| # taz.de -- taz-Recherchen 2022: Was danach geschah | |
| > Manchmal stößt Journalismus etwas an: Ein Blick auf einige taz-Recherchen | |
| > des Jahres 2022 – und auf ihre Folgen. | |
| Bild: Ist der Bundestag sicher? Wer rettet den Rettungsdienst? Fragen, zu denen… | |
| Arbeitet eine Firma in Düsseldorf daran, das Internet in Iran zu zensieren? | |
| Hilft Sternenstaub wirklich gegen eine Corona-Infektion? Und hat der | |
| Rettungsdienst ein Problem mit Rassismus in den eigenen Reihen? | |
| Das sind drei von vielen Fragen, die uns in der taz im vergangenen Jahr | |
| beschäftigt haben. Zum Ende des Jahres haben wir nachgehakt, was aus | |
| unseren Geschichten geworden ist – und wollen Danke sagen. Denn Recherchen | |
| brauchen Zeit. Und sind nur möglich durch Unterstützung von Ihnen, unseren | |
| LeserInnen und GenossInnen. | |
| Wollen Sie die taz über Missstände informieren oder uns Dokumente zukommen | |
| lassen? Wenden Sie sich an die Autor:innen oder an taz.de/investigativ. | |
| ## Rechte im Rettungsdienst | |
| Nelson Mbugu hat wieder Hoffnung. [1][Vier Monate ist der Angriff her, bei | |
| dem ihm der Arm gebrochen wurde.] Der Mann aus Kenia ist Lieferfahrer für | |
| McDonald’s in Brandenburg an der Havel. An einem Abend im September brachte | |
| er eine Bestellung zur Geschäftsstelle der Johanniter. Er hatte eine | |
| Portion Pommes vergessen, ein Sanitäter der Johanniter rastete offenbar aus | |
| und brach Mbugu brutal den Arm. Mbugu musste operiert werden, von den | |
| Johannitern hörte er zunächst nichts. Der verdächtige Sanitäter wechselte | |
| auf eigenen Wunsch in einen anderen Landesverband. Der wurde nach | |
| taz-Informationen aber gar nicht vollständig über die Vorwürfe informiert. | |
| Freigestellt wurde der Mitarbeiter erst, als die taz bei den Johannitern | |
| nachfragte. | |
| Die taz-Recherche fand große Verbreitung: Bundesweit griffen Medien sie | |
| auf, viele Menschen boten ihre Hilfe an. Die Opferhilfe Brandenburg hat | |
| einen Anwalt organisiert und bezahlt, der Mbugu juristisch vertritt. Dank | |
| der Opferhilfe fand er auch einen englischsprachigen Psychologen, der ihm | |
| helfen soll, die traumatische Erfahrung zu verarbeiten. Seine Armschlinge | |
| trägt Mbugu mittlerweile nicht mehr, aber die beiden Brüche in seinem | |
| linken Arm heilen nur langsam. Es wird noch einige Monate dauern, bis er | |
| wieder arbeiten kann. Das ist für ihn auch ein finanzielles Problem: 30 | |
| Euro Krankengeld bekommt er am Tag, im Monat hat er so zwischen 300 und 400 | |
| Euro weniger. Aber da er so viel Unterstützung bekomme, erzählt seine | |
| Ehefrau am Telefon, gehe es ihm schon viel besser. | |
| Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen laufen noch. Aber seit Anfang | |
| Dezember steht fest: Der Sanitäter, der Mbugu den Arm gebrochen haben soll, | |
| muss die Johanniter verlassen. Ebenfalls aus dem Dienst ausscheiden wird | |
| ein Sanitäter der Johanniter aus Köln. [2][Mitte September hatten wir über | |
| Vorwürfe gegen ihn berichtet.] Er soll die Namen von Adolf Hitler und | |
| anderen Nazigrößen in einem Wandkalender der Feuerwache 9 eingetragen haben | |
| – und das war nicht der einzige rechtsextreme Vorfall auf der Wache. | |
| Mitarbeiter berichteten uns von Kollegen, die für die Identitäre Bewegung | |
| warben, von rassistischen Spielen unter den Sanitätern. Und von | |
| Patient:innen mit Migrationshintergrund, die offenbar schlechter | |
| behandelt würden, weil Sanitäter rassistische Vorurteile pflegten. Auch | |
| andere Hilfsorganisationen wie die Malteser waren betroffen. | |
| Die Johanniter haben nach unserem Bericht eine externe Agentur beauftragt, | |
| die Vorwürfe zu untersuchen. Guttman Communications ist spezialisiert auf | |
| Krisenkommunikation. Drei Vertreter:innen der Agentur haben 20 | |
| Mitarbeitende der betroffenen Rettungswache in Köln befragt. In jedem | |
| dieser Gespräche saß auch ein Mitarbeiter der Johanniter dabei. Er habe | |
| nicht den Eindruck gehabt, dass die befragten Mitarbeiter dadurch weniger | |
| frei gesprochen hätten, sagt der Johanniter-Bundesvorstand Jörg Lüssem auf | |
| Nachfrage der taz. Die Johanniter wollen nun einen Verhaltenskodex | |
| erarbeiten und gemeinsam mit anderen Rettungsdiensten einen Maßnahmenplan | |
| gegen Rassismus aufstellen. [3][Auch die Malteser haben Maßnahmen | |
| angekündigt.] | |
| Im Untersuchungsbericht steht: Die in der taz beschriebenen Vorfälle seien | |
| „überwiegend wie beschrieben oder ähnlich passiert“. Manches konnte nicht | |
| nachvollzogen werden, was aber offenbar vor allem daran lag, dass keine | |
| ehemaligen Beschäftigten befragt wurden. Ein paar neue Dinge kamen heraus. | |
| So soll es auch auf einer anderen Kölner Wache einen Kalender mit | |
| Nazi-Einträgen gegeben haben. | |
| Die Interpretation der Untersuchungsergebnisse bringt aber gewisse | |
| Widersprüche mit sich. So heißt es im Bericht zum Beispiel, dass der | |
| Gebrauch diffamierender und rassistischer Begriffe unter den Beschäftigten | |
| weit verbreitet sei. Einen strukturellen Rassismus will man aber nicht | |
| erkennen. Das „Führungsversagen“ lasten die Johanniter dem damaligen | |
| Regionalvorstand an; der ist inzwischen in Rente. Und allzu viel | |
| Transparenz wollen sie auch nicht. Der Untersuchungsbericht wurde zwar | |
| zunächst online gestellt, dann aber direkt wieder gelöscht. | |
| ## Machos beim WWF | |
| Das Berliner Arbeitsgericht verhandelte im Mai 2022 eine ungewöhnliche | |
| Klage: Die Personalchefin der Naturschutzorganisation WWF ging gegen ihren | |
| Arbeitgeber vor – wegen [4][mangelnder Transparenz, Interessenskonflikten | |
| und möglichen Machtmissbrauchs]. Die Personalchefin hatte mitbekommen, dass | |
| der langjährige geschäftsführende Vorstand des WWF Deutschland, Eberhard | |
| Brandes, eine Affäre mit der WWF-Finanzchefin gehabt habe, ohne das seinem | |
| Arbeitgeber zu melden. Das hätte er nach internen Richtlinien wohl tun | |
| müssen. | |
| Die Personalchefin zeigte die Affäre intern an, eine externe Anwaltskanzlei | |
| wurde mit einer Untersuchung beauftragt. Das Ergebnis blieb unter | |
| Verschluss. Die Personalchefin sei seit ihrer Anzeige drangsaliert und mit | |
| Kündigung bedroht worden, sagte ihr Anwalt vor Gericht. Sie wollte nun | |
| Auskunft erstreiten über das Ergebnis der Untersuchung. | |
| Wenige Tage nachdem die taz die Sache öffentlich gemacht hatte, verkündete | |
| der WWF Deutschland, [5][dass Vorstand Brandes die Organisation verlässt]. | |
| Die Stimmung in der NGO ist schon länger schlecht gewesen, zeigte die | |
| taz-Recherche. Mitarbeiterbefragungen hatten ein von Sexismus und | |
| Chauvinismus geprägtes Arbeitsklima aufgezeigt. Fast das komplette mittlere | |
| Management hatte der WWF-Führung per Brief das Misstrauen ausgesprochen. | |
| Seit Brandes’ Weggang ist es ruhiger geworden beim WWF. Die Personalchefin | |
| hat ihre Klage mittlerweile zurückgezogen. Auf taz-Nachfrage erklärt eine | |
| WWF-Sprecherin, es habe eine Mediation zwischen dem Stiftungsrat und der | |
| Personalchefin gegeben. Volle Einsicht in den Untersuchungsbericht habe sie | |
| allerdings nicht bekommen. WWF Deutschland wird derzeit weiter vom | |
| Interimsvorstand Christoph Heinrich geführt. Und der WWF Deutschland will | |
| seine Führungsebene neu aufstellen. Drei Frauen wurden kommissarisch in die | |
| Geschäftsleitung geholt, zwei waren zuvor im operativen Naturschutzbereich. | |
| Der Richtungsstreit über mehr Basisdemokratie oder eine straffe, aber | |
| schlagfertigere Führung, so hört man, ist noch nicht entschieden. | |
| ## Der Bundestag und seine Polizei | |
| Wie sicher ist das deutsche Parlament? Seit der [6][Razzia gegen ein | |
| Netzwerk von Reichsbürger:innen], die einen Staatsstreich geplant haben | |
| sollen und dabei mutmaßlich in den Bundestag eindringen wollten, wird diese | |
| Frage breit diskutiert. Der Bundestag selbst hat angekündigt, [7][seine | |
| Zutrittsregeln zu verschärfen.] | |
| Bereits im vergangenen Jahr hatten Recherchen der taz gezeigt, dass die | |
| Sicherheit des Parlaments auch von innen bedroht ist. [8][Wir hatten über | |
| rechtsextreme Vorfälle in der Bundestagspolizei berichtet.] Danach wurden | |
| alle 200 Polizist:innen in Einzelgesprächen befragt und gegen fünf | |
| Beamt:innen Disziplinarverfahren eingeleitet. Der damalige | |
| Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hatte damals zudem verpflichtende | |
| Schulungen zu „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ für die | |
| Polizist:innen angekündigt. | |
| Bisher nahmen an den vierstündigen Schulungen offiziellen Angaben zufolge | |
| etwa 80 der 132 Beamt:innen des mittleren Dienstes teil. Lernziel der | |
| Veranstaltung ist laut internen Unterlagen, dass die Teilnehmenden aktuelle | |
| extremistische Organisationen kennen, sich mit Rassismus, Antisemitismus | |
| und Radikalisierung beschäftigt haben sowie „mit aktuellen | |
| Präventionsansätzen“ vertraut sind. | |
| Die Bundestagsverwaltung bewies dann gleich selbst, dass diesbezüglich | |
| offenbar immer noch Verbesserungspotenzial besteht. Im Januar berichteten | |
| wir, dass der gerade erst neu berufene Chef des Sicherheitsreferats [9][in | |
| einer ultrarechten Burschenschaft aktiv ist.] Er wurde nach unserem Bericht | |
| versetzt, ist aber weiterhin Referatsleiter und nun bei den | |
| wissenschaftlichen Diensten unter anderem für den Bereich Strafrecht | |
| zuständig. | |
| Drei Disziplinarverfahren laufen indes weiter, zwei Polizisten sind immer | |
| noch vom Dienst suspendiert. Das Strafverfahren, das gegen den Polizisten | |
| eröffnet wurde, der mutmaßlich den Hitlergruß gezeigt hatte, wurde von der | |
| Berliner Staatsanwaltschaft eingestellt. Auf Anfrage teilte sie mit, dass | |
| der mutmaßliche Hitlergruß nicht öffentlich gezeigt wurde, sondern in einem | |
| Pausenraum – und das sei nicht strafbar. | |
| ## Mit Sternschnuppenstaub gegen Covid | |
| Meteoreisen, der Staub erloschener Sternschnuppen, soll in verdünnter Form | |
| Coronainfektionen lindern – glaubt man im anthroposophischen | |
| Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe in Berlin. | |
| Der Umgang mit der Pandemie war in Havelhöhe nicht nur bei den Behandlungen | |
| alternativ. Mit Coronaschutzmaßnahmen wurde lax umgegangen. Während in | |
| anderen Krankenhäusern Besuchsverbote galten, wurde in Havelhöhe ein | |
| öffentliches Flamenco-Konzert veranstaltet – ohne Maskenpflicht. Dem | |
| Krankenhauspersonal in Havelhöhe wurde ein Impfschema angeboten, für das es | |
| keine Zulassung gibt. Der zuständigen Amtsärztin „sträubten sich die | |
| Haare“, als sie von der Impfmethode erfuhr, bei der eine Impfdosis in | |
| mehrere Injektionen aufgeteilt wird. | |
| [10][Nachdem die taz diese Missstände im Februar öffentlich machte], drohte | |
| die Krankenhausleitung mit einer Klage. Auch bei manchen taz-Leser:innen | |
| stieß die Recherche auf Unverständnis. Einige Abos wurden gekündigt, | |
| wütende E-Mails landeten in den Posteingängen der Chefredaktion. Anhand der | |
| ähnlichen Schreibweise liegt nahe, dass die Mailaktion abgesprochen war. | |
| Wenige Monate später bekam Chefarzt Harald Matthes Ärger – wegen seiner | |
| Forschung. Im Rahmen seiner Stiftungsprofessur an der Charité, die von | |
| einer anthroposophischen Stiftung finanziert wird, leitete er eine Studie | |
| über mögliche Nebenwirkungen der Coronaimpfung. Laut Matthes zeigt die | |
| Umfrage, dass Impfnebenwirkungen häufiger auftreten würden als bisher | |
| registriert. Die Charité distanzierte sich wegen methodischer Schwächen von | |
| der Studie. Ein Problem: Personen sollen doppelt teilgenommen haben. | |
| Auch andere angebliche alternative Heilmethoden hatten es in diesem Jahr | |
| nicht leicht. Im Mai entschieden die Ärztekammern, keine Weiterbildungen | |
| mehr für Homöopathie anzubieten. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) | |
| will prüfen, ob Homöopathika weiterhin von den Krankenkassen übernommen | |
| werden sollen. Diese Entwicklung könnte auch ungemütlich für | |
| Anthroposoph:innen werden, da sie Krankheiten ebenfalls mit verdünnten | |
| Mitteln behandeln, für deren Wirksamkeit es keinen wissenschaftlichen Beleg | |
| gibt. | |
| Harald Matthes hatte der taz im Februar versprochen, die empirischen Belege | |
| für die Wirkung von Meteoreisen gegen eine Coronainfektion nachzuliefern. | |
| Noch ist nichts angekommen. | |
| ## #LinkeMeToo | |
| Die Empörung war groß, als im Frühjahr in den sozialen Medien der Hashtag | |
| #LinkeMeToo trendete. Sexismusverdacht, ausgerechnet bei einer | |
| feministischen Partei? Der Spiegel hatte über Sexismusvorwürfe im | |
| hessischen Landesverband berichtet. Susanne Hennig-Wellsow trat unter | |
| anderem deswegen von ihrem Amt als Vorsitzende zurück, was die Partei in | |
| eine Führungskrise stürzte. | |
| [11][Kurz darauf zeigten taz-Recherchen], dass es vor den Vorwürfen aus | |
| Hessen bereits einen anderen Fall gab, der bis in die Parteispitze hinein | |
| für Ärger gesorgt hatte. In Nürnberg warfen mehrere Parteimitglieder einem | |
| Stadtrat sexuelle Übergriffe und Grenzüberschreitungen vor. Sie | |
| beschuldigten ihn, sie ohne ihr Einverständnis berührt zu haben, am Gesäß, | |
| am Oberschenkel, im Nacken. Die Vorwürfe erreichten auch den Bundesverband. | |
| Der Parteivorstand gründete eine Vertrauensgruppe, die die Vorwürfe | |
| aufarbeiten sollte, aber zu keinem definitiven Ergebnis kam. Nach dem | |
| taz-Bericht traten mehrere Mitglieder aus der Vertrauensgruppe aus, auch | |
| aus Protest darüber, wie die Partei mit den Vorwürfen umgeht. | |
| Die Linke will ihren Umgang mit Sexismusvorwürfen nun grundlegend | |
| überarbeiten. Eine feministische Kommission soll einen Leitfaden | |
| erarbeiten, den der Bundesparteitag 2023 verabschieden soll. In jedem | |
| Landesverband und auf Bundesebene soll es eine Vertrauensgruppe geben, die | |
| Betroffenen von sexistischen Belästigungen und Übergriffen beratend zur | |
| Seite stehen und auf Kosten der Partei geschult werden soll. | |
| In Bayern sind derweil einige der zentralen Akteure in der Partei | |
| aufgestiegen. Die Anwältin des beschuldigten Stadtrats wurde im September | |
| zur Co-Vorsitzenden der bayerischen Linken gewählt. Auch der Stadtrat sitzt | |
| nun im Landesvorstand. | |
| ## Wie das Internet im Iran zensiert wird | |
| Die Aussagen, mit der die Europäische Union im November einen [12][neuen | |
| Eintrag in ihrer Sanktionsliste] begründet, sind deutlich: „Arvan Cloud“ | |
| sei ein IT-Unternehmen, das der iranischen Regierung helfe, den Zugang zum | |
| Netz zu kontrollieren. Es sei verantwortlich für Zensur und stehe mit | |
| Einrichtungen in Verbindung, „die für schwere Menschenrechtsverletzungen in | |
| Iran verantwortlich sind“. | |
| Gut drei Wochen zuvor hatte die taz eine [13][Recherche über eben jene | |
| iranische IT-Firma ArvanCloud veröffentlicht]. In dem Bericht geht es um | |
| Verbindungen nach Deutschland, ins Nobelviertel Meerbusch bei Düsseldorf. | |
| Mit Kollegen von [14][Correctiv] und [15][netzpolitik.org] hatte die taz | |
| aufgedeckt, dass dort ein Netz aus Firmen angesiedelt ist, die mindestens | |
| indirekt mit den islamischen Revolutionsgarden, Geheimdiensten und dem | |
| Mullah-Regime verbunden sind. Bis vor Kurzem war unter anderem die Webseite | |
| Arvancloud.com auf eine deutsche Firma in Nordrhein-Westfalen angemeldet. | |
| Auch iranische Regierungswebseiten liefen über die Infrastruktur der | |
| deutschen Firma. | |
| Sowohl ArvanCloud als auch die deutsche Firma bestreiten die Vorwürfe, an | |
| Internetfiltern, Zensur oder dem Aufbau oder Ausbau von nationalen Netzen | |
| in Iran seien sie nicht beteiligt. Ein Vertrag beider Firmen sei gekündigt | |
| worden. Nach Bekanntgabe der [16][EU-Sanktion kündigte ArvanCloud an, | |
| dagegen vorzugehen]. | |
| Die taz, Correctiv und netzpolitik.org hatten von einem Vertrag von 2020 | |
| zwischen ArvanCloud und dem iranischen Kommunikationsministerium berichtet. | |
| ArvanCloud hilft demnach beim Aufbau einer iranischen Cloud-Infrastruktur, | |
| wobei dem Regime weitreichende Kontrollbefugnisse eingeräumt werden. | |
| Bemühungen um national abgeschottete Netze gibt es auch in China oder in | |
| Russland. Das Ziel dabei ist es, die Kosten von Zensur und Abschottung zu | |
| verringern. Wenn ein nationales Netz ausgebaut ist, sollen Onlinedienste, | |
| Geschäfte und Behörden möglichst ungestört weiterlaufen, obwohl | |
| internationale Verbindungen gekappt sind. | |
| Das iranische Regime reagiert nach dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini | |
| mit massiven Netzblockaden auf die Proteste im Land. Die Organisation von | |
| Demos und Berichterstattung soll erschwert werden. [17][Neben Zensur kam es | |
| zu Drosselungen des Internets, in einigen Regionen sogar zur kompletten | |
| Abschaltung]. Gesperrt werden in Iran auch Social-Media-Netzwerke wie | |
| Twitter, Facebook und Instagram sowie Messengerdienste wie Whatsapp oder | |
| Signal. Signal wird von einer gemeinnützigen Stiftung getragen und bietet | |
| eine sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung an. | |
| Die [18][taz war im September einem Aufruf gefolgt, Signal zu | |
| unterstützen]. Wie andere richtete die taz einen sogenannten Proxy-Server | |
| ein, über den die Kommunikation umgeleitet werden kann. Das macht es den | |
| Zensoren in Iran schwerer, Datenverkehr an Signal zu erkennen. Die Adresse | |
| kann per E-Mail an [19][[email protected]] angefragt werden. Seit | |
| September haben wir Hunderte Anfragen beantwortet. Viele suchen nach einer | |
| Möglichkeit, um weiter sicher mit ihren Verwandten in Iran zu | |
| kommunizieren. Eine weitere digitale Hilfe für die Menschen in autoritären | |
| Regimen ist die Unterstützung des anonymen Tor-Projektes. Die taz stellt | |
| auch dafür Infrastruktur zur Verfügung. Privat kann man über eine | |
| Erweiterung seines [20][Internet-Browsers namens „Snowflake“] helfen. | |
| ## Was macht eigentlich Hannibal? | |
| Am 20. Januar 2022 fällt das Landgericht Mosbach sein Urteil. Der ehemalige | |
| KSK-Soldat André S. alias „Hannibal“ muss wegen des „fahrlässigen | |
| unerlaubten Führens von Schusswaffen“ eine Geldstrafe zahlen, 50 Tagessätze | |
| à 30 Euro. Im Urteil wird knapp erwähnt, dass es sich um ein Training der | |
| „Defence Group“ von Uniter e. V. gehandelt habe. Die Teilnehmer des | |
| paramilitärischen Trainings wurden freigesprochen oder die Verfahren | |
| eingestellt. | |
| [21][Wie die taz 2018 aufgedeckt hatte], wollte Uniter eine bewaffnete | |
| Einheit aufbauen und diese sogar ins Ausland schicken. Unter anderem | |
| deswegen wird die Organisation inzwischen vom Verfassungsschutz [22][als | |
| rechtsextremer Verdachtsfall beobachtet.] All das spielte vor Gericht keine | |
| Rolle. Die Verurteilung von André S. in einem Verfahren vor dem Landgericht | |
| Stuttgart aus dem Sommer (75 Tagessätze wegen unerlaubten Besitzes von | |
| Nebelgranaten und Übungshandgranatenzündern) ist noch nicht rechtskräftig. | |
| Das Wort „rechtsextrem“ kommt in beiden Urteilen nicht vor. Zwar wird das | |
| Hannibal-Netzwerk inzwischen [23][von den Sicherheitsbehörden sehr ernst | |
| genommen], aber juristische Konsequenzen fallen davon mitunter weit ab. Das | |
| ist bei einem prominentem Mitglied des Netzwerkes anders. Der | |
| Bundeswehroffizier [24][Franco A. wurde im Juli als Rechtsterrorist | |
| verurteilt,] in der Urteilsbegründung wurde auch auf seine Vernetzung in | |
| der Prepperchatgruppe Süd verwiesen. | |
| Die Terrorermittlungen gegen zwei Mitglieder der Preppergruppe Nordkreuz | |
| [25][hat der Generalbundesanwalt vor einem Jahr hingegen eingestellt.] Für | |
| andere (ehemalige) Mitglieder gab es bereits Konsequenzen, oft aber nur | |
| dienstrechtlich. Im Frühjahr wurde Anklage gegen den Mann erhoben, über | |
| dessen Schießplatz sich die Nordkreuz-Leute Munition beschafften und der | |
| dem damaligen Innenminister Lorenz Caffier (CDU) eine Waffe schenkte. Auch | |
| der Mitarbeiter einer Waffenbehörde ist angeklagt. [26][Es geht unter | |
| anderem um einen mutmaßlichen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz | |
| und versuchte Strafvereitelung.] Das Landgericht Schwerin hat bis heute | |
| nicht entschieden, ob es den Fall verhandeln wird. Ein Gerichtssprecher | |
| verweist auf die dauerhafte Erkrankung der Vorsitzenden der zuständigen | |
| Strafkammer. Es sei mit einer „Eröffnungsentscheidung und Terminierung in | |
| dieser Sache, zumindest kurzfristig, nicht zu rechnen“. | |
| 25 Dec 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Angriff-auf-Fastfood-Lieferanten/!5883867 | |
| [2] /Rassismus-beim-Rettungsdienst/!5879278 | |
| [3] /Rechte-Retter-und-die-Folgen/!5887459 | |
| [4] /Fuehrung-des-Umweltverbands-WWF/!5850257 | |
| [5] /Brandes-verlaesst-Naturschutzorganisation/!5853426 | |
| [6] /Polizeieinsatz-gegen-rechte-Verschwoerer/!5901826 | |
| [7] /Ermittlungen-gegen-Terrorgruppe/!5903053 | |
| [8] /Rechtsextreme-bei-der-Bundestagspolizei/!5777254 | |
| [9] /Rechte-bei-der-Bundestagspolizei/!5827253 | |
| [10] /Anthroposophisches-Krankenhaus-Havelhoehe/!5830435 | |
| [11] /MeToo-bei-der-Linkspartei/!5846760 | |
| [12] /Strafmassnahmen-gegen-Iran/!5894895 | |
| [13] /Iranische-Tarnfirmen-in-Deutschland/!5885984 | |
| [14] https://correctiv.org/aktuelles/2022/10/20/wie-der-iran-deutsche-verbindun… | |
| [15] https://netzpolitik.org/2022/meerbusch-iran-connection-deutsche-firma-in-a… | |
| [16] https://twitter.com/ArvanCloud/status/1592195257139359744?s=20&t=FPvka… | |
| [17] /NetBlocks-Gruender-ueber-Internet-im-Iran/!5880188 | |
| [18] /Reaktion-auf-Unterdrueckung-in-Iran/!5883510 | |
| [19] /[email protected] | |
| [20] https://snowflake.fiff.de | |
| [21] /taz-Recherche-zu-rechtem-Netzwerk/!5557397 | |
| [22] /Uniter-und-der-Verfassungsschutz/!5697547 | |
| [23] /Nach-Razzia-bei-Reichsbuergern/!5901948 | |
| [24] /Prozess-gegen-Franco-A/!5865056 | |
| [25] /Rechtsextreme-Preppergruppe-Nordkreuz/!5829891 | |
| [26] /Rechtsextreme-Preppergruppe-Nordkreuz/!5842500 | |
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