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# taz.de -- Terrorverdacht gegen Rechtsextreme: Großrazzien bei Neonazis
> Die Polizei hat in elf Bundesländern Wohnungen von Rechtsextremen
> durchsucht. Einige werden verdächtigt, eine Terrorgruppe gründen zu
> wollen.
Bild: Razzia am „Flieder Volkshaus“ in Eisenach, Thüringen am 6. April 2022
Berlin taz | Großer Schlag gegen die rechtsextreme Szene: Am Mittwochmorgen
durchsuchten 800 Polizisten auf Geheiß der Bundesanwaltschaft in elf
Bundesländern gleich 61 Wohnungen von insgesamt 50 beschuldigten Neonazis.
Vier Verdächtige wurden festgenommen.
Gleich mehrere Gruppen stehen dabei im Visier, darunter die
„Atomwaffendivision“, „[1][Combat 18]“ oder die Kampfsportgruppe
„Knockout51“. Ermittelt wurde bereits seit September 2019. Einigen der
Beschuldigten wird die versuchte Bildung einer terroristischen Vereinigung
vorgeworfen, anderen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Die
Gruppen sollen teils miteinander verwoben sein. Einer der Beschuldigten
soll [2][laut Spiegel] ein aktiver Bundeswehrsoldat sein.
Einer der Hauptbeschuldigten ist der Thüringer Rechtsextremist Leon R., der
auch festgenommen wurde. Er rückte schon 2019 in den Fokus der Ermittler
wegen möglicher Aktivitäten für [3][die „Atomwaffendivision“]. Zudem war…
zuletzt maßgeblicher Teil von „Knockout51“ und hielt auch Kontakte zum
früheren „Combat 18“-Anführer Stanley Röske.
Entsprechend wurde am Mittwoch die von Leon R. in Eisenach betriebene
Szenekneipe „Bull's Eye“ durchsucht, ebenso wie das „Flieder Volkshaus“…
der Stadt, die Landesgeschäftsstelle der NPD. Im „Flieder Volkshaus“ gab es
erst im Januar ein Treffen von früheren „Combat 18“-Aktivisten, darunter
Leon R. und Stanley Röske. Auf einem Foto präsentierte sich Leon R. vor
einer Hakenkreuzfahne, ein Gleichgesinnter zeigte den Hitlergruß.
## Geplant war ein „Nazi-Kiez“
Die Bundesanwaltschaft wirft Leon R. vor, mit „Knockout51“ spätestens im
März 2020 eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben. Der 24-Jährige sei
der Anführer gewesen. Auch die anderen drei Verhafteten gehören zu der
Gruppe: Maximilian A., Eric K. und Bastian A. Sie wurden ebenfalls in
Eisenach und Rotenburg an der Fulda verhaftet. Insgesamt beschuldigt sind
hier zehn Rechtsextreme.
Ziel der Gruppe sei es gewesen, in Eisenach einen „Nazi-Kiez“ zu
etablieren. Die Gruppe habe dafür junge Gleichgesinnte „indoktriniert und
für Straßenkämpfe ausgebildet“. Die Kampftrainings hätten unter der Leitu…
von Leon R. im „Flieder Volkshaus“ stattgefunden. Durchgeführt worden seien
„Kiezstreifen“ und „gezielte Provokationen von Gewalt“. Geplant gewesen
seien „erhebliche Straftaten“, auch mit Hieb- und Stichwaffen, vor allem
gegen Linke oder Polizisten. Mehrere Angriffe mit teils schweren
Verletzungen seien auch bereits erfolgt.
„Knockout51“ gab zwar im November 2021 seine Auflösung bekannt, die
Bundesanwaltschaft hält das aber nur für vorgetäuscht. So seien wenig
später mehrere Mitglieder in die NPD-Jugend eingetreten. Die Gruppe habe
sich zudem zuletzt an Corona-Protesten beteiligt und sei auch nach
Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg vernetzt gewesen.
Leon R. wird zudem vorgeworfen, einen deutschen Ableger der
„Atomwaffendivision“ (AWD) mitgebildet zu haben. Die Gruppe wurde 2015 in
den USA gegründet, wo ihr zuletzt auch Morde vorgeworfen wurden. Bereits
2018 tauchte ein Video der Gruppe auch aus Deutschland auf, später folgten
Flugblätter in Berlin oder Frankfurt/Main. Ein 23-jähriger Bayer wurde im
Dezember 2020 zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er für einen AWD-Ableger
hierzulande einen Anschlag geplant haben soll.
Nun wird neben Leon R. auch gegen neun weitere Beschuldigte ermittelt, die
zur deutschen AWD gehören oder die Gruppe unterstützt haben sollen. Einer
der Durchsuchten ist etwa Maurice P. aus Berlin-Neukölln. Er stand in der
Vergangenheit in Kontakt zur NPD und sollte sich just am Mittwoch Gericht
unter anderem für einen schweren Messerangriff auf einen Deutschjamaikaner
verantworten. Der Prozessauftakt wurde abgesagt.
## Aussage im Prozess gegen Leipzigerin Lina E.
Leon R. sagte erst kürzlich als Zeuge im Prozess [4][gegen die Leipzigerin
Lina E.] und drei weitere Linke aus, denen Übergriffe auf R. und weitere
Neonazis vorgeworfen werden. Dort bestritt er, organisatorisch mit der AWD
zu tun gehabt zu haben. Zu „Knockout51“ behauptete er, dass die Gruppe
unpolitisch gewesen sei – was die Bundesanwaltschaft anders sieht. Leon R.
werden neben der Rädelsführerschaft einer kriminellen Vereinigung auch
gefährliche Körperverletzung und Landfriedensbruch vorgeworfen. Auch den
anderen drei Festgenommenen „Knockout51“-Mitgliedern werden gefährliche
Körperverletzungen und Angriffe auf Polizisten vorgeworfen. Auch Maximilian
A. sagte zuletzt im Lina E.-Prozess aus und gab sich unpolitisch.
Zudem besteht nun der Vorwurf, dass das 2020 vom Bundesinnenministerium
verbotene „Combat 18“ fortbetrieben wird. So sollen weiter Treffen und
„Leistungsmärsche“ stattgefunden haben, auch Aufnahmeprüfungen von
Neuanwärtern. Der Verdacht soll sich hier gegen 21 Beschuldigte richten,
darunter nach taz-Informationen gegen den einstigen Anführer Stanley Röske.
Die Razzien am Mittwoch richteten sich schließlich auch gegen ein
selbsternanntes „Sonderkommando 1418“. In Chats soll die Gruppe zu einem
„Rassenkrieg“ und Anschlägen aufgerufen haben. Beschuldigt sind hier fünf
Rechtsextreme. Ihnen wird vorgeworfen, eine terroristische Vereinigung
gegründet zu haben.
Aktualisiert und ergänzt am 06.04.2022 um 11:35 Uhr. d.R.
6 Apr 2022
## LINKS
[1] /Rechtsextreme-Vereinigung-Combat-18/!5675027
[2] https://www.spiegel.de/panorama/justiz/atomwaffen-division-ermittler-spreng…
[3] /Neonazis-rufen-zur-Gewalt-auf/!5522527
[4] /Mitangeklagter-im-Fall-Lina-E/!5837047
## AUTOREN
Konrad Litschko
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