# taz.de -- Amtseinführung von Wladimir Putin: EU uneins über Teilnahme | |
> Putin tritt seine fünfte Amtszeit als russischer Präsident an. Die USA, | |
> Deutschland und die EU schicken keinen Vertreter. Frankreich und Ungarn | |
> schon. | |
Bild: Die Vorbereitungen zur Amtseinführung Putins laufen auf Hochtouren | |
WASHINGTON/BRÜSSEL/BERLIN afp/dpa/taz | Innerhalb der EU gibt es erhebliche | |
Differenzen über den richtigen Umgang mit Einladungen zur Zeremonie zum | |
Start der [1][fünften Amtszeit von Russlands Präsident Wladimir Putin]. Wie | |
mehrere EU-Diplomaten in Brüssel sagten, wollen Länder wie Frankreich, | |
Ungarn und die Slowakei Vertreter zur Vereidigung Putins schicken, um | |
Gesprächskanäle offenzuhalten. Deutschland und zahlreiche andere EU-Staaten | |
halten eine Teilnahme jedoch insbesondere angesichts des russischen | |
Angriffskriegs gegen die Ukraine für unangemessen. „Deutschland wird an | |
diesem Termin nicht teilnehmen“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen | |
Amts. | |
Im Fall der Bundesrepublik kommt hinzu, dass die Regierung den deutschen | |
Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff, nach Cyberangriffen auf | |
die SPD und deutsche Unternehmen für eine Woche zu Konsultationen nach | |
Berlin zurückgerufen hat. [2][Die Bundesregierung macht für die Attacken | |
eine Einheit des russischen Militärgeheimdienstes verantwortlich.] | |
Wie die meisten Botschafter der EU-Mitgliedstaaten wird auch der offizielle | |
Vertreter der Europäischen Union in Moskau am Dienstag bei der Zeremonie | |
nicht vertreten sein, wie ein Sprecher des Europäischen Auswärtigen | |
Dienstes in Brüssel sagte. Der Außenbeauftragte Josep Borrell hatte sich | |
zuvor gegen die Teilnahme der EU an der Veranstaltung ausgesprochen. Nach | |
Angaben von Diplomaten gab es allerdings auch Gegenstimmen. Dies sollen | |
unter anderem davor gewarnt haben, dass ein Fernbleiben bei der Zeremonie | |
Russland einen Vorwand geben könnte, künftig noch mehr diplomatische Regeln | |
und Normen zu ignorieren. | |
Auch die USA werden nach eigenen Angaben keinen Vertreter zur erneuten | |
Amtseinführung Putins am Dienstag schicken. „Wir werden keinen Vertreter | |
bei seiner Amtseinführung haben“, sagte US-Außenamtssprecher Matthew Miller | |
am Montag. Auf die Frage, ob der Schritt bedeute, dass die USA Putin als | |
illegitim betrachteten, sagte Miller: „Wir haben diese Wahl sicherlich | |
nicht als frei und fair angesehen, aber er ist der Präsident Russlands und | |
er wird dieses Amt weiterhin ausüben.“ | |
## Scharfe Kritik am Ablauf der Wahl | |
Putin trat am Dienstag offiziell seine fünfte Amtszeit als Präsident | |
Russlands an. Der 71-Jährige wurde bei einer Zeremonie im Kreml in Moskau | |
vereidigt. An der Spitze Russlands zu stehen sei eine „heilige Pflicht“, | |
sagte er. „Gemeinsam werden wir obsiegen“, fügte Putin hinzu. Russland | |
werde „gestärkt“ hervorgehen aus „dieser schwierigen Zeit“ Seit der | |
Jahrtausendwende ist Putin Präsident oder Ministerpräsident. Im März hatte | |
die Wahlkommission erklärt, Putin sei mit 87,28 Prozent der Stimmen für | |
eine fünfte Amtszeit gewählt worden. Bei der Wahl hatte es keine richtige | |
Opposition gegeben, die EU hatte am Ablauf scharfe Kritik geübt. | |
In einer Erklärung hieß es, die russische Wählerschaft habe nur sehr | |
beschränkten Zugang zu faktischen Informationen und „keine echte Wahl“ | |
gehabt. Grund dafür sei unter anderem gewesen, dass zahlreiche | |
Kandidatinnen und Kandidaten ausgeschlossen worden sein – darunter auch all | |
jene, die sich gegen den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine | |
ausgesprochen hätten. | |
Am Tag nach der Amtseinführung ist ein Gipfel der Gemeinschaft Unabhängiger | |
Staaten (GUS) – eines losen Staatenbunds mehrerer ehemaliger | |
Sowjetrepubliken – geplant. Am Donnerstag folgt dann die Parade zum Tag des | |
Sieges über das faschistische Deutschland im Zweiten Weltkrieg. | |
Für Staatsgäste hat Moskau aber vorgesorgt. Neben den Präsidenten der | |
Ex-Sowjetrepubliken Belarus, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und | |
Turkmenistan seien auch die Staatsoberhäupter von Kuba, Guinea-Bissau und | |
Laos eingeladen worden, sagte Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow | |
der russischen Agenturen zufolge am Montag. Mit der Militärparade will | |
Moskau einerseits militärische Potenz demonstrieren, andererseits auch | |
verdeutlichen, international nicht isoliert zu sein. | |
Nach der Parade am Donnerstag sei eine Kranzniederlegung am Ewigen Feuer | |
und dem Grab des Unbekannten Soldaten an der Kremlmauer geplant. „Danach | |
verlassen die Staatschefs der GUS Moskau, während unser Präsident zunächst | |
Verhandlungen mit dem Präsidenten Kubas und anschließend mit den | |
Präsidenten von Laos und Guinea-Bissaus führt“, teilte Uschakow mit. | |
## Moskau kündigt Übung der Nuklearstreitkräfte an | |
Putin hat nach Äußerungen führender westlicher Politiker über den möglichen | |
Einsatz von Soldaten in der Ukraine Manöver mit Atomwaffen angeordnet. | |
Damit werde auf eine Stellungnahme des französischen Präsidenten Emmanuel | |
Macron reagiert, der nicht ausgeschlossen habe, Truppen zu entsenden, sagte | |
der russische Regierungssprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau. Während | |
die französische Regierung die Darstellung zurückwies, betonten Kanzler | |
Olaf Scholz und die baltischen Ministerpräsidentinnen, man werde sich von | |
der Drohung nicht beeindrucken lassen. | |
Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte am Abend zu dem Manöver, | |
die „Hitzköpfe in westlichen Hauptstädten“ würden sich nun hoffentlich | |
abkühlen. „Sie lenken die Situation bewusst in Richtung einer weiteren | |
Eskalation der Ukraine-Krise hin zu einer offenen militärischen | |
Auseinandersetzung zwischen den Nato-Ländern und Russland“, hieß es weiter. | |
Das Ministerium hatte als Ziel der Übung „den Einsatz von taktischen | |
Atomwaffen“ genannt. Raketenverbände des südlichen Militärbezirks und | |
Seestreitkräfte würden teilnehmen. Ziel sei es, die territoriale Integrität | |
Russlands „als Reaktion auf die provokativen Äußerungen und Drohungen | |
einiger westlicher Offizieller gegen die Russische Föderation“ zu | |
gewährleisten. | |
Auch britische Politiker und Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses hätten | |
sich ähnlich geäußert, teilte die russische Regierung mit. Die russischen | |
Geheimdienste würden zudem Berichten nachgehen, nach denen französische | |
Fremdenlegionäre in die Ukraine verlegt würden. | |
## Kanzler Scholz warnt vor Einsatz nuklearer Waffen | |
Frankreich wies diese Darstellung entschieden zurück. „NEIN, [3][Frankreich | |
hat keine Truppen in die Ukraine geschickt]“, schrieb das Außenministerium | |
auf X. Die Desinformationskampagnen ließen nicht nach, hieß es weiter. | |
Präsident Emmanuel Macron traf sich in Paris mit seinem chinesischen | |
Kollegen Xi Jinping. Zusammen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der | |
Leyen rief er den Gast auf, seinen Einfluss auf Russland zu nutzen, um den | |
Krieg in der Ukraine zu beenden. | |
Scholz sagte im lettischen Riga, es sei immer wieder wichtig, „laut zu | |
sagen, dass in diesem Krieg nuklearer Waffen nicht eingesetzt werden | |
dürfen“. Er verwies darauf, dass es solche Mahnungen auch aus China an die | |
russische Adresse gebe. Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas | |
sagte, man dürfe sich nicht beeindrucken lassen. Es sei Methode Russlands, | |
Angst verbreiten zu wollen. „Deswegen sollten wir dem auch nicht | |
nachgeben“, sagte sie nach dem Treffen mit Scholz. Zugleich sagte sie mit | |
Blick auf Russland: „Können wir sicher sagen, dass sie Waffen nie einsetzen | |
werden? Nein, sie haben ja schon in der Vergangenheit alle möglichen | |
verrückten Dinge getan.“ | |
Die lettische Ministerpräsidentin Evika Silina warf Russland vor, mit der | |
Drohung verhindern zu wollen, dass die geplante Friedenskonferenz für die | |
Ukraine im Juni in der Schweiz stattfinden könne. „Sie versuchen, Länder zu | |
bedrohen, die sich vielleicht überlegen, ob sie an diesem Gipfel teilnehmen | |
wollen“, sagte Silina. Die Antwort könne nur eine noch engere | |
Zusammenarbeit in der Nato und der EU sowie die Hilfe für die Ukraine sein. | |
7 May 2024 | |
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