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# taz.de -- Zukunft des Kaiserhauses in Tokio: Traumatisiert zum Standesamt
> Nach vier Jahren Warten heiratet Prinzessin Mako endlich ihren
> Studienschwarm. Laut Umfragen sind 90 Prozent der Japaner darüber wenig
> entzückt.
Bild: Löste in Nippon keine Freude aus: Die japanische Prinzessin Mako und ihr…
Tokio taz | In Japan wird seit vergangenem Freitag heftig über die
angekündigte Hochzeit von Prinzessin Mako diskutiert. Das Thema verdrängte
am Wochenende sogar die für diesen Montag vorgesehene und inzwischen
vollzogene [1][Neuwahl des Premierministers] durch das Parlament aus den
Schlagzeilen.
Denn nach vier Jahren Warten heiratet Prinzessin Mako endlich ihren
Studienschwarm Kei Komuro. Das Hofamt verkündete den 26. Oktober als Termin
für die standesamtliche Hochzeit. Doch die Nachricht löste in Nippon keine
Freude aus.
Umfragen zufolge lehnen bis zu 90 Prozent der Japaner die Verbindung ab,
weil nach ihrem Geschmack der Bräutigam Komuro nicht einmal den normalen
Moralstandard des Landes erfüllt, geschweige denn den hohen Standard der
Kaiserfamilie. Seine Mutter soll hohe Schulden bei einem Ex-Verlobten nicht
zurückgezahlt und Witwenrente unrechtmäßig bezogen haben. Wegen der
Berichte hatte das Hofamt den Eheplan von Mako und Kei jahrelang auf Eis
gelegt.
Die harsche Berichterstattung ist an der knapp 30-jährigen Mako nicht
spurlos vorübergegangen. Sie leide an einer „komplexen posttraumatischen
Belastungsstörung“, teilte das Hofamt anlässlich der Bekanntgabe der
Hochzeit mit. Für eine Besserung müssten die negativen Berichte aufhören.
„Sie bekam das Gefühl, dass die Verleumdungen ihre Menschenwürde mit Füßen
traten“, erklärte ihr Arzt Tsuyoshi Akiyama.
## Das Timing weckt Zweifel
Wurde also schon wieder eine Frau im Kaiserhaus zum Opfer der Medien? Nach
Pressevorwürfen zu ihrem angeblich falschen Benehmen verlor bereits die
abgedankte Kaiserin Michiko, damals die erste Bürgerliche am Hof,
monatelang ihre Stimme.
Ihre Amtsnachfolgerin Masako leidet an den Folgen einer Anpassungsstörung,
weil sie keinen männlichen Erben gebären konnte. Doch im Fall von Mako
weckte das Timing der Veröffentlichung bei vielen Japanern Zweifel an der
Echtheit der Diagnose. Falls es ihr so schlecht ginge, wie könne sie dann
heiraten und dazu eine Pressekonferenz geben, schrieb ein Nutzer. Offenbar
solle die Bekanntmachung der Erkrankung die Kritik an ihr stoppen.
Darüber hinaus scheint die Prinzessin alle Brücken hinter sich abbrechen zu
wollen. Sie verzichtete auf die üblichen fünf Abschiedszeremonien vom
Kaiserhaus. Auch die staatliche Mitgift von umgerechnet 1,2 Millionen Euro,
die ihr einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen soll, schlug sie aus.
Nach der Heirat will das Paar nach New York übersiedeln. Komuro legte dort
kürzlich die Anwaltsprüfung ab und arbeitet für eine Kanzlei in Manhattan.
## Vorwurf der „falschen Erziehung“
Die Kontroverse belastet inzwischen die [2][Zukunft des Kaiserhauses]. Auf
Twitter wurde Makos Eltern vorgeworfen, sie hätten die Prinzessin falsch
erzogen. Zeitweise kursierte der Hashtag „Die Mako-Familie soll aus dem
Kaiserhaus ausgestoßen werden“. Dadurch würde Japan jedoch die wichtigsten
Thronfolger verlieren – Kronprinz Fumihito und seinen Sohn Hisahito. Deren
Ansehen ist nun beschädigt.
Der Skandal hat auch die Debatte um die Thronfolge beeinflusst. Bislang
dürfen laut Gesetz nur Männer Kaiser werden. Aber die männliche Thronlinie
würde enden, falls Hisahito und seine künftige Frau keinen Sohn bekämen.
Umfragen zufolge würde die Mehrheit der Japaner auch eine Kaiserin
akzeptieren. Aber bei einer Expertenanhörung im Frühjahr nutzten
konservative Experten den Mako-Streit, um Stimmung gegen Frauen auf dem
Thron machen.
Professor Hidetsugu Yagi von der Universität Reitaku behauptete, dass auch
eine zukünftige Tochter von Mako und Kei theoretisch Kaiserin werden könne.
Jedoch wird derzeit nur eine weibliche Thronfolge auf der männlichen
Erblinie diskutiert.
Die Expertin Yoshiko Sakurai lehnte eine andere Lösungsidee ab, wonach die
Prinzessinnen trotz Heirat im Kaiserhaus bleiben sollen. Dadurch könnten
auch zweifelhafte Männer wie Komuro in die Tenno-Familie einheiraten,
warnte sie. Lieber sollte Japan auf das Reservoir früherer Adelsfamilien
zurückgreifen, die nach dem Krieg ihre Titel verloren.
4 Oct 2021
## LINKS
[1] /Japans-designierter-Ministerpraesident/!5804842
[2] /Japan-bekommt-einen-neuen-Kaiser/!5591893
## AUTOREN
Martin Fritz
## TAGS
Japan
Prinzessin
Thronfolge
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Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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