# taz.de -- Bündnis für Wohnungsbau in Berlin: Holpriger Start | |
> Neubau soll die Wohnungsnot in Berlin mindern. Beim ersten Treffen von | |
> Franziska Giffeys Prestigeprojekt tat sich aber wenig. | |
Bild: Wie kann die Wohnungsnot in Berlin gelindert werden? | |
BERLIN dpa | Ein breites Bündnis von Politik, Wohnungswirtschaft und | |
Verbänden soll in Berlin dabei helfen, den dringend nötigen Wohnungsbau | |
anzukurbeln und [1][bezahlbare Mieten auch für die Zukunft] | |
sicherzustellen. Beim ersten Treffen der potenziellen Bündnispartner am | |
Freitag im Roten Rathaus wurde allerdings deutlich, wie mühevoll das vom | |
rot-grün-roten Senat initiierte Vorhaben sein wird. | |
Zwar konnten sich die Beteiligten nach Angaben der Regierenden | |
Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) auf Grundzüge des Arbeitsauftrages | |
und die Strukturen der Bündnisarbeit verständigen. Eine offizielle | |
Erklärung über alle gemeinsamen Ziele soll allerdings erst beim nächsten | |
Treffen am 21. Februar beschlossen werden. | |
Bei der Zusammenkunft hätten Beteiligte wichtige Punkte vorgetragen, die in | |
den vorbereiteten Entwurf noch eingearbeitet werden müssten, sagte Giffey | |
zur Begründung. „Wir sind heute zum ersten Mal zusammengekommnen. Und da | |
ist es doch ganz normal, dass alle, die am Tisch sitzen, noch Dinge haben, | |
die sie einbringen wollen.“ | |
Bis Juni, so das Ziel des Senats, sollen sich alle Beteiligten auf eine | |
verbindliche Vereinbarung verständigen, wie schneller Wohnungen gebaut und | |
Mieter gleichzeitig vor übermäßigen Mieterhöhungen geschützt werden könne… | |
Bis dahin will das Bündnis einmal monatlich in großer Runde tagen. Außerdem | |
sollen sich drei Arbeitsgruppen in die Themenkomplexe | |
Neubau/Modernisierung, Mietentwicklung/Mieterschutz und | |
Architektur/Städtebau vertiefen. | |
Vertreter von Unternehmen und Verbänden werten das Ziel, bis Juni zu einem | |
Gesamtpaket zu kommen, dem Vernehmen nach als ambitioniert. Manche sehen | |
nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch eine Überfrachtung des | |
Bündnisses mit Zielen. Mehr Neubau, mehr Klimaschutz, hohe städtebauliche | |
Qualität und eine Begrenzung von Mietanstiegen seien nicht ohne weiteres | |
unter einen Hut zu bringen. Die CDU wies darauf hin, dass die ungelöste | |
Frage, ob große Wohnungskonzerne nach dem erfolgreichen Volksbegehren | |
enteignet werden, einem Erfolg des Bündnisses entgegenstehe. | |
In Berlin mangelt es an Wohnraum, der für die breite Masse bezahlbar ist. | |
Problem dabei sind weniger die Bestandsmieten, die nach Angaben von | |
Bausenator Andreas Geisel (SPD) bei durchschnittlich 6,79 Euro je | |
Quadratmeter liegen. Dem gegenüber stehen zuletzt stark gestiegene | |
Angebotsmieten. Hier beträgt der Durchschnitt laut Geisel 10,80 Euro, aber | |
auch 14 oder 18 Euro je Quadratmeter seien keine Seltenheit. Folge: Die | |
Leerstandsquote betrage nur 1,5 Prozent. „Das bedeutet, es gibt praktisch | |
kaum eine freie Wohnung, die Berlinerinnen und Berlin können nicht mehr | |
umziehen.“ | |
Um dem entgegenzuwirken, hat sich der Senat das Ziel von 20.000 neuen | |
Wohnungen pro Jahr gesetzt – „im Durchschnitt“, so Giffey. „Die städti… | |
Gesellschaften haben in Aussicht gestellt, dass sie in der Lage sind, 30 | |
Prozent der gewünschten Menge der Wohnungen zu erfüllen“, berichtete sie. | |
Das bedeute, das sie das nötige Bauvolumen nicht allein schaffen könnten | |
und Private und Genossenschaften ihren Anteil beitragen müssten. Sie setze | |
deshalb auf „Kooperation statt Konfrontation und ein gegenseitiges | |
Unterhaken“, so Giffey. | |
## Geisel hofft auf Mietenmoratorium | |
Neben Neubau setzt der Senat auf eine verbindliche Vereinbarung, um den | |
Mietenanstieg zu bremsen. Geisel schwebt ein mehrjähriges Mietenmoratorium | |
unter Beachtung der Inflationsrate vor, wie er zuvor sagte. Ob und in | |
welcher Form es dazu kommt, ist offen. Bei der Sitzung am Freitag sei „die | |
Vorgabe nicht kritisiert worden“, so Geisel. Das Problembewusstsein sei | |
auch bei der Wirtschaft vorhanden. | |
Wenn das Bündnis funktionieren solle, müssten gleichzeitig auch das Land | |
Berlin, der Senat und die Bezirke ihre Hausaufgaben machen. Als Beispiele | |
nannte Geisel schnellere Baugenehmigungen, das Bereitstellen von Bauland | |
und die Beseitigung anderer Hürden. | |
Genau das fordert die Wirtschaft. „Was es für mehr bezahlbaren Neubau | |
braucht, sind schnellere Planungs-, Genehmigungs- und | |
Baustelleinrichtungsverfahren“, sagte die Vorständin des Verbandes | |
Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, Maren Kern, der dpa. Nötig | |
seien auch eine ausreichende Versorgung vor allem der Genossenschaften mit | |
bezahlbarem Bauland und mehr Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. | |
Kern forderte zudem den Ausbau der Verkehrs- und Sozialinfrastruktur. Von | |
weiteren Verschärfungen der Berliner Bauordnung müsse der Senat absehen. | |
Parallel zu den Bemühungen für das Bündnis arbeitet eine Senatskommission | |
an einer Bestandsaufnahme aller aktuell geplanten Wohnungsbauvorhaben. | |
Dabei geht es auch darum, welche Hürden für bestimmte Projekte bestehen und | |
wie man diese beseitigen kann, um Wohnungsbau zu beschleunigen. Laut Geisel | |
gibt es in der Stadt momentan rund 300 Wohnungsbauvorhaben, von denen rund | |
zwei Drittel im Plan seien. Die übrigen stockten aus unterschiedlichen | |
Gründen. | |
28 Jan 2022 | |
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