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# taz.de -- Chinas Präsident auf Europatournee: Die Suche nach Einfallstoren
> Während die EU nach ihrer China-Position sucht, baut Xi Jinping
> bilaterale Beziehungen zu zunehmend illiberalen Ländern aus. Wie Serbien
> und Ungarn.
Bild: Fans warten am 9. Mai in Budapest auf den chinesischen Präsidenten Xi Ji…
Wien taz | Anders hätte es wohl auch Ungarns Premier Viktor Orbán nicht
formuliert: Chinas Präsident Xi Jinping forderte in einer gemeinsamen
Pressekonferenz eine „größere Rolle Ungarns in der EU“. Budapest war, nach
Paris und Belgrad, der letzte Stopp auf Xis Europareise, seiner ersten seit
fünf Jahren. Die chinesisch-ungarischen Beziehungen seien „auf dem besten
Stand“ ihrer 75-jährigen Geschichte, sagte Xi, der neben schönen Worten
auch ein handfestes Wirtschaftspaket im Gepäck hatte.
Der Zeitpunkt für Xis [1][sechstägige Europareise], die am Freitag endete,
ist kein Zufall: Sie fand nicht nur einen Monat vor der EU-Wahl statt,
sondern auch vor wichtigen Kommunalwahlen in Ungarn und Serbien. Den
amtierenden Regierungen beider Länder gibt der prominente Besuch Rückenwind
– kein unangenehmer Nebeneffekt für die Gastgeber. Denn in Ungarn tritt
Péter Magyar als ernstzunehmender Orbán-Herausforderer an, in Serbien
hofft die demokratische Opposition auf regionale Teilerfolge.
Während in Frankreich die gemeinsamen europäischen Interessen im
Vordergrund standen – Stichwort Ukraine –, ging es in Serbien und Ungarn
vor allem um verstärkte bilaterale Zusammenarbeit. Allein in Belgrad wurden
28 bilaterale Abkommen unterzeichnet. Serbien und der Balkan insgesamt sind
seit Chinas „Neuer Seidenstraße“ ab 2013 zum wichtigen Einfallstor nach
Europa geworden.
Serbiens Präsident Aleksandar Vučić versteht es hervorragend, seine
Interessen zwischen Moskau, Brüssel und Peking abzuwägen. Außenpolitisch
ist man in wichtigen Fragen mit China auf einer Linie: China anerkennt
Serbiens Anspruch auf Kosovo. Serbien wiederum sieht Taiwan als Teil Chinas
an. Entsprechend positiv wirkte die Stimmung beim Staatsbesuch, anders als
noch wenige Tage zuvor bei Emmanuel Macron, wo die Devise des
Ex-Außenministers Jean-Yves Le Drian galt: [2][„Xi Jinping ist nicht unser
Freund, aber auch nicht unser Feind.“]
## Europa ist weiterhin abhängig von China
Dass Xi neben Frankreich zwei zunehmend illiberale Staaten besuchte, hat
auch mit den angespannten Beziehungen Chinas zum Westen zu tun. Die EU und
die USA kritisieren die massiven staatlichen Subventionen in zahlreichen
Schlüsselindustrien, etwa bei E-Autos, Stahl und Aluminium. Europa bemüht
sich zunehmend um strategische Unabhängigkeit. Bis heute ist Europa in
vielen Branchen so abhängig von China wie noch bis vor Kurzem von Russland
im Bereich Energie. Dies soll sich ändern – eine Lehre aus dem
Ukrainekrieg.
China steht weiterhin recht unverhohlen an der Seite Putins. 2023 erreichte
der Handel zwischen Peking und Moskau neue Rekorde, auch wegen verstärkter
Importe von russischem Öl und Gas. Umgekehrt hat China Ausfuhren von
Dual-Use-Gütern nach Russland intensiviert. Am Ende landen diese in Putins
Kriegsindustrie.
Hinzu kommen die engen Verbindungen Chinas nach Nordkorea und Iran, die dem
Westen ein Dorn im Auge sind. Als Europäer sei es das Interesse, „zu
erreichen, dass China sich für die Stabilität der internationalen
Ordnung einsetzt“, sagte Macron in einem Interview mit dem britischen
Economist.
Vor der EU-Wahl und dem Amtsantritt der neuen Europäischen Kommission
sind keine Weichenstellungen mehr in Bezug auf China zu erwarten. Xis Fokus
lag dementsprechend auf bilateralen Beziehungen – und einer gewissen
Signalwirkung, dass er auch außerhalb von Brüssel, Berlin und Paris
wichtige Partner hat.
## Auch die slowakische Regierung flirtet
Diese anderen Partner also hofierten ihn – und wurden dafür belohnt. Beim
Staatsbesuch in Ungarn wurde der Bau einer neuen Eisenbahnverbindung
zwischen Budapest und Belgrad besprochen, die China mitfinanziert und für
den eigenen Handel benutzen will. Auch soll nahe Debrecen eine große
chinesische Batteriefabrik für E-Autos entstehen.
Wie das osteuropäische Medienportal VSquare berichtet, strebt auch die
orbánnahe slowakische Regierung unter Robert Fico engere Beziehungen mit
China an. Auch dort soll es um eine Batteriefabrik und Eisenbahnlinien
gehen. Mittelfristig könnten die politisch eng verbundenen Nachbarländer
also um Chinas Investitionen konkurrieren. Während die EU weiter nach ihrer
Rolle sucht, baut China seine Beziehungen weiter aus. Bevorzugt zu
europäischen Wackelkandidaten mit strategischen Einfallstoren.
10 May 2024
## LINKS
[1] /Chinas-Staatschef-Xi-auf-Europatour/!6009468
[2] /Xi-Jinping-in-Frankreich/!6006070
## AUTOREN
Florian Bayer
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Schwerpunkt AfD
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