# taz.de -- Russische Cyber-Angriffe: Kriegsführung aller Art | |
> Russland führt Krieg – auch im digitalen Raum. Nato, EU und die | |
> Bundesregierung verurteilen die Cyberangriffe scharf. Die Gegenmaßnahmen | |
> sind dünn. | |
Bild: Sind Nato, EU und die Bundesregierung ausreichend gegen Angriffe aus dem … | |
BERLIN taz | Russlands Angriffe auf die Ukraine finden nicht nur auf dem | |
Schlachtfeld statt, [1][sondern zunehmend im digitalen Raum.] Und das | |
offenbar mit hoher Effizienz. Die Nato spricht derzeit von intensiven | |
Aktivitäten von russischer Seite, die insbesondere den Euro-Atlantik-Raum | |
betreffen. Insbesondere Tschechien, Estland, Deutschland, Litauen, | |
Lettland, Polen und Großbritannien seien betroffen. | |
Konkret geht es [2][um Sabotage, Desinformationskampagnen, Störungen im | |
digitalen Raum] und andere sogenannte hybride Operationen. Eindrücklich | |
warnte die Nato vor solchen Aktionen und äußerte ihre Sorge. Schließlich | |
handele es sich um eine Bedrohung für die Sicherheit der Verbündeten. | |
Für große Aufregung sorgten in den vergangenen Tagen Störungen bei | |
GPS-Sendern im Luftraum. Insbesondere die baltischen Staaten waren und sind | |
davon betroffen. Auch Flugzeuge, in denen Regierungsmitglieder an Bord | |
waren, mussten abdrehen und konnten den Flug nicht fortsetzen. | |
Bundeskanzler Olaf Scholz wird am Montag in Litauen erwartet. Vermutlich | |
wird es bei den Gesprächen vor Ort auch um dieses Thema gehen. | |
[3][Die Nato-Maßnahmen gegen die Cyberattacken fallen wenig überraschend | |
recht wolkig aus]. Die Mitgliedsstaaten wollen Einzelmaßnahmen treffen und | |
zusammen agieren. Es soll eine gemeinsame Koordination geben, um die | |
Staaten und das Militärbündnis resilienter aufzustellen. Man ist aber | |
entschlossen, sich gegen hybride Aktionen und Attacken zu wehren. Und: Die | |
russischen Aktionen werden die Verbündeten nicht davon abbringen, die | |
Ukraine weiter zu unterstützen. | |
## Hackergruppe APT 28 für Cyberangriffe verantwortlich | |
Am Freitag machte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) einen | |
brisanten Fall öffentlich. Im Januar 2023 hatten Hacker Email-Konten der | |
SPD angegriffen. Es ging damals um eine Sicherheitslücke bei Microsoft | |
Outlook. Ob Daten und konkret Emails abgeflossen sind, konnte damals nicht | |
ausgeschlossen werden. Nur, dass eine einstellige Zahl von | |
Email-Postfächern des SPD-Parteivorstandes betroffen gewesen war. Aber | |
jetzt ist sich die Bundesregierung sicher, wer hinter diesem Angriff | |
steckt. | |
Das Gleiche gilt auch für einen Angriff auf den Bundestag 2015 sowie für | |
Hackerangriffe auf Unternehmen aus der Luftfahrt, IT- und der | |
Rüstungsbranche sowie auf Stiftungen oder Verbände. „Staatliche russische | |
Hacker haben Deutschland im Cyberraum angegriffen“, sagte Baerbock während | |
ihres Australien-Besuchs in Adelaide. Sie kündigte erste Konsequenzen an. | |
Die Bundesregierung belässt es aber nicht nur bei einer scharfen | |
Verurteilung der Taten. Laut eines Sprechers des Auswärtigen Amtes am | |
Freitag wurde der russische Geschäftsträger wegen des Cyberangriffs ins | |
Auswärtige Amt einbestellt. Zudem werden Sanktionen auf EU-Ebene geprüft, | |
dazu könnten Reiseverbote zählen oder das Einfrieren von Vermögen. | |
Konkret beschuldigt die Bundesregierung die Gruppe APT 28, die dem | |
russischen Militärgeheimdienst GRU zugeordnet wird. APT 28 ist auch unter | |
den Namen Fancy Bear, Pawn Storm, Sofacy oder Sednit bekannt. Vermutlich | |
ist die Gruppierung mindestens seit 2004 aktiv – und zwar international. | |
Das Bundesinnenministerium bezeichnete APT 28 als einen der gefährlichsten | |
Cyberakteure weltweit. | |
## Gemeinsame Aktion mit dem FBI | |
Die Spuren zu den Hackern konnten über ein sogenanntes „nationales | |
Attributierungsverfahren“ nachgewiesen werden. Die Federführung hatte das | |
Auswärtige Amt. Beteiligt sind in der Bundesrepublik der | |
Bundesverfassungsschutz, das Bundesamt für Sicherheit in der | |
Informationstechnik (BSI) sowie weitere Behörden. Gemeinsam mit dem FBI | |
konnte den Angaben nach im Januar 2024 verhindert werden, dass weltweit | |
betroffene Netzwerkgeräte für Cyberspionage weiter missbraucht werden. | |
Weitere Details dazu wurden am Freitag nicht bekannt, auch nicht, welche | |
Unternehmen oder Behörden konkret betroffen waren oder sind, sowie, welche | |
Schäden entstanden. Eindeutig ist aber für die Bundesregierung, dass es | |
sich um Ziele innerhalb der EU handelt und diese im Zusammenhang mit der | |
russischen Invasion in der Ukraine stehen. | |
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert zeigte sich nicht überrascht von den | |
Drahtziehern der Cyberattacke. „Die Cyberattacke ist ein weiteres Beispiel | |
für die zahlreichen hybriden Angriffe Russlands gegen demokratische | |
Strukturen in Deutschland“, teilte Kühnert mit. Putin greife die SPD an, | |
weil sie in besonderer Weise die wehrhafte Demokratie in Deutschland | |
verkörpere. | |
Wie die Nato und die EU will sich auch die Bundesregierung von [4][solchen | |
russischen Aktionen nicht einschüchtern lassen]. „Die russischen | |
Cyberangriffe sind eine Bedrohung für unsere Demokratie, der wir | |
entschlossen entgegentreten“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser | |
(SPD) am Freitag bei einem Besuch in Prag. Die Sicherheitsbehörden hätten | |
alle Schutzmaßnahmen gegen hybride Bedrohungen hochgefahren. Dazu gehören | |
auch Warnungen an Unternehmen und die Aufforderung, sichere Passwörter zu | |
nutzen sowie interne Maßnahmen zu ergreifen. | |
## CDU und Grüne fordern konkrete Maßnahmen | |
Der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter bezeichnete die | |
Bedrohungslage für die Nato und auch Deutschland durch russische | |
Cyberangriffe als „gravierend ernst“. Gegenüber der taz bescheinigte der | |
CDU-Politiker der Bundesregierung einen naiven Umgang mit hybrider | |
Kriegsführung. Sie sei schlecht gewappnet im Bereich Cyber- und | |
Spionageabwehr. Kiesewetter fordert konkrete Maßnahmen, wie etwa Hackbacks, | |
mehr Cybertechnologie sowie eine bessere Ausstattung der Nachrichtendienste | |
für die Spionageabwehr. Auch aktive Gegenmaßnahmen schließt er nicht aus. | |
„Es gibt mehr Möglichkeiten, Russland zu schwächen und somit sein weiteres | |
hybrides Vorgehen einzuschränken“, sagte Kiesewetter der taz. „Wir müssen | |
finanziell wie mental deutlich mehr in unsere Sicherheit investieren.“ | |
Auch der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums Konstantin von | |
Notz (Grüne) sieht in den Angriffen aus autoritären Staaten „längst eine | |
sehr ernstzunehmende Bedrohung“. „Wir müssen unsere Demokratie, ihre | |
Institutionen und unsere kritischen Infrastrukturen sehr viel besser | |
schützen als bisher“, sagte von Notz der taz. Und von Notz forderte | |
konkrete politische Taten nach der Ankündigung diverser Gesetze. In diesem | |
Zusammenhang verwies der Grünen-Politiker auf das Kritis-Dachgesetz unter | |
der Federführung von Bundesinnenministerin Faeser. | |
Darüber hinaus sollen Betreiber kritischer Infrastrukturen stärker | |
verpflichtet werden Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Auch in der Nationalen | |
Sicherheitsstrategie der Bundesregierung sind eine bessere Cyberabwehr | |
sowie Maßnahmen gegen Angriffe im digitalen Raum, auf Energieversorger, | |
Bahnstrecken, Flughäfen oder Versorgungsstrecken explizit genannt. | |
In rund 40 Tagen wird in den EU-Staaten gewählt. Angesichts dieser Wahlen, | |
den Wahlen in Ostdeutschland sowie der US-Präsidentschaftswahl im November | |
schrillen buchstäblich alle Alarmglocken. In den vergangenen Wochen waren | |
mehrere Fälle von russischer, aber auch chinesischer Spionage bekannt | |
geworden. Für die Bundesregierung, aber auch für die Nato- und | |
EU-Verbündete ist das ein Ermittlungserfolg. Eine 100-prozentige Sicherheit | |
gibt es jedoch nicht, dafür aber Faesers Erkenntnis: „Diese Angriffe zielen | |
nicht nur auf einzelne Parteien oder bestimmte Politikerinnen und | |
Politiker, sondern darauf, das Vertrauen in unsere Demokratie zu | |
erschüttern.“ | |
3 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Cybersicherheitsexperte-zu-Taurus-Leak/!5993524 | |
[2] /Mutmassliche-Russland-Spione/!6002082 | |
[3] /Mutmassliche-Saboteure-festgenommen/!6002113 | |
[4] /Von-Notz-zur-kritischen-Infrastruktur/!5885412 | |
## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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