# taz.de -- Putin in China: Kleiner Bruder, großer Bruder | |
> Wladimir Putin reist zu Xi Jinping. Bei dem Besuch geht es um | |
> wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit. Verbündete aber wollen | |
> sie nicht sein. | |
Bild: Handschlag unter Brüdern. Wladimir Putin und Xi Jinping während eines T… | |
MOSKAU taz | Keine zehn Tage sind seit der pompösen Zeremonie vergangen, | |
mit der Wladimir Putin [1][zum fünften Mal in seinem Amt als Präsident der | |
russischen Föderation bestätigt] wurde. Nun will Putin am Donnerstag als | |
erstes nach Peking reisen, nicht wie zuvor nach Belarus oder in die EU. | |
2004 führte ihn seine erste Auslandsreise als alt-neuer Präsident gar in | |
die Ukraine. | |
Laut Kreml soll in Peking die „strategische Zusammenarbeit“ beider Länder | |
besprochen werden, bevor Putin am Freitag weiter nach Harbin fährt. In | |
dieser russischsten Stadt Chinas, die während der russischen Besetzung der | |
Mandschurei von Russen gegründet wurde, soll Putin Ehrengast bei der | |
Eröffnung der russisch-chinesischen Expo sein. | |
Putin und Xi wollen eine „Freundschaft ohne Grenzen“ pflegen, auch wenn die | |
Hindernisse zwischen Russland und China, die eine 4.000 Kilometer lange | |
Grenze teilen, auf der Hand liegen. Dabei diktiert China Russland seine | |
Bedingungen dieser Freundschaft. Denn China ist eines der wenigen Länder, | |
die ihre eigenen Technologien entwickeln können und sich aufgrund der | |
russischen „Spezialoperation“ in der Ukraine nicht vollständig von Russland | |
abgewandt haben. | |
Seitdem die westlichen Sanktionen gegen das russische Regime noch | |
zugenommen haben, hat China sich zum wichtigsten Wirtschaftspartner | |
Russlands entwickelt. Bereits 2016 war Peking der Haupttechnologielieferant | |
für Moskau. | |
Auch politisch-militärisch wollen beide Partner sein. Bei seiner Rede | |
während der Militärparade am 9. Mai, dem „Tag des Sieges“ in Russland üb… | |
Nazi-Deutschland, hob Putin den „Widerstandsgeist und den Mut des | |
chinesischen Volkes“ im Zweiten Weltkrieg hervor. Die Anti-Hitler-Koalition | |
ließ er beiseite. | |
Moskau sieht sich zusammen mit Peking als Vorkämpfer gegen das „westliche | |
Hegemoniestreben“. Sie machen gemeinsame Militärübungen, Moskau exportiert | |
seine militärischen Produkte nach Peking und erlaubt den Chinesen die | |
Weiterentwicklung russischer Komponenten für chinesische Rüstungsgüter. | |
Zu Verbündeten aber wollen beide nicht werden. Für beide wäre es zu | |
risikoreich. Als solche müsste China bezüglich der Ukraine auf Russland | |
einwirken. Das will Peking vermeiden, denn [2][der Druck des Westens auf | |
China ist groß.] | |
Die Teilnahme an der [3][von der Schweiz organisierten Friedenskonferenz] | |
sagte Xi Jinping jedoch indirekt ab und erweist Russland damit einen | |
Bärendienst. Auch Moskau will sich in chinesische „Probleme“ nicht | |
einmischen, weder in Indien noch in Vietnam oder dem Südchinesischen Meer. | |
Schon gar nicht will es sich in der Taiwan-Frage klar positionieren. Die | |
„Freundschaft ohne Grenzen“ ist hier sehr begrenzt. | |
## Gazprom schreibt Minuszahlen | |
Die beiden Länder setzen vor allem auf wirtschaftliche Zusammenarbeit. Für | |
Moskau ist das in Zeiten, da es seine Wirtschaft komplett umbaut und auf | |
seinen Krieg in der Ukraine ausrichtet, eine der wichtigsten Aufgaben. | |
Nicht allein die Rüstungsfabriken liefern das Geld, in erster Linie braucht | |
es Einnahmen aus seinen Öl- und Gasverkäufen. | |
Zum ersten Mal seit einem Vierteljahrhundert schrieb Gazprom, dieser | |
staatlich kontrollierte Riese, Minuszahlen. Wegen des Krieges in der | |
Ukraine hatte Gazprom seinen wichtigsten und einträglichsten Kunden | |
verloren: die EU. Nun muss es sich umschauen – und tut dies in China. | |
Bereits seit mehreren Jahren laufen die Pläne für die Pipeline „Kraft | |
Sibiriens 2“, die die Erdgasfelder Westsibiriens verbinden sollen. Bislang | |
wurde Europa von dort versorgt. Doch allein für „Kraft Sibiriens 1“, | |
Russlands wohl teuerste Pipeline, haben beide Seiten mehrere Jahre hart | |
verhandeln müssen, bis 2019 die ersten Kubikmeter Gas vom Tschajanda-Feld | |
in Sacha, dem größten russischen Föderationssubjekt, nach China flossen. | |
Moskau reist mit einer großen Delegation nach Peking, alle wichtigen | |
Minister und Unternehmensbosse sind dabei. Es dürfte verstärkt auch um | |
„Kraft Sibiriens“ gehen. | |
Die Russen drängen seit Langem darauf, die Verhandlungen zur 3.550 | |
Kilometer langen Röhre voranzubringen. Peking aber hat Zeit. | |
16 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Inna Hartwich | |
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schon. |