# taz.de -- Komplizierte Endlagersuche: Sonderwege beim Atommüll | |
> Hannover plant ein eigenes Gutachten für den Standort eines | |
> Atom-Endlagers. Auch Bayern und Sachsen zeigen Skepsis beim | |
> Suchverfahren. | |
Bild: Lagerung von Flüssigkeiten in der Schachtanlage Asse II | |
BERLIN taz | Bei der Suche nach einem deutschen Endlager für den Atommüll | |
hat das Land Niedersachsen einen Sonderweg angekündigt. Umweltminister Olaf | |
Lies (SPD) will neben der [1][bundesweiten Standortsuche durch die | |
Bundesgesellschaft für Endlagerung] (BGE) ein eigenes geologisches | |
Gutachten in Auftrag geben, um den Boden in Niedersachsen gesondert auf die | |
Eignung als Standort untersuchen zu lassen. Das bestätigte ein Sprecher des | |
Umweltministeriums in Hannover gegenüber der taz. | |
„Das Gutachten soll im Herbst ausgeschrieben werden, wir erwarten | |
Ergebnisse im Frühjahr 2022“, heißt es aus dem Ministerium. „Die Ergebnis… | |
werden öffentlich zugänglich sein und sollen eine bessere Datengrundlage | |
für den Beteiligungsprozess liefern.“ Zusätzlich zu den | |
Informationsveranstaltungen der BGE will Niedersachsen außerdem weitere | |
Treffen von BürgerInnen und Gutachten zu dem Thema mit 500.000 Euro | |
finanzieren. | |
Damit reagiert Niedersachsen auf den ersten [2][„Zwischenbericht | |
Teilgebiete“ der BGE, der im September 2020 vorgestellt wurde]. Darin hatte | |
die Behörde in einem ersten Ausschlussverfahren etwa die Hälfte | |
Deutschlands als geologisch potenziell mögliche Lagerstätte ausgewiesen. | |
Sowohl Ton-, Salz- als auch Granitgestein wurden berücksichtigt, nun | |
beginnt die ernsthafte Suche nach Standortregionen. | |
Es geht um ein zentrales Endlager für die etwa 10.500 Tonnen | |
hochradioaktiven Müll aus den deutschen Atomkraftwerken, das nach | |
bisherigen Planungen bis 2050 stehen soll. 2031 sollen Bundestag und | |
Bundesrat einen Standort beschließen. Die Suche organisiert die BGE, die | |
Genehmigungen müssen vom „Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen | |
Entsorgung“ (BASE) kommen. | |
Im BGE-Zwischenbericht wurden Weichen für Niedersachsen gestellt: | |
Einerseits wurde der seit Jahrzehnten umkämpfte Standort Gorleben aus | |
geologischen Gründen ausgeschlossen. Andererseits gelten jetzt etwa 80 | |
Prozent des Landes als potenziell geeignet für die Atomlagerung, heißt es | |
in Hannover. Das Land sieht sich allerdings durch Standorte wie Gorleben, | |
Schacht Konrad, Asse und Würgassen ohnehin schon schwer mit dem nuklearen | |
Erbe belastet. | |
Das zuständige BASE ist von der Ankündigung aus Hannover nicht begeistert. | |
Ihr Sprecher Christoph Hamann erklärte: „Die Endlagerkommission hat die | |
grundlegenden Fragen zu den möglichen Wirtsgesteinen beantwortet. Somit | |
bedarf es aus Sicht der Aufsicht keiner derartigen Gutachten. Zu den | |
jeweils konkreten Bewertungen einzelner Gebiete kann das Land seine | |
geologische Expertise in das laufende Verfahren bei der BGE einbringen. Das | |
Gesetz zur Standortsuche hat dafür die notwendigen Grundlagen geschaffen.“ | |
Jo Leinen, ehemaliger SPD-Umweltminister im Saarland und Mitglied im | |
„Nationalen Begleitgremium“, das bei der Suche die Öffentlichkeit | |
präsentiert, hat einerseits „Verständnis für den politischen Druck in | |
Ländern wie Niedersachsen und Bayern, die mit großen potenziellen Flächen | |
im Bericht stehen“. Er warnt aber davor, dass politischer Druck dazu führen | |
könnte, dass sich Fachbehörden widersprechen. „Das würde das Vertrauen der | |
Öffentlichkeit in den Prozess aufs Spiel setzen, wenn die Suche vor Ort | |
durch föderalen Egoismus zerfleddert wird.“ | |
Niedersachsen ist nicht allein im Widerstand gegen die BGE-Pläne. Sachsen | |
hat widersprochen und [3][Bayern den „Zwischenbericht“ wegen angeblicher | |
Fehler kritisiert]. Und schon vor dem BGE-Gutachten schrieben CSU und Freie | |
Wähler in ihren Koalitionsvertrag, das bayerische Gestein sei für ein | |
Atomendlager nicht geeignet. | |
29 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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