# taz.de -- Premier will Präventivschläge erlauben: Japan rüstet unerwartet … | |
> Japan begründet seine Hinwendung zu einer eigenständigeren | |
> Sicherheitspolitik mit der Aggressivität Chinas – und der | |
> Unzuverlässigkeit der USA. | |
Bild: Im Panzer: Japans Premierminister Fumio Kishida beim Truppenbesuch letzte… | |
TOKIO taz | Japans neuer [1][Premier Fumio Kishida] setzt in der | |
Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf mehr Eigenständigkeit. Dafür | |
lässt der 64-Jährige die nationale Sicherheitsstrategie und die | |
Verteidigungsrichtlinien bis zum nächsten Jahr überarbeiten. Zudem steigen | |
unter seiner Führung die Verteidigungsausgaben das siebte Jahr | |
hintereinander auf [2][Rekordhöhe]. | |
Am letzten Wochenende erklärte Kishida vor 800 Soldaten gar, dass es | |
künftig japanische Präventivschläge auf feindliche Stützpunkte geben | |
könnte. Die dafür nötigen Offensivwaffen besitzt Japan noch nicht, weil die | |
pazifistische Verfassung einen Angriffskrieg verbietet. | |
Konkret packt Kishida zusätzliche 6 Milliarden Euro in den geplanten | |
Nachtragshaushalt. Mit dem Geld werden Marinepatrouillen-Flugzeuge, | |
Seeminen und andere Waffen früher eingekauft als bislang geplant. Somit | |
wachsen die Verteidigungsausgaben für 2021 um nie erreichte 14 Prozent zum | |
Vorjahr auf den neuen Höchstwert von fast 48 Milliarden Euro. Erstmals | |
übertrifft die Summe die inoffizielle Obergrenze für das | |
Verteidigungsbudget von einem Prozent der Wirtschaftsleistung. | |
Kishida begründet seine Schritte mit Nordkoreas Raketentests und Chinas | |
Aufrüstung. Japans Sicherheitsumfeld verändere sich mehr denn je, erklärte | |
der Premier. Er steht auch unter dem Druck von Hardlinern wie Sanae | |
Takaichi. Die ultrarechte Politikstrategin der Regierungspartei LDP will | |
das Verteidigungsbudget sogar verdoppeln. | |
## Tokios Richtungswechsel | |
„Japans Sicherheitspolitik vollzieht einen Richtungswandel“, erklärt der | |
deutsche Japanexperte Sebastian Maslow, der an der Frauenuniversität Sendai | |
lehrt. „Dabei werden die Parameter des Nachkriegspazifismus neu definiert.“ | |
Der frühere Premier Shinzo Abe habe in seinen knapp acht Amtsjahren | |
(2012–2020) die Stärkung der Verteidigungskapazität mit modernen | |
Waffensystemen beschleunigt. Zugleich habe sich Japan stärker in der | |
Allianz mit dem einzigen Partner USA engagiert. | |
Der US-Politologe Hal Brands spricht gar von einer „außenpolitischen | |
Revolution“: Japan könnte der wichtigste US-Verbündete im 21. Jahrhundert | |
werden. Nach dem verlorenen Weltkrieg habe Japan auf eine selbständige | |
Außenpolitik verzichtet und seine Sicherheit an die USA ausgelagert. „Diese | |
Ära des Stillhaltens ist nun vorbei, und der Hauptgrund ist die Bellizität | |
von China, dazu kommen die unzuverlässigen USA“, meint Brands. | |
Die USA hätten unter Trump Japan durch ihren Austritt aus dem | |
Freihandelsvertrag für Pazifikanrainer (TPP) im Stich gelassen. Peking | |
wiederum fordere die japanische Hoheit über die Senkaku-Inseln (Chinesisch: | |
Diaoyutai) im Ostchinesischen Meer heraus und bedrohe Taiwan an Japans | |
südlicher Flanke. | |
Der Ärger von Peking entzündete sich zuletzt an Japans überraschend klarer | |
Bereitschaft, die De-facto-Unabhängigkeit von Taiwan zu verteidigen. „Ein | |
Notfall in Taiwan würde als Notfall für die amerikanisch-japanische Allianz | |
angesehen“, beteuerte Expremier Abe im Rahmen einer Konferenz in Taiwan. | |
Zugleich warnte er China vor den Konsequenzen eines Angriffs. „Ein | |
militärisches Abenteuer führt in den wirtschaftlichen Selbstmord“, so Abe, | |
der seit seinem Rücktritt im September 2020 die Strippen in der LDP zieht. | |
Dabei würde auch China wegen der engen Verbindung zur Weltwirtschaft schwer | |
geschädigt werden. | |
## China reagiert verärgert | |
Daraufhin bestellte am Donnerstag das Außenministerium in Peking den | |
japanischen Botschafter ein. Vizeaußenministerin Hua Chunying wies Abes | |
Aussagen als „brutalen Eingriff“ in Chinas innere Angelegenheiten zurück. | |
Japan sollte die „Entschlossenheit und Stärke des chinesischen Volkes nicht | |
unterschätzen“. | |
3 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
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