| # taz.de -- Genehmigung für Atommüll-Endlager soll weg: Jetzt alle gegen Konr… | |
| > Nicht nur Umweltverbände fordern den Widerruf des | |
| > Planfeststellungsbeschlusses für das Atommüllager Schacht Konrad – nach | |
| > 20 Jahren. | |
| Bild: Licht am Ende des Tunnels für Endlager-Gegner? Arbeit im Schacht Konrad | |
| Göttingen taz | Der alte Förderturm von Schacht Konrad, einem ehemaligen | |
| Eisenerzbergwerk, ragt wie ein Wahrzeichen aus der Industrielandschaft um | |
| Salzgitter. Die nach dem früheren deutsch-nationalen Reichstagsabgeordneten | |
| und Aufsichtsratsvorsitzenden der Salzgitter AG, Konrad Ende, benannte | |
| Grube war nur zwölf Jahre in Betrieb, bevor sie 1976 wieder geschlossen | |
| wurde. Der Erzabbau lohnte sich nicht mehr. | |
| In den Folgejahren ließ der Bund die Schachtanlage auf ihre Eignung als | |
| Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll untersuchen. 1982 | |
| startete das Genehmigungsverfahren. Mehr als 70 Behörden und | |
| Naturschutzverbände wurden um Stellungnahmen gebeten, rund 290.000 Bürger | |
| erhoben Einwendungen. Der Erörterungstermin endete im März 1993 nach sieben | |
| Monaten und 75 Verhandlungstagen. Das Land erteilte im Mai 2002 die | |
| Genehmigung. Klagen von Kommunen, Kirchen und Privatpersonen scheiterten. | |
| Seit 2007 baute das [1][Bundesamt für Strahlenschutz] das Bergwerk zum | |
| Endlager um, 2017 übernahm die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE). | |
| Konrad darf ab 2027 bis zu 303.000 Kubikmeter Atommüll aufnehmen. Die | |
| Baukosten sind von 900 Millionen auf 4,2 Milliarden Euro gestiegen. | |
| Knapp 20 Jahre nach der Genehmigung haben die Umweltverbände BUND und Nabu | |
| sowie das Salzgitteraner [2][Bündnis gegen Schacht Konrad] am Mittwoch beim | |
| Niedersächsischen Umweltministerium die Rücknahme des | |
| Planfeststellungsbeschlusses beantragt. Denn die damaligen Pläne und | |
| Gutachten entsprächen nicht mehr dem heutigen Stand von Wissenschaft und | |
| Technik. | |
| ## Verantwortung für künftige Generationen | |
| „Unser Antrag ist die notwendige Konsequenz aus den immer eklatanter | |
| werdenden Widersprüchen zwischen den heutigen Anforderungen an ein | |
| tiefengeologisches Lager für radioaktive Abfälle und dem alten Projekt | |
| Konrad“, begründen der niedersächsische BUND-Landesvorsitzende Heiner | |
| Baumgarten und die Konrad-Beauftragte des Nabu in Niedersachsen, Petra | |
| Wassmann, den Vorstoß: „Radioaktive Abfälle in eine alte Eisenerzgrube zu | |
| bringen, ohne Rückholbarkeit zu gewährleisten und ohne genaue Kenntnis der | |
| geologischen Verhältnisse, wird der Verantwortung für künftige Generationen | |
| nicht gerecht.“ | |
| Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU) beklagt, seiner | |
| Kommune sei im Genehmigungsverfahren für Konrad das Klagerecht abgesprochen | |
| worden. Einem Landwirt aus der Region habe das Bundesverfassungsgericht | |
| beschieden, er habe kein Recht auf „Nachweltschutz“ und dürfe für seine | |
| Nachkommen nicht klagen. Die Stadt gehört zum Bündnis gegen Schacht Konrad | |
| – mit dem Landvolk, der atomkraftkritischen Arbeitsgemeinschaft Schacht | |
| Konrad und der IG Metall. | |
| Metallgewerkschafter Matthias Wilhelm moniert, dass die Auswirkungen eines | |
| atomaren Endlagers auf die ansässigen Großbetriebe wie die Salzgitter AG | |
| und die Batteriezellenfertigung bei VW überhaupt noch nicht untersucht | |
| wurden: „Es ist absurd und verantwortungslos, ein Atommülllager mitten in | |
| einem Industriegebiet neben Störfallbetrieben errichten zu wollen.“ | |
| Dass sich Gewerkschafter so deutlich gegen eine Atomanlage positionieren, | |
| ist nicht selbstverständlich. Oft standen sich Gewerkschaften und | |
| Anti-Atom-Bewegte unversöhnlich gegenüber, demonstrierten die einen für und | |
| die anderen gegen die Atomenergie. | |
| Auch die Bauernlobby positioniert sich bei Schacht Konrad erstmals | |
| atomkraftkritisch. „Demnächst müssen acht Milliarden Menschen auf dem | |
| Erdball ernährt werden“, sagt Uli Löhr vom Landvolk. „Deswegen können wir | |
| es uns nicht leisten, in der Kornkammer Mitteleuropas die Erzeugung von | |
| Lebensmitteln durch ein Endlager zu gefährden, das genehmigt wurde, als der | |
| Commodore 64 eine technische Revolution darstellte.“ | |
| Auch die Grünen unterstützen den Vorstoß. „Es ist völlig aus der Zeit | |
| gefallen, Schacht Konrad weiter gegen alle Widerstände durchzudrücken“, | |
| sagte gestern die Landtagsabgeordnete Miriam Staudte. Das | |
| Standortauswahlgesetz, mit dem die Suche nach einem Endlager für | |
| hochradioaktive Abfälle neu aufgerollt wird, solle der Maßstab auch für den | |
| Umgang mit schwach- und mittelradioaktivem Müll sein. | |
| ## Umweltminister will ergebnisoffen prüfen | |
| „Unser Antrag ist die Chance für Umweltminister Olaf Lies, endlich das | |
| Richtige zu tun“, sagt Ludwig Wasmus von der Arbeitsgemeinschaft Schacht | |
| Konrad. „Alle wissen, dass Konrad heute nicht mehr genehmigungsfähig wäre. | |
| Trotzdem wird daran festgehalten, nur weil es eine Genehmigung gibt.“ | |
| Lies (SPD) sagte gestern eine Prüfung zu: „Ich kann noch nicht sagen, was | |
| bei der Prüfung am Ende herauskommen wird. Aber ich kann sagen: Wir nehmen | |
| das sehr ernst und werden sehr genau prüfen mit Blick auf eventuell | |
| weitreichende, rechtliche Konsequenzen.“ | |
| BGE-Sprecher Sven Petersen sagte der taz, das bundeseigene Unternehmen baue | |
| das Endlager Konrad „auf der Basis des Planfeststellungsbeschlusses, der | |
| 2007 höchstrichterlich bestätigt worden ist“. Mit seiner | |
| sicherheitstechnischen Überprüfung gehe die BGE sogar über die rechtlichen | |
| Vorgaben hinaus – und trage der Tatsache Rechnung, dass zwischen der | |
| Genehmigung und der Fertigstellung des Endlagers mehrere Jahrzehnte lägen. | |
| 27 May 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Reimar Paul | |
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