| # taz.de -- Mobilitätswende in Berlin: Parkplätze auch für Fahrräder | |
| > Seit Januar darf man am Straßenrand, wo Autofahrer beim Parken zahlen, | |
| > sein Rad kostenfrei abstellen. Die Verkehrswende treibt auch den | |
| > Wahlkampf um. | |
| Bild: Ganz spezielle Plätzchen für Räder in Berlin | |
| Berlin taz | Der Krieg um die Parkplätze ist ausgeblieben, bislang | |
| jedenfalls. Dabei schien noch im Herbst alles darauf hinzudeuten, dass | |
| Berlins RadlerInnen und Autofahrende bald wüste Straßenkämpfe austragen | |
| würden – physische Kämpfe um einzelne Quadratmeter Asphalt, letztlich aber | |
| um die Hegemonie der jeweiligen Verkehrsform in einer Stadt, die sich die | |
| Mobilitätswende auf die Fahnen geschrieben hat. | |
| Denn: Seit Januar können alle, die das wollen, [1][ihr Fahrrad kostenlos | |
| auf dem Rand der Fahrbahn parken]. Also da, wo in den allermeisten Fällen | |
| Autos abgestellt sind. Als die von der Grünen Bettina Jarasch geführte | |
| Senatsverwaltung für Verkehr dies anlässlich einer Änderung der | |
| Parkgebühren-Ordnung verkündete, wurde es von vielen so verstanden, als | |
| bestehe die Neuerung darin, dass Velos jetzt auch auf „Auto-Parkplätzen“ | |
| stehen dürfen. | |
| Weit gefehlt allerdings, denn laut Straßenverkehrsordnung war das schon | |
| immer erlaubt. Vielmehr lautete die Erkenntnis: Hätten irgendwelche | |
| Radfahrende das tatsächlich schon getan, hätten sie in kostenpflichtigen | |
| Zonen einen Parkschein ziehen müssen. Bloß dass bislang, nach allem, was | |
| man hört und sieht, sowieso niemand auf diese verwegene Idee gekommen war. | |
| Auch weiterhin fällt es niemandem ein, in der [2][Hauptstadt des | |
| Fahrraddiebstahls] (ca. 25.000 gemeldete Fälle pro Jahr) ein Fahrrad so zu | |
| parken, dass jemand es wegtragen kann. | |
| Wenn überhaupt, werden die vermeintlich neue Erlaubnis und die tatsächlich | |
| neue Gebührenbefreiung nur für Lastenfahrräder oder aber Motorräder genutzt | |
| werden. Dass auch Letztere – nicht gerade bekannt als Vehikel des | |
| Klimaschutzes – kostenfrei parken sollen, ist nicht nachzuvollziehen. | |
| Genauso wenig wie die Ankündigung der Mobilitätssenatorin, geparkte | |
| Fahrräder seien auf Gehwegen nur geduldet und sollten von dort „endlich | |
| verschwinden“. Das mit der Duldung ist sachlich falsch (laut StVO dürfen | |
| die das), und sie von dort verbannen zu wollen, wo sie seit Jahr und Tag | |
| meist völlig unbeanstandet stehen, konterkariert die Idee der | |
| Verkehrswende. | |
| ## Mit harten Bandagen geführte Debatte | |
| In Wirklichkeit baut die Verwaltung ja auch Fahrradbügel auf selbige | |
| Gehwege, damit das Velo nicht mehr an der Laterne hängen muss. | |
| Wahrscheinlich war der Parkplatz-Move ein leicht verunglückter Fingerzeig | |
| an eine andere Lobby: die der FußgängerInnen und der Menschen mit | |
| Behinderungen, die sich seit Jahren über E-Scooter und Leihfahrräder | |
| ärgern, die überall herumfliegen und Wege versperren. Mittlerweile wird die | |
| Branche stärker reguliert, gelöst ist das Problem längst nicht. | |
| All das ist ein kleiner Ausschnitt aus einer Mobilitäts-Debatte, die in | |
| Berlin mit harten Bandagen geführt wird, gerade jetzt im | |
| Wiederholungswahlkampf. Wer bekommt mehr Platz, wer verteidigt seinen, wer | |
| wird ausgebremst, wer hat freie Fahrt? Die Pressure-Groups für autofreie | |
| Mobilität sind an Spree und Havel stark. Die mitregierenden und in der | |
| Sache zuständigen Grünen wollen irgendwie dasselbe, kommen aber mit der | |
| Umsetzung – [3][gerade beim Bau von Fahrradinfrastruktur] – nur schleppend | |
| voran. | |
| Bald soll alles besser werden, versprechen sie und ihre Spitzenkandidatin | |
| Jarasch: Mittlerweile habe man genug Personal akquiriert und die Abläufe | |
| effizient gestaltet. Wie viele ihnen das Versprechen abnehmen, dass die | |
| Stadt bis spätestens 2030 völlig anders tickt bzw. rollt, auch das wird | |
| sich am 12. Februar zeigen. | |
| 4 Feb 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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