr als Kampfflugzeuge. Hier zu sehe…
Berlin taz | Es soll der große Wurf werden – und das Signal senden, dass
die Bundesregierung gewappnet ist für Bedrohungen von außen und innerhalb
des Landes. Nach monatelangen Verhandlungen wird an diesem Mittwoch die
Nationale Sicherheitsstrategie vorgestellt.
Eigentlich hätte das Papier bereits [1][zur Münchner Sicherheitskonferenz
im Februar] präsentiert werden sollen, dann war rund um Ostern der
angepeilte Termin, jetzt ist es Frühsommer geworden. Aber die
ressortübergreifende Formulierung, noch dazu erstmals in dieser Koalition,
hat offenbar gedauert. „Sicherheit ist Teamaufgabe“, sagt der
außenpolitische Sprecher der SPD, Nils Schmid. „Dass Außenpolitik aus einem
Guss kommt“, nennt er einen „enormen Erfolg.“
Im Kern geht es um einen sogenannten vernetzten Sicherheitsbegriff. Darum,
Sicherheit nicht nur als militärische Verteidigung zu begreifen, sondern
Sicherheitsfragen größer zu betrachten. Bedrohungen für die
Versorgungslage, für die globale Gesundheit, die Folgen der Klimakrise
gehören dazu, Entwicklungszusammenarbeit oder der Schutz kritischer
Infrastruktur soll mitgedacht werden. Und es geht um die außenpolitische
Haltung der Bundesregierung zu den USA oder Israel, zu Russland und China.
All das soll nun auf rund 50 Seiten aufgeschrieben sein.
Zäh war aber offenbar auch die Diskussion um einen ständigen Nationalen
Sicherheitsrat. Wohin gehört ein solches Gremium? Und braucht es überhaupt
einen weiteren Apparat, um die Außen- und Sicherheitpolitik zu
koordinieren? Ein solches Gremium wird es nun nicht geben, da insbesondere
wohl das Außenministerium nicht hinnehmen wollte, dass ein solcher Rat dann
im Kanzleramt angesiedelt worden wäre.
Auch die Länder sollten recht früh in die Absprachen zu
Sicherheitsstrategie eingebunden werden. Schließlich fallen
Katastrophenschutz, Cyberabwehr und der Schutz kritischer Infrastruktur
hauptsächlich in ihren Bereich. Dass die Länder sich nicht immer einbezogen
fühlten, wird auf der bis Freitag andauernden Innenministerkonferenz sicher
zur Sprache kommen. Auch dort soll die Nationale Sicherheitsstrategie
präsentiert werden. Schon jetzt ist aber klar, dass vom Bund finanzielle
Zusagen eingefordert werden, um die Aufgaben, die sich aus der Strategie
ergeben, überhaupt nur annähernd zu bewerkstelligen.
## Traute Einigkeit in Sicherheitsfragen?
An diesem Mittwoch hat aber zunächst Bundeskanzler Olaf Scholz das Wort. Er
wird gemeinsam mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und
Finanzminister Christian Lindner das Papier vorstellen. Mit dabei sind
zudem Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Verteidigungsminister Boris
Pistorius. Das soll traute Einigkeit in Sicherheitsfragen zeigen, aber auch
demonstrieren, wo eines der wichtigsten Themen dieser Tage angesiedelt ist:
im Kanzleramt. Im Koalitionsvertrag war bereits verankert, dass es erstmals
eine solche Nationale Sicherheitsstrategie geben soll.
Zu dem Zeitpunkt war allerdings noch nicht klar, dass [2][der russische
Angriffskrieg auf die Ukraine] Sicherheitsfragen auch in Deutschland in
ganz anderem Licht erscheinen lassen wird. Und so soll die „Zeitenwende“
bei allen Aspekten durchscheinen. Einige Textpassagen werden insbesondere
im Ausland wohl sehr aufmerksam gelesen werden. Hat der Kriegsbeginn am 24.
Februar 2022 doch vor allem bei SPD und Grünen dafür gesorgt, ihre Haltung
zu Russland oder zum Thema Waffenlieferungen und Verteidigung zu
überdenken.
„Der russische Angriffskrieg und autokratische Tendenzen in anderen Teilen
der Welt erfordern, dass wir uns nach außen [3][robuster aufstellen]“, sagt
SPD-Außenpolitiker Schmid. Gemeint ist damit nicht nur Russland, sondern
vor allem auch China. Viel beschworen wird hier der Dreiklang aus
Partnerschaft, Wettbewerb und Rivalität. Allzu detailiert wird das Kapitel
zu China in der Sicherheitsstrategie aber nicht werden, sondern allenfalls
eine Richtung vorgeben. Denn noch in diesem Jahr soll es seitens der
Bundesregierung eine eigene China-Strategie geben.
Deutschland ist derzeit zweitgrößter Waffenlieferant an die Ukraine – nach
den USA. In Europa will die Bundesregierung in der Sicherheitspolitik eine
zentrale Rolle einnehmen. Um bei diesem Vorhaben glaubwürdig zu bleiben,
soll es ein starkes Bekenntnis zum Zwei-Prozent-Ziel der
Wirtschaftsleistung für Verteidigungsausgaben geben.
## Zu wenig Geld für Entwicklungszusammenarbeit
Entwicklungsorganisationen sehen diesen Fokus enorm kritisch. Vergeblich
suche man nach einem Bekenntnis zu dem internationalen Versprechen, 0,7
Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Entwicklungszusammenarbeit zu
investieren, sagt Stephan Exo-Kreischer, Direktor und Geschäftsführer der
Entwicklungsorganisation ONE Deutschland. „Klimawandel, Staatsverschuldung
und Hunger beeinträchtigen die Stabilität vieler Länder im Globalen Süden.
Die Klimakatastrophe wütet in den Ländern Afrikas mit bereits jetzt
verheerenden Folgen für tausende Menschen. Gleichzeitig wird eine
nachhaltige menschliche Sicherheit wie Zugang zu Bildung oder
Gesundheitsversorgung vernachlässigt.“
So könne man weder diese komplexen Probleme angehen oder gar lösen noch die
notwendige Stabilität herstellen.
14 Jun 2023
## LINKS
[1] /Muenchner-Sicherheitskonferenz/!5913965
[2] /Deutsche-Friedensforschung-zu-Ukraine/!5937482
[3] /Desolater-Zustand-der-Bundeswehr/!5920575
## AUTOREN
Tanja Tricarico
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Olaf Scholz
Annalena Baerbock
Verteidigung
Boris Pistorius
GNS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Annalena Baerbock
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Innenministerkonferenz
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Cybersicherheit
Sitzblockade
Ukraine
Atomwaffen
Außenhandel
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Japan
## ARTIKEL ZUM THEMA
Russische Cyber-Angriffe: Kriegsführung aller Art
Russland führt Krieg – auch im digitalen Raum. Nato, EU und die
Bundesregierung verurteilen die Cyberangriffe scharf. Die Gegenmaßnahmen
sind dünn.
Nach Baerbocks Diktator-Äußerung: China bestellt Botschafterin ein
Außenministerin Baerbock bezeichnete Staatschef Xi Jinping als Diktator.
China reagierte empört und bestellte die deutsche Botschafterin ein.
Im Verfassungsschutzbericht: Abwehr mit Lücken
Der Verfassungsschutz sieht durch Russlands Krieg in der Ukraine verstärkte
Bedrohungen auch hierzulande. Bei Warnungen allein darf es nicht bleiben.
Neuer Verfassungsschutzbericht: Eine Zeitenwende der Sicherheit
Der neue Verfassungsschutzbericht ist da. Präsident Haldenwang und
Innenministerin Faeser warnen vor russischer Spionage.
Innenministerkonferenz in Berlin: Mehr Härte gegen Migration
Die Innenminister:innenkonferenz will mehr Länder als sichere
Herkunftsstaaten einstufen und Messer in Zügen verbieten. Die Kritik folgt
prompt.
Nato-Ministertreffen zur Ukraine: Gipfel wirft Schatten voraus
In Brüssel stehen nicht nur weitere Militärhilfen für die Ukraine auf der
Agenda. Auch Schwedens Beitritt rückt näher.
Waffen für die Ukraine: Alles, was nötig ist
Die Zeit Putins läuft ab. Aber unterschätzen sollte man ihn nicht. Er weiß,
dass die Ukraine ohne unsere Unterstützung nicht siegen kann.
Neue „Nationale Sicherheitsstrategie“: Konkret nur bei der Aufrüstung
Die neue Sicherheitsstrategie spannt den großen Bogen bis zur
Entwicklungszusammenarbeit. Ausgerechnet dort bleibt sie viel zu vage.
Union will Härte gegen Letzte Generation: Innenminister gegen Klebeprotest
Auf der Innenministerkonferenz plädiert die Union für ein härteres
Vorgehen. Das BKA sieht eine Hochburg in Baden-Württemberg.
Deutsche Friedensforschung zu Ukraine: Langer Abnutzungskrieg
Die führenden deutschen Friedensforschungsinstitute sehen keine
kurzfristige Friedensperspektive für die Ukraine.
Chinas nukleare Aufrüstung: Gefährliches Druckmittel
Bis Ende des Jahrzehnts könnte China die weltweite Spitzenposition als
Atommacht innehaben. In der Region ist man sich der Gefahr bereits bewusst.
Internationale Handelspolitik: Der Schrecken des Taiwanszenarios
Die Abhängigkeit von China steht in keinem Verhältnis zu der von Russland.
Ohne die Großmacht müsste Deutschland Abschied von der Energiewende nehmen.
Svenja Schulze über Wiederaufbauarbeit: „Frauen sind Teil der Lösung“
Wer Frauen unterstützt, hilft ihren Gesellschaften, meint
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze. Das gilt auch beim
Wiederaufbau der Ukraine.
Premier will Präventivschläge erlauben: Japan rüstet unerwartet kräftig auf
Japan begründet seine Hinwendung zu einer eigenständigeren
Sicherheitspolitik mit der Aggressivität Chinas – und der Unzuverlässigkeit
der USA.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.