# taz.de -- Anklage gegen Neonazis: Es sollte zu Toten kommen | |
> Die rechtsextreme Schlägertruppe "Knockout 51" wollte im Thüringer | |
> Eisenach einen "Nazi Kiez" etablieren. Nun klagt die Bundesanwaltschaft | |
> die Männer an. | |
Bild: Unter einem Deckmantel sollen Nazis Angriffe auf Polizisten oder Linke vo… | |
BERLIN taz | Leon R. strotzte vor Selbstbewusstsein. Im Thüringer Eisenach | |
fungierte er als [1][Anführer der rechtsextremen Kampfsporttruppe „Knockout | |
51“], als Ziel gab er die Schaffung eines „Nazi Kiez“ an. Immer wieder so… | |
der 25-Jährige zugeschlagen haben, attackierte vermeintlich Linke oder | |
Polizisten. Bis die Bundesanwaltschaft ihn [2][im April 2022 mit drei | |
Kumpanen festnehmen ließ]. Nun folgt die Anklage. | |
Am Montag gab die Bundesanwaltschaft bekannt, dass sie bereits Anfang Mai | |
vor dem Thüringer Oberlandesgericht Anklage gegen das Quartett erhob hat. | |
Der Vorwurf: Bildung einer kriminellen und terroristischen Vereinigung. | |
Spätestens ab März 2019 habe sich „Knockout 51“ zusammengefunden, Leon R. | |
sei der „Rädelsführer“ gewesen, so die Bundesanwaltschaft. Unter dem | |
Deckmantel von Kampfsporttrainings habe die Gruppe junge Männer „bewusst | |
mit rechtsextremem Gedankengut indoktriniert“ und für Angriffe auf | |
Polizisten oder Linke vorbereitet. Trainiert wurde in der Thüringer | |
NPD-Zentrale in Eisenach, dem „Flieder Volkshaus“. Ziel sei auch „die | |
Tötung von Personen der linksextremen Szene“ gewesen. | |
Die Festnahme von Leon R. und den drei weiteren Führungskräften von | |
„Knockout 51“ – Bastian A., Maximilian A. und Eric K. – war im April 20… | |
im Rahmen [3][einer größeren bundesweiten Razzia in der rechtsextremen | |
Szene] erfolgt. Damals wurden auch Neonazis der Atomwaffendivision oder | |
[4][des verbotenen Combat18] durchsucht. | |
## Opfer wurden bewusstlos geprügelt | |
Die härtesten Vorwürfe aber trafen „Knockout 51“. Die Anklage listet eine | |
Vielzahl an Übergriffen. Hauptaugenmerk lag zunächst auf Eisenach. Dort | |
führte „Knockout 51“ selbsternannte „Kiezstreifen“ durch, sicherte | |
Veranstaltungen im „Flieder Volkshaus“ ab. | |
Vor einer Eisenacher Sporthalle sollen Leon R. und Maximilian A. vier | |
Personen als Randalierer beschuldigt und verprügelt haben, ein Opfer erlitt | |
Knochenbrüche im Gesicht. In einem Lokal wurde eine Person bewusstlos | |
geprügelt, um die Vormachtstellung im „Nazi Kiez“ zu unterstreichen. Auch | |
eine Eisenacher Silvesterparty soll die Gruppe attackiert haben, da sie | |
dort Drogenkonsumenten vermutete. Eine Person wurde bewusstlos geprügelt. | |
Auf einer anderen Feier wurde ein vermeintlich Linker mit | |
Quarzsandhandschuhen so ins Gesicht geschlagen, dass er diverse Brüche | |
erlitt. Eine andere Person sollen die Nazis für eine Beleidigung verprügelt | |
haben. | |
Die Gruppe soll auch das Eisenacher Büro der Linkspartei attackiert haben. | |
Mit Steinwürfen wurde eine Fensterscheibe zerstört, es entstand ein Schaden | |
von knapp 3.000 Euro. Verantwortlich soll Eric K. gewesen sein. | |
Immer wieder verübte die Gruppe laut Anklage auch bei Demonstrationen gegen | |
die Corona-Schutzmaßnahmen Angriffe auf Polizeibeamte oder vermeintliche | |
Linke. So wurde [5][im August 2020 in Berlin] ein Polizist von | |
Gruppenmitgliedern in den Bauch getreten, ein zweiter zur Seite gestoßen, | |
um einen Festgenommenen zu befreien. Auf einem Leipziger Aufzug soll | |
Bastian A. eine Glasflasche in Richtung Polizeibeamte geworfen haben. Bei | |
einer späteren Demonstration in der Stadt kam es laut Anklage zu drei | |
Übergriffen der Gruppe. Und auf einer Coronademo in Kassel soll die Gruppe | |
angeblich Linke gejagt und einen Mann Schläge ins Gesicht versetzt haben. | |
## Tödlicher Angriff auf Linke vorbereitet | |
Für die Bundesanwaltschaft war Leon R. bei allen Aktivitäten die zentrale | |
Figur. Er habe die Aufnahmebedingungen bei „Knockout 51“ diktiert, die | |
Kampftrainings und ideologischen Schulungen geleitet und die Gruppe über | |
seine Kontakte auch überregional vernetzt. | |
Eine Radikalisierung von „Knockout 51“ habe nach zwei Angriffen auf Leon R. | |
Ende 2019 stattgefunden. Die Angriffe werden der [6][Gruppe um die | |
inhaftierte Leipziger Autonome Lina E. vorgeworfen]. Nach den Angriffen | |
hätten Leon R. und die anderen gezielt die Auseinandersetzung mit | |
Linksextremen gesucht, „um unter dem Deckmantel der Selbstverteidigung | |
tödlich wirkende Gewalt anwenden zu können“, so die Bundesanwaltschaft. | |
Dafür habe die Gruppe Messer, Schlagringe, eine manipulierte Gaspistole und | |
Teile für eine halbautomatische Schusswaffe besorgt. Auch Schießtrainings | |
hätten stattgefunden. Ziel sei ein „tödlich wirkender Gegenschlag“ gewesen | |
– aber es sei zu keinem linken Angriff mehr gekommen. | |
Leon R. und Maximilian A. sagte im März 2022 schließlich auch [7][als | |
Zeugen und Geschädigte im Lina E.-Prozess in Dresden aus] – und spielten | |
dort ihre rechtsextremen Aktivitäten herunter. Wenig später erfolgte ihre | |
Festnahme. Eine Nacht zuvor aber noch soll Bastian A., einen weiteren | |
Zeugen verprügelt haben. Dessen vermeintliches Vergehen: Er hatte im Lina | |
E.-Prozess über „Knockout 51“ detailliertere Aussagen gemacht. | |
15 May 2023 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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