# taz.de -- Aktionsplan gegen Rechts: Mit Prävention und Härte | |
> Innenministerin Faeser legt einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus | |
> vor. Zivilgesellschaftliche Initiativen kritisieren Leerstellen. | |
Bild: Will die rechtsextreme Szene mit Prävention und „harter Hand“ bekäm… | |
BERLIN taz | Es ist das Mantra von [1][Nancy Faeser] seit ihrem Antritt | |
als Bundesinnenministerin: Die größte Gefahr hierzulande gehe vom | |
Rechtsextremismus aus. Und früh kündigte die Sozialdemokratin einen | |
Aktionsplan gegen diese Gefahr an, bis Ostern. Nun liegt dieser schon etwas | |
früher vor. Am Dienstag stellte Faeser ihn in Berlin vor. „Unsere | |
Demokratie ist wachsam und wehrhaft“, betonte Faeser dabei. Und: Gerade | |
angesichts des Kriegs in der Ukraine müsse der „innere Frieden“ gestärkt | |
werden. | |
Der Aktionsplan umfasst zehn Punkte. Die selbsterklärte Leitlinie: | |
„Prävention und harte Hand“. Als ersten Punkt will Faeser nun | |
„rechtsextreme Netzwerke zerschlagen“. Setzte ihr CSU-Vorgänger Horst | |
Seehofer hier noch auf Verbote, sollen nun vor allem Finanzquellen der | |
Szene „ausgetrocknet“ werden, um so Propaganda und Aktivitäten zu | |
verhindern. Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll dafür stärker die | |
[2][Geschäfte der Szene] aufklären, etwa auf Festivals oder | |
Kampfsportevents.Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang kündigte aber | |
auch an, rechtsextreme Gruppen neu ein- oder hochzustufen und mögliche | |
Verbote zu unterstützen. | |
Gleichzeitig soll die Szene entwaffnet werden. Die Zahl der | |
Rechtsextremisten mit Waffenerlaubnissen war zuletzt auf rund 1.500 | |
Personen gestiegen. „Viel zu viele“, räumte Haldenwang ein. Mit einem Forum | |
aus Verfassungsschutz-, Waffen- und Polizeibehörden soll der Entzug der | |
Waffenerlaubnisse nun erleichtert werden. Zudem sollen Waffenbehörden | |
künftig auch von psychischen Erkrankungen von Waffenbesitzern erfahren, wie | |
sie etwa der Hanau-Attentäter aufwies. Wie genau, ließ Faeser vorerst | |
offen. | |
## BKA und Verfassungsschutz werden gestärkt | |
Beim Kampf gegen Hass im Internet setzt Faeser auf die neu gegründete | |
BKA-Taskforce „Telegram“, die künftig auch auf anderen Plattformen | |
ermitteln soll. Auch die Zentrale Meldestelle des BKA für Hasspostings soll | |
ausgebaut werden – diese liegt bisher jedoch [3][weitgehend auf Eis], weil | |
Facebook und andere gegen verpflichtende Meldungen klagten. Faeser will nun | |
auf EU-Ebene mit dem Digital Services Act dagegensteuern. Ein bereits | |
länger geplanter Schritt. | |
Zudem sollen Extremisten künftig schneller aus dem öffentlichen Dienst | |
fliegen. Hier soll das Bundesdisziplinargesetz geändert werden, um | |
Disziplinarverfahren zu beschleunigen. Eingeführt werden soll auch eine | |
neue „Allianz zum Schutz kommunaler Mandatsträger“. Hier hatte sich die | |
Zahl der Angriffe zuletzt verdreifacht. In der Allianz sollen Länder, | |
Kommunen und Zivilgesellschaft Schutzmaßnahmen erarbeiten. | |
Dazu kommt das Feld Prävention. Faeser setzt hier vor allem auf die | |
[4][Bundeszentrale für politische Bildung], deren Personal bereits zuletzt | |
verdoppelt wurde und die inzwischen 100 Träger fördert. Deren | |
Bildungsarbeit soll weiter ausgebaut werden, etwa mit dem Programm | |
„Miteinander Reden“, das Bürgerdialoge im Lokalen organisiert, oder einem | |
neuen Format „Demokratie im Netz“. Man wolle dahingehen, „wo es wehtut“, | |
erklärte Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale. | |
## Neue Programme gegen Verschwörungsmythen | |
Zudem soll ein neues Bundesprogramm gegen Verschwörungstheorien her und der | |
Verfassungsschutz sein Aussteigerprogramm um diesen Bereich ergänzen. Auch | |
will Faeser will ein Forschungsprojekt in Auftrag geben, das | |
[5][Radikalisierungen im Coronaprotes]t untersucht. | |
Zu guter Letzt sollen [6][Opfer von rechtsextremer Gewalt] besser betreut | |
werden. „Mehr Empathie und Unterstützung“, versprach Faeser. Die Polizei | |
soll kultursensibler handeln, das BKA sein neues Netzwerk zur Opferfürsorge | |
fertigstellen. | |
Gänzlich neu sind die Maßnahmen nicht. Bereits die vorherige | |
Bundesregierung hatte einen [7][89-Punkte-Plan gegen Rechtsextremismus] auf | |
den Weg gebracht. Faeser sprach nun von Maßnahmen, die kurzfristig | |
umgesetzt werden sollen. Es sei ein „erster Aufschlag“. | |
## Initiativen loben und kritisieren | |
Die Amadeu-Antonio-Stiftung lobte den Aktionsplan als „wichtiges Signal, | |
dass der Rechtsstaat seine Mittel gegen rechtsextreme Gewalttäter endlich | |
konsequenter als früher ausschöpfen will“. Noch aber bestehe dieser Plan | |
aus Ankündigungen. Der Erfolg werde sich letztlich an vollstreckten | |
Haftbefehlen oder eingezogenem Szenevermögen messen lassen. | |
Auch der Verband der Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt kritisierte | |
„Leerstellen“. So würden Rassismus und Antisemitismus „als zentrale | |
Ideologien rechtsextremer Gewalt und Attentate nicht benannt“, erklärte | |
Vorstandsmitglied Olivia Sarma. Auch fehle es an einer Stärkung der Rechte | |
von Gewaltopfern in Ermittlungsverfahren, die nach Angriffen geführt | |
würden. In einem Aktionsplan, der sich als ganzheitich bezeichne, müsse | |
dieser Punkt aber vorkommen, mahnte Sarma an. | |
15 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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