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# taz.de -- Wohnungsmarkt in Hamburg und Berlin: Hamburg ist kein Modell
> Berlin möchte ab Freitag das Hamburger Bündnis für Wohnen kopieren. Doch
> die Erfahrungen von dort sind nicht nur positiv, sagt der Mieterverein.
Bild: In der Hamburger Hafencity sind die Mieten besonders hoch
Berlin taz | Schon im Wahlkampf hatte die Berliner SPD-Spitzenkandidatin
Franziska Giffey immer wieder auf das Hamburger „Bündnis für das Wohnen“
hingewiesen. Vor allem der Beitrag privater Investoren für den
Wohnungsneubau in der Hansestadt hatte es Giffey angetan. Als Regierende
Bürgermeisterin [1][drückt sie nun aufs Tempo]. Bis Ende Juni soll das
Berliner „Bündnis für Neubau und bezahlbares Wohnen“ stehen – nach
Hamburger Vorbild.
Der Auftakt findet an diesem Freitag statt. Doch taugt [2][das Hamburger
Beispiel] überhaupt als Modell für Berlin? Um diese Frage beantworten zu
können, hat der Berliner Mieterverein eine Studie zum Vergleich der
Wohnungsmärkte an Spree und Elbe erstellt, die am Donnerstag vorgestellt
wurde. „Die Mietentwicklung in Hamburg und Berlin zeigt einen deutlichen
Anstieg der Angebotsmieten“, resümierte Mietervereinschef Reiner Wild das
Ergebnis der 18-seitigen Studie.
„Dass die Neubautätigkeit die Mietsteigerungen dämpft, ist nicht sichtbar.�…
Wild sieht deshalb „keinen Hinweis darauf, auf den Mieterschutz verzichten
zu können“.
Dass in Hamburg seit Einführung des Bündnisses 2011 die Neubauzahlen
gestiegen sind, weiß auch der Mieterverein. So nahm [3][der Wohnungsbestand
in Hamburg] in den Jahren von 2011 bis 2020 um 7,6 Prozent zu. In Berlin
betrug der Zuwachs dagegen nur 5,9 Prozent.
„Dennoch ist die rechnerische Versorgung in beiden Städten schlecht“, sagte
Wild. Das bedeutet, dass der Zahl der Haushalte – in beiden Städten leben
im Schnitt 1,8 Personen in einem Haushalt – nicht die gleiche Zahl an
Wohnungen zu Verfügung steht. In Hamburg lag die Kennziffer 2011 bei 0,951
und sank bis 2020 auf 0,949. In Berlin sank sie im selben Zeitraum von
1,013 auf 0,974.
Trotz der Neubautätigkeit sind auch die Angebotsmieten in beiden Städten
von 2012 bis 2021 kontinuierlich gestiegen – in Berlin um 45,29 Prozent, in
Hamburg um 26,67 Prozent. Den höheren Anstieg in Berlin führt der
Mieterverein dabei auf das geringere Ausgangsniveau zurück. Das Fazit des
Berliner Mietervereins: „Der Wohnungsneubau hat trotz zahlreicher
Anstrengungen nicht für einen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage
gesorgt.“
Das sieht auch Reiner Wilds Hamburger Kollege Rolf Bosse so. Ein Grund für
die weitersteigenden Mieten ist für den Geschäftsführer des Mietervereins
zu Hamburg der geringe Anteil an bezahlbaren Wohnungen beim Neubau.
„Im Jahr 2021 wurden 1.895 geförderte Wohnungen fertiggestellt“, teilte
Bosse mit, der auch bei der virtuellen Vorstellung der Studie dabei war.
„Dies ist das traurige Ergebnis der Bemühungen des Senats um mehr
bezahlbaren Wohnraum.“
Für den [4][Hamburger Mieterverein] geht es nun darum, das Hamburger
Bündnis zu evaluieren und entsprechend nachzusteuern. Was in Berlin als
Modell gehandelt wird, ist in Hamburg womöglich also bald wieder überholt.
Auch die Einbeziehung der privaten Wohnungswirtschaft, die Franziska Giffey
als modellhaft betrachtet und für Berlin in den Koalitionsvertrag mit
Grünen und Linken verhandelt hat, sieht der Berliner Mieterverein an
manchen Stellen kritisch.
Denn der Anteil der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften am Bau von
Sozialwohnungen liegt in Hamburg, je nach Datenlage, nur zwischen 20 und 45
Prozent. In Berlin liegt diese „Sozialbauquote“ dagegen bei 80 bis 85
Prozent.
Wenn aber Private Sozialwohnungen bauen, so [5][Berlins Mietervereinschef
Reiner Wild], fallen sie nach 30 Jahren aus der Bindung und unterliegen
danach den Steigerungen im Mietspiegel. Mit kommunalen Gesellschaften wie
der Hamburger Saga oder den sechs Berliner Wohnungsbaugesellschaften könne
das Land als Eigentümerin dagegen Vereinbarungen treffen, die die
Bezahlbarkeit fortschreiben.
Es sei deshalb wichtig, die Neubautätigkeit stärker auf mittlere und untere
Einkommen zu konzentrieren, forderte Reiner Wild. „Eine Sozialquote von 30
bis 35 Prozent halten wir für angemessen.“ An das Berliner Bündnis richtet
er die Forderung, auch Umweltverbände und die Architektenkammer an den
Tisch zu holen. „Wir müssen nicht nur sozial, sondern auch ökologisch
bauen.“
Doch Giffey scheint das nicht zu beeindrucken. Zum Auftakt der
nichtöffentlichen Sitzung am Freitag sind nicht einmal die
Koalitionsfraktionen eingeladen. Mit dabei sind dagegen umstrittene
Wohnungskonzerne wie [6][Heimstaden] und [7][Vonovia], zu dem nun auch die
Deutsche Wohnen gehört.
28 Jan 2022
## LINKS
[1] /Ergebnisse-der-Klausurtagung-des-Senats/!5828532
[2] /Wohnraum-in-Hamburg/!5695546
[3] /Mieten-im-Hamburger-Wahlkampf/!5659956
[4] /Hamburger-Mieten-steigen-stark/!5819037
[5] /Mietenkrise-in-Deutschland/!5827574
[6] /Immobiliendeal-Akelius--Heimstaden/!5802695
[7] /Fusion-von-Vonovia-und-Deutsche-Wohnen/!5806940
## AUTOREN
Uwe Rada
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