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# taz.de -- taz-Recherchen 2022: Was danach geschah
> Manchmal stößt Journalismus etwas an: Ein Blick auf einige taz-Recherchen
> des Jahres 2022 – und auf ihre Folgen.
Bild: Ist der Bundestag sicher? Wer rettet den Rettungsdienst? Fragen, zu denen…
Arbeitet eine Firma in Düsseldorf daran, das Internet in Iran zu zensieren?
Hilft Sternenstaub wirklich gegen eine Corona-Infektion? Und hat der
Rettungsdienst ein Problem mit Rassismus in den eigenen Reihen?
Das sind drei von vielen Fragen, die uns in der taz im vergangenen Jahr
beschäftigt haben. Zum Ende des Jahres haben wir nachgehakt, was aus
unseren Geschichten geworden ist – und wollen Danke sagen. Denn Recherchen
brauchen Zeit. Und sind nur möglich durch Unterstützung von Ihnen, unseren
LeserInnen und GenossInnen.
Wollen Sie die taz über Missstände informieren oder uns Dokumente zukommen
lassen? Wenden Sie sich an die Autor:innen oder an taz.de/investigativ.
## Rechte im Rettungsdienst
Nelson Mbugu hat wieder Hoffnung. [1][Vier Monate ist der Angriff her, bei
dem ihm der Arm gebrochen wurde.] Der Mann aus Kenia ist Lieferfahrer für
McDonald’s in Brandenburg an der Havel. An einem Abend im September brachte
er eine Bestellung zur Geschäftsstelle der Johanniter. Er hatte eine
Portion Pommes vergessen, ein Sanitäter der Johanniter rastete offenbar aus
und brach Mbugu brutal den Arm. Mbugu musste operiert werden, von den
Johannitern hörte er zunächst nichts. Der verdächtige Sanitäter wechselte
auf eigenen Wunsch in einen anderen Landesverband. Der wurde nach
taz-Informationen aber gar nicht vollständig über die Vorwürfe informiert.
Freigestellt wurde der Mitarbeiter erst, als die taz bei den Johannitern
nachfragte.
Die taz-Recherche fand große Verbreitung: Bundesweit griffen Medien sie
auf, viele Menschen boten ihre Hilfe an. Die Opferhilfe Brandenburg hat
einen Anwalt organisiert und bezahlt, der Mbugu juristisch vertritt. Dank
der Opferhilfe fand er auch einen englischsprachigen Psychologen, der ihm
helfen soll, die traumatische Erfahrung zu verarbeiten. Seine Armschlinge
trägt Mbugu mittlerweile nicht mehr, aber die beiden Brüche in seinem
linken Arm heilen nur langsam. Es wird noch einige Monate dauern, bis er
wieder arbeiten kann. Das ist für ihn auch ein finanzielles Problem: 30
Euro Krankengeld bekommt er am Tag, im Monat hat er so zwischen 300 und 400
Euro weniger. Aber da er so viel Unterstützung bekomme, erzählt seine
Ehefrau am Telefon, gehe es ihm schon viel besser.
Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen laufen noch. Aber seit Anfang
Dezember steht fest: Der Sanitäter, der Mbugu den Arm gebrochen haben soll,
muss die Johanniter verlassen. Ebenfalls aus dem Dienst ausscheiden wird
ein Sanitäter der Johanniter aus Köln. [2][Mitte September hatten wir über
Vorwürfe gegen ihn berichtet.] Er soll die Namen von Adolf Hitler und
anderen Nazigrößen in einem Wandkalender der Feuerwache 9 eingetragen haben
– und das war nicht der einzige rechtsextreme Vorfall auf der Wache.
Mitarbeiter berichteten uns von Kollegen, die für die Identitäre Bewegung
warben, von rassistischen Spielen unter den Sanitätern. Und von
Patient:innen mit Migrationshintergrund, die offenbar schlechter
behandelt würden, weil Sanitäter rassistische Vorurteile pflegten. Auch
andere Hilfsorganisationen wie die Malteser waren betroffen.
Die Johanniter haben nach unserem Bericht eine externe Agentur beauftragt,
die Vorwürfe zu untersuchen. Guttman Communications ist spezialisiert auf
Krisenkommunikation. Drei Vertreter:innen der Agentur haben 20
Mitarbeitende der betroffenen Rettungswache in Köln befragt. In jedem
dieser Gespräche saß auch ein Mitarbeiter der Johanniter dabei. Er habe
nicht den Eindruck gehabt, dass die befragten Mitarbeiter dadurch weniger
frei gesprochen hätten, sagt der Johanniter-Bundesvorstand Jörg Lüssem auf
Nachfrage der taz. Die Johanniter wollen nun einen Verhaltenskodex
erarbeiten und gemeinsam mit anderen Rettungsdiensten einen Maßnahmenplan
gegen Rassismus aufstellen. [3][Auch die Malteser haben Maßnahmen
angekündigt.]
Im Untersuchungsbericht steht: Die in der taz beschriebenen Vorfälle seien
„überwiegend wie beschrieben oder ähnlich passiert“. Manches konnte nicht
nachvollzogen werden, was aber offenbar vor allem daran lag, dass keine
ehemaligen Beschäftigten befragt wurden. Ein paar neue Dinge kamen heraus.
So soll es auch auf einer anderen Kölner Wache einen Kalender mit
Nazi-Einträgen gegeben haben.
Die Interpretation der Untersuchungsergebnisse bringt aber gewisse
Widersprüche mit sich. So heißt es im Bericht zum Beispiel, dass der
Gebrauch diffamierender und rassistischer Begriffe unter den Beschäftigten
weit verbreitet sei. Einen strukturellen Rassismus will man aber nicht
erkennen. Das „Führungsversagen“ lasten die Johanniter dem damaligen
Regionalvorstand an; der ist inzwischen in Rente. Und allzu viel
Transparenz wollen sie auch nicht. Der Untersuchungsbericht wurde zwar
zunächst online gestellt, dann aber direkt wieder gelöscht.
## Machos beim WWF
Das Berliner Arbeitsgericht verhandelte im Mai 2022 eine ungewöhnliche
Klage: Die Personalchefin der Naturschutzorganisation WWF ging gegen ihren
Arbeitgeber vor – wegen [4][mangelnder Transparenz, Interessenskonflikten
und möglichen Machtmissbrauchs]. Die Personalchefin hatte mitbekommen, dass
der langjährige geschäftsführende Vorstand des WWF Deutschland, Eberhard
Brandes, eine Affäre mit der WWF-Finanzchefin gehabt habe, ohne das seinem
Arbeitgeber zu melden. Das hätte er nach internen Richtlinien wohl tun
müssen.
Die Personalchefin zeigte die Affäre intern an, eine externe Anwaltskanzlei
wurde mit einer Untersuchung beauftragt. Das Ergebnis blieb unter
Verschluss. Die Personalchefin sei seit ihrer Anzeige drangsaliert und mit
Kündigung bedroht worden, sagte ihr Anwalt vor Gericht. Sie wollte nun
Auskunft erstreiten über das Ergebnis der Untersuchung.
Wenige Tage nachdem die taz die Sache öffentlich gemacht hatte, verkündete
der WWF Deutschland, [5][dass Vorstand Brandes die Organisation verlässt].
Die Stimmung in der NGO ist schon länger schlecht gewesen, zeigte die
taz-Recherche. Mitarbeiterbefragungen hatten ein von Sexismus und
Chauvinismus geprägtes Arbeitsklima aufgezeigt. Fast das komplette mittlere
Management hatte der WWF-Führung per Brief das Misstrauen ausgesprochen.
Seit Brandes’ Weggang ist es ruhiger geworden beim WWF. Die Personalchefin
hat ihre Klage mittlerweile zurückgezogen. Auf taz-Nachfrage erklärt eine
WWF-Sprecherin, es habe eine Mediation zwischen dem Stiftungsrat und der
Personalchefin gegeben. Volle Einsicht in den Untersuchungsbericht habe sie
allerdings nicht bekommen. WWF Deutschland wird derzeit weiter vom
Interimsvorstand Christoph Heinrich geführt. Und der WWF Deutschland will
seine Führungsebene neu aufstellen. Drei Frauen wurden kommissarisch in die
Geschäftsleitung geholt, zwei waren zuvor im operativen Naturschutzbereich.
Der Richtungsstreit über mehr Basisdemokratie oder eine straffe, aber
schlagfertigere Führung, so hört man, ist noch nicht entschieden.
## Der Bundestag und seine Polizei
Wie sicher ist das deutsche Parlament? Seit der [6][Razzia gegen ein
Netzwerk von Reichsbürger:innen], die einen Staatsstreich geplant haben
sollen und dabei mutmaßlich in den Bundestag eindringen wollten, wird diese
Frage breit diskutiert. Der Bundestag selbst hat angekündigt, [7][seine
Zutrittsregeln zu verschärfen.]
Bereits im vergangenen Jahr hatten Recherchen der taz gezeigt, dass die
Sicherheit des Parlaments auch von innen bedroht ist. [8][Wir hatten über
rechtsextreme Vorfälle in der Bundestagspolizei berichtet.] Danach wurden
alle 200 Polizist:innen in Einzelgesprächen befragt und gegen fünf
Beamt:innen Disziplinarverfahren eingeleitet. Der damalige
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hatte damals zudem verpflichtende
Schulungen zu „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ für die
Polizist:innen angekündigt.
Bisher nahmen an den vierstündigen Schulungen offiziellen Angaben zufolge
etwa 80 der 132 Beamt:innen des mittleren Dienstes teil. Lernziel der
Veranstaltung ist laut internen Unterlagen, dass die Teilnehmenden aktuelle
extremistische Organisationen kennen, sich mit Rassismus, Antisemitismus
und Radikalisierung beschäftigt haben sowie „mit aktuellen
Präventionsansätzen“ vertraut sind.
Die Bundestagsverwaltung bewies dann gleich selbst, dass diesbezüglich
offenbar immer noch Verbesserungspotenzial besteht. Im Januar berichteten
wir, dass der gerade erst neu berufene Chef des Sicherheitsreferats [9][in
einer ultrarechten Burschenschaft aktiv ist.] Er wurde nach unserem Bericht
versetzt, ist aber weiterhin Referatsleiter und nun bei den
wissenschaftlichen Diensten unter anderem für den Bereich Strafrecht
zuständig.
Drei Disziplinarverfahren laufen indes weiter, zwei Polizisten sind immer
noch vom Dienst suspendiert. Das Strafverfahren, das gegen den Polizisten
eröffnet wurde, der mutmaßlich den Hitlergruß gezeigt hatte, wurde von der
Berliner Staatsanwaltschaft eingestellt. Auf Anfrage teilte sie mit, dass
der mutmaßliche Hitlergruß nicht öffentlich gezeigt wurde, sondern in einem
Pausenraum – und das sei nicht strafbar.
## Mit Sternschnuppenstaub gegen Covid
Meteoreisen, der Staub erloschener Sternschnuppen, soll in verdünnter Form
Coronainfektionen lindern – glaubt man im anthroposophischen
Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe in Berlin.
Der Umgang mit der Pandemie war in Havelhöhe nicht nur bei den Behandlungen
alternativ. Mit Coronaschutzmaßnahmen wurde lax umgegangen. Während in
anderen Krankenhäusern Besuchsverbote galten, wurde in Havelhöhe ein
öffentliches Flamenco-Konzert veranstaltet – ohne Maskenpflicht. Dem
Krankenhauspersonal in Havelhöhe wurde ein Impfschema angeboten, für das es
keine Zulassung gibt. Der zuständigen Amtsärztin „sträubten sich die
Haare“, als sie von der Impfmethode erfuhr, bei der eine Impfdosis in
mehrere Injektionen aufgeteilt wird.
[10][Nachdem die taz diese Missstände im Februar öffentlich machte], drohte
die Krankenhausleitung mit einer Klage. Auch bei manchen taz-Leser:innen
stieß die Recherche auf Unverständnis. Einige Abos wurden gekündigt,
wütende E-Mails landeten in den Posteingängen der Chefredaktion. Anhand der
ähnlichen Schreibweise liegt nahe, dass die Mailaktion abgesprochen war.
Wenige Monate später bekam Chefarzt Harald Matthes Ärger – wegen seiner
Forschung. Im Rahmen seiner Stiftungsprofessur an der Charité, die von
einer anthroposophischen Stiftung finanziert wird, leitete er eine Studie
über mögliche Nebenwirkungen der Coronaimpfung. Laut Matthes zeigt die
Umfrage, dass Impfnebenwirkungen häufiger auftreten würden als bisher
registriert. Die Charité distanzierte sich wegen methodischer Schwächen von
der Studie. Ein Problem: Personen sollen doppelt teilgenommen haben.
Auch andere angebliche alternative Heilmethoden hatten es in diesem Jahr
nicht leicht. Im Mai entschieden die Ärztekammern, keine Weiterbildungen
mehr für Homöopathie anzubieten. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)
will prüfen, ob Homöopathika weiterhin von den Krankenkassen übernommen
werden sollen. Diese Entwicklung könnte auch ungemütlich für
Anthroposoph:innen werden, da sie Krankheiten ebenfalls mit verdünnten
Mitteln behandeln, für deren Wirksamkeit es keinen wissenschaftlichen Beleg
gibt.
Harald Matthes hatte der taz im Februar versprochen, die empirischen Belege
für die Wirkung von Meteoreisen gegen eine Coronainfektion nachzuliefern.
Noch ist nichts angekommen.
## #LinkeMeToo
Die Empörung war groß, als im Frühjahr in den sozialen Medien der Hashtag
#LinkeMeToo trendete. Sexismusverdacht, ausgerechnet bei einer
feministischen Partei? Der Spiegel hatte über Sexismusvorwürfe im
hessischen Landesverband berichtet. Susanne Hennig-Wellsow trat unter
anderem deswegen von ihrem Amt als Vorsitzende zurück, was die Partei in
eine Führungskrise stürzte.
[11][Kurz darauf zeigten taz-Recherchen], dass es vor den Vorwürfen aus
Hessen bereits einen anderen Fall gab, der bis in die Parteispitze hinein
für Ärger gesorgt hatte. In Nürnberg warfen mehrere Parteimitglieder einem
Stadtrat sexuelle Übergriffe und Grenzüberschreitungen vor. Sie
beschuldigten ihn, sie ohne ihr Einverständnis berührt zu haben, am Gesäß,
am Oberschenkel, im Nacken. Die Vorwürfe erreichten auch den Bundesverband.
Der Parteivorstand gründete eine Vertrauensgruppe, die die Vorwürfe
aufarbeiten sollte, aber zu keinem definitiven Ergebnis kam. Nach dem
taz-Bericht traten mehrere Mitglieder aus der Vertrauensgruppe aus, auch
aus Protest darüber, wie die Partei mit den Vorwürfen umgeht.
Die Linke will ihren Umgang mit Sexismusvorwürfen nun grundlegend
überarbeiten. Eine feministische Kommission soll einen Leitfaden
erarbeiten, den der Bundesparteitag 2023 verabschieden soll. In jedem
Landesverband und auf Bundesebene soll es eine Vertrauensgruppe geben, die
Betroffenen von sexistischen Belästigungen und Übergriffen beratend zur
Seite stehen und auf Kosten der Partei geschult werden soll.
In Bayern sind derweil einige der zentralen Akteure in der Partei
aufgestiegen. Die Anwältin des beschuldigten Stadtrats wurde im September
zur Co-Vorsitzenden der bayerischen Linken gewählt. Auch der Stadtrat sitzt
nun im Landesvorstand.
## Wie das Internet im Iran zensiert wird
Die Aussagen, mit der die Europäische Union im November einen [12][neuen
Eintrag in ihrer Sanktionsliste] begründet, sind deutlich: „Arvan Cloud“
sei ein IT-Unternehmen, das der iranischen Regierung helfe, den Zugang zum
Netz zu kontrollieren. Es sei verantwortlich für Zensur und stehe mit
Einrichtungen in Verbindung, „die für schwere Menschenrechtsverletzungen in
Iran verantwortlich sind“.
Gut drei Wochen zuvor hatte die taz eine [13][Recherche über eben jene
iranische IT-Firma ArvanCloud veröffentlicht]. In dem Bericht geht es um
Verbindungen nach Deutschland, ins Nobelviertel Meerbusch bei Düsseldorf.
Mit Kollegen von [14][Correctiv] und [15][netzpolitik.org] hatte die taz
aufgedeckt, dass dort ein Netz aus Firmen angesiedelt ist, die mindestens
indirekt mit den islamischen Revolutionsgarden, Geheimdiensten und dem
Mullah-Regime verbunden sind. Bis vor Kurzem war unter anderem die Webseite
Arvancloud.com auf eine deutsche Firma in Nordrhein-Westfalen angemeldet.
Auch iranische Regierungswebseiten liefen über die Infrastruktur der
deutschen Firma.
Sowohl ArvanCloud als auch die deutsche Firma bestreiten die Vorwürfe, an
Internetfiltern, Zensur oder dem Aufbau oder Ausbau von nationalen Netzen
in Iran seien sie nicht beteiligt. Ein Vertrag beider Firmen sei gekündigt
worden. Nach Bekanntgabe der [16][EU-Sanktion kündigte ArvanCloud an,
dagegen vorzugehen].
Die taz, Correctiv und netzpolitik.org hatten von einem Vertrag von 2020
zwischen ArvanCloud und dem iranischen Kommunikationsministerium berichtet.
ArvanCloud hilft demnach beim Aufbau einer iranischen Cloud-Infrastruktur,
wobei dem Regime weitreichende Kontrollbefugnisse eingeräumt werden.
Bemühungen um national abgeschottete Netze gibt es auch in China oder in
Russland. Das Ziel dabei ist es, die Kosten von Zensur und Abschottung zu
verringern. Wenn ein nationales Netz ausgebaut ist, sollen Onlinedienste,
Geschäfte und Behörden möglichst ungestört weiterlaufen, obwohl
internationale Verbindungen gekappt sind.
Das iranische Regime reagiert nach dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini
mit massiven Netzblockaden auf die Proteste im Land. Die Organisation von
Demos und Berichterstattung soll erschwert werden. [17][Neben Zensur kam es
zu Drosselungen des Internets, in einigen Regionen sogar zur kompletten
Abschaltung]. Gesperrt werden in Iran auch Social-Media-Netzwerke wie
Twitter, Facebook und Instagram sowie Messengerdienste wie Whatsapp oder
Signal. Signal wird von einer gemeinnützigen Stiftung getragen und bietet
eine sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung an.
Die [18][taz war im September einem Aufruf gefolgt, Signal zu
unterstützen]. Wie andere richtete die taz einen sogenannten Proxy-Server
ein, über den die Kommunikation umgeleitet werden kann. Das macht es den
Zensoren in Iran schwerer, Datenverkehr an Signal zu erkennen. Die Adresse
kann per E-Mail an [19][[email protected]] angefragt werden. Seit
September haben wir Hunderte Anfragen beantwortet. Viele suchen nach einer
Möglichkeit, um weiter sicher mit ihren Verwandten in Iran zu
kommunizieren. Eine weitere digitale Hilfe für die Menschen in autoritären
Regimen ist die Unterstützung des anonymen Tor-Projektes. Die taz stellt
auch dafür Infrastruktur zur Verfügung. Privat kann man über eine
Erweiterung seines [20][Internet-Browsers namens „Snowflake“] helfen.
## Was macht eigentlich Hannibal?
Am 20. Januar 2022 fällt das Landgericht Mosbach sein Urteil. Der ehemalige
KSK-Soldat André S. alias „Hannibal“ muss wegen des „fahrlässigen
unerlaubten Führens von Schusswaffen“ eine Geldstrafe zahlen, 50 Tagessätze
à 30 Euro. Im Urteil wird knapp erwähnt, dass es sich um ein Training der
„Defence Group“ von Uniter e. V. gehandelt habe. Die Teilnehmer des
paramilitärischen Trainings wurden freigesprochen oder die Verfahren
eingestellt.
[21][Wie die taz 2018 aufgedeckt hatte], wollte Uniter eine bewaffnete
Einheit aufbauen und diese sogar ins Ausland schicken. Unter anderem
deswegen wird die Organisation inzwischen vom Verfassungsschutz [22][als
rechtsextremer Verdachtsfall beobachtet.] All das spielte vor Gericht keine
Rolle. Die Verurteilung von André S. in einem Verfahren vor dem Landgericht
Stuttgart aus dem Sommer (75 Tagessätze wegen unerlaubten Besitzes von
Nebelgranaten und Übungshandgranatenzündern) ist noch nicht rechtskräftig.
Das Wort „rechtsextrem“ kommt in beiden Urteilen nicht vor. Zwar wird das
Hannibal-Netzwerk inzwischen [23][von den Sicherheitsbehörden sehr ernst
genommen], aber juristische Konsequenzen fallen davon mitunter weit ab. Das
ist bei einem prominentem Mitglied des Netzwerkes anders. Der
Bundeswehroffizier [24][Franco A. wurde im Juli als Rechtsterrorist
verurteilt,] in der Urteilsbegründung wurde auch auf seine Vernetzung in
der Prepperchatgruppe Süd verwiesen.
Die Terrorermittlungen gegen zwei Mitglieder der Preppergruppe Nordkreuz
[25][hat der Generalbundesanwalt vor einem Jahr hingegen eingestellt.] Für
andere (ehemalige) Mitglieder gab es bereits Konsequenzen, oft aber nur
dienstrechtlich. Im Frühjahr wurde Anklage gegen den Mann erhoben, über
dessen Schießplatz sich die Nordkreuz-Leute Munition beschafften und der
dem damaligen Innenminister Lorenz Caffier (CDU) eine Waffe schenkte. Auch
der Mitarbeiter einer Waffenbehörde ist angeklagt. [26][Es geht unter
anderem um einen mutmaßlichen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz
und versuchte Strafvereitelung.] Das Landgericht Schwerin hat bis heute
nicht entschieden, ob es den Fall verhandeln wird. Ein Gerichtssprecher
verweist auf die dauerhafte Erkrankung der Vorsitzenden der zuständigen
Strafkammer. Es sei mit einer „Eröffnungsentscheidung und Terminierung in
dieser Sache, zumindest kurzfristig, nicht zu rechnen“.
25 Dec 2022
## LINKS
[1] /Angriff-auf-Fastfood-Lieferanten/!5883867
[2] /Rassismus-beim-Rettungsdienst/!5879278
[3] /Rechte-Retter-und-die-Folgen/!5887459
[4] /Fuehrung-des-Umweltverbands-WWF/!5850257
[5] /Brandes-verlaesst-Naturschutzorganisation/!5853426
[6] /Polizeieinsatz-gegen-rechte-Verschwoerer/!5901826
[7] /Ermittlungen-gegen-Terrorgruppe/!5903053
[8] /Rechtsextreme-bei-der-Bundestagspolizei/!5777254
[9] /Rechte-bei-der-Bundestagspolizei/!5827253
[10] /Anthroposophisches-Krankenhaus-Havelhoehe/!5830435
[11] /MeToo-bei-der-Linkspartei/!5846760
[12] /Strafmassnahmen-gegen-Iran/!5894895
[13] /Iranische-Tarnfirmen-in-Deutschland/!5885984
[14] https://correctiv.org/aktuelles/2022/10/20/wie-der-iran-deutsche-verbindun…
[15] https://netzpolitik.org/2022/meerbusch-iran-connection-deutsche-firma-in-a…
[16] https://twitter.com/ArvanCloud/status/1592195257139359744?s=20&t=FPvka…
[17] /NetBlocks-Gruender-ueber-Internet-im-Iran/!5880188
[18] /Reaktion-auf-Unterdrueckung-in-Iran/!5883510
[19] /[email protected]
[20] https://snowflake.fiff.de
[21] /taz-Recherche-zu-rechtem-Netzwerk/!5557397
[22] /Uniter-und-der-Verfassungsschutz/!5697547
[23] /Nach-Razzia-bei-Reichsbuergern/!5901948
[24] /Prozess-gegen-Franco-A/!5865056
[25] /Rechtsextreme-Preppergruppe-Nordkreuz/!5829891
[26] /Rechtsextreme-Preppergruppe-Nordkreuz/!5842500
## AUTOREN
Kersten Augustin
Sebastian Erb
Jean-Philipp Baeck
Sophie Fichtner
Anne Fromm
## TAGS
Investigativer Journalismus
Lesestück Recherche und Reportage
Rechtsextremismus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt #metoo
GNS
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk
Schwerpunkt Rassismus
Proteste in Iran
Schwerpunkt Stadtland
Kolumne Das bisschen Haushalt
Proteste in Iran
Lesestück Recherche und Reportage
Deutsche Burschenschaft
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