# taz.de -- 10 Jahre Fukushima: Nach dem Beben | |
> Im März 2011 schockte der Atomunfall in Fukushima die Welt. Jürgen | |
> Oberbäumer erlebte die Katastrophe aus der Nähe. Sie beschäftigt ihn bis | |
> heute. | |
Bild: Die Stadt Iwaki liegt südlich der zerstörten Atomanlage. Hier demonstri… | |
Unter den Schuhen knirscht der nasse Sand, leise laufen die Wellen an den | |
Strand. Jürgen Oberbäumer blickt auf den Horizont. „Ich liebe das Meer“, | |
sagt er. Zu dieser Bucht am Pazifik hat er eine besondere Beziehung. Er | |
erzählt, wie er als junger Vater mit seiner japanischen Frau Mariko und den | |
Kindern May und Leon hier die Wochenenden verbrachte. Dann wird er ernst, | |
die Erinnerung an das Erdbeben vom [1][11. März 2011] kommt zurück. | |
Das Beben setzte eine Kettenreaktion in Gang, die die Welt erschütterte. | |
Ein Tsunami überschwemmte die Küste und das Atomkraftwerk Fukushima | |
Daiichi. Die Stromversorgung des AKWs brach zusammen, die Kühlung der | |
Reaktoren setzte aus, es kam zur Kernschmelze. Mehrere | |
Wasserstoffexplosionen kontaminierten die Umgebung mit Cäsium, Jod und | |
anderen radioaktiven Stoffen. | |
165.000 Anwohner wurden evakuiert, während die Erde immer wieder nachbebte. | |
Rund um den Globus hielten die Menschen den Atem an, ob die wenigen | |
verbliebenen AKW-Arbeiter, freiwilligen Feuerwehrleute und US-Soldaten in | |
Hubschraubern die heißlaufenden Reaktoren wieder unter Kontrolle bringen | |
würden. Es war eine Weile unklar, ob der gesamte Großraum Tokio mit seinen | |
38 Millionen Menschen unbewohnbar werden würde. In Deutschland beschloss | |
Kanzlerin Angela Merkel unter dem Eindruck der Bilder aus Japan, dass die | |
Bundesrepublik doch aus der Atomkraft aussteigt. Ihre Regierung hatte den | |
von Rot-Grün ausgehandelten Atomausstieg zuvor noch rückgängig gemacht. | |
Zehn Jahre ist das nun her. Die Bucht, in der Jürgen Oberbäumer an diesem | |
Februartag auf das Meer blickt, liegt 40 Kilometer südlich der Atomanlage | |
Fukushima Daiichi. Das Wasser und der Sand wurden schwer verseucht. Das | |
Meer sei dadurch für ihn zu einer unmöglichen Liebe geworden, sagt er. „Die | |
Strahlung machte uns misstrauisch und hielt uns lange vom Wasser fern.“ | |
Inzwischen geht er im Sommer wieder täglich schwimmen. Er bleibt dabei | |
meist allein, die meisten Menschen in der Region meiden das Baden im | |
Pazifik weiter. Aber Oberbäumer hat das Meerwasser immer wieder mit dem | |
Geigerzähler geprüft und keine bedenkliche Strahlung gemessen. | |
Oberbäumer ist wohl der einzige deutsche Zeitzeuge in Fukushima. Im Jahr | |
1986 wollte er mit Anfang 30 als Rucksacktourist Japan entdecken. Er stieg | |
in Iwaki aus dem Zug, der größten Stadt südlich der heute zerstörten | |
Atomanlage. Auf der Suche nach einer Jugendherberge sprach er eine | |
Japanerin an, die ihn zu einem Bekannten mitnahm, bei dem er übernachten | |
durfte. Sechs Monate später war er mit der jungen Frau verheiratet. Japan | |
wurde seine neue Heimat. | |
Heute ist er 66 Jahre alt. Er arbeitet als Englischlehrer und vertreibt | |
deutsches Holzspielzeug an Einzelhändler. Die Folgen der AKW-Havarie für | |
sein Leben und seine Wahlheimat hat er in vier Büchern sorgfältig | |
protokolliert. | |
Er will mir einige Orte in der Region zeigen, die seine biografischen | |
Stationen seit der Katastrophe markieren. Wir treffen uns in Iwaki am | |
Bahnhof. Mit dem Schnellzug dauert die Fahrt von Tokio hierher etwa drei | |
Stunden. Die Strecke der Jobanlinie verläuft direkt am Pazifik und passiert | |
auch das zerstörte Atomkraftwerk. Der Tsunami riss damals viele Gleise weg, | |
an anderen Stellen verhinderte die Strahlung lange den Zugang. Neun Jahre | |
dauerte die Instandsetzung, erst seit dem Frühjahr 2020 verkehren die Züge | |
wieder. | |
Doch nur wenige Menschen steigen an den elf neuen Bahnhöfen in den | |
ehemaligen Evakuierungsgebieten ein und aus, die Zahl der Rückkehrer ist | |
klein. Offiziell gibt es zwar nur noch 37.000 Evakuierte, vier Fünftel | |
weniger als vor zehn Jahren. Aber das liegt daran, dass viele AKW-Anwohner | |
ihren Wohnsitz mittlerweile außerhalb der Sperrzone registriert haben und | |
deshalb aus der Statistik rausfallen. | |
„Das Ereignis damals hat mein glückliches Leben beendet und mich aus dem | |
Gleis geworfen“, sagt Oberbäumer. Und der Umgang mit den Folgen hat seinen | |
Blick auf Japan grundlegend verändert. Das Land habe die Chance verpasst, | |
durch eine Abkehr von der Atomkraft zu einer positiven Kraft für die Welt | |
zu werden, sagt er. „Darüber bin ich sehr traurig und pessimistisch | |
geworden.“ | |
Wir quetschen uns in seinen winzigen Subaru und fahren vom Bahnhof zum | |
Meer. „Hier hat das Unheil seinen Anfang genommen“, erzählt er, als wir an | |
einem überlebensgroßen Denkmal hinter einer neuen Tsunami-Betonschutzmauer | |
halten. Die Bronzestatue auf dem Sockel zeigt den Politiker Morie Kimura, | |
der in den 1960er Jahren als Gouverneur der Präfektur Fukushima die ersten | |
Atomkraftwerke ansiedelte. | |
In seiner Amtszeit gingen jene drei Reaktoren ans Netz, die vor zehn Jahren | |
mit ihrer Kernschmelze Geschichte schrieben. Kimura versprach in den | |
1960ern den Bewohnern der ländlichen Gegend, die vom Reisanbau lebten, nie | |
gesehenen Wohlstand. Damit die Menschen nur zwei Jahrzehnte nach den | |
Atombomben von Hiroshima und Nagasaki die Meiler akzeptierten, wurde die | |
Möglichkeit eines Nuklearunfalls kategorisch ausgeschlossen und über eine | |
Evakuierung nie gesprochen. „Natürlich war Kimura nur ein kleines Rädchen | |
in der Maschine der Atomindustrie“, sagt Oberbäumer. „Aber hätte er nicht | |
mitgemacht, wäre uns der Unfall erspart geblieben.“ | |
Unser nächster Stopp ist das Örtchen Ohisa. Dort wohnt Oberbäumer, der | |
ursprünglich aus Herford stammt, mit seiner Frau in einem einstöckigen | |
kleinen Mietshaus. Die beiden erwachsenen Kinder leben heute aus | |
beruflichen Gründen in Deutschland. | |
Aus den bodenhohen Fenstern seines Arbeitszimmers blicken wir auf ein | |
weitläufiges Tal, über die kahlen Reisfelder weht der Wind. Jemand aus der | |
Riesenmetropole Tokio, der selten so viel Natur sieht, entspannt sich in | |
dieser ländlichen Umgebung sofort. Doch Oberbäumer blickt anders auf diesen | |
Ort: „Dieses Haus ist sicher schön, aber das andere ist für mich | |
unersetzbar.“ Er meint sein früheres Wohnhaus im traditionell japanischen | |
Stil im sechs Kilometer weiter südlich gelegenen Örtchen Yotsukura, in dem | |
seine Familie über drei Jahrzehnte lang gelebt hat. | |
## „Fukushima“ – „glückliche Insel“ | |
Dort sind die Kinder aufgewachsen, seine Frau führte den Haushalt und | |
kümmerte sich um Garten und Gemüsebeete. „Fukushima bedeutet ‚glückliche | |
Insel‘, und das andere Haus war unser persönliches Fukushima“, sagt er mit | |
Bitterkeit in der Stimme. | |
Die Tsunamiwellen blieben im März 2011 wenige Meter vor ihrem Grundstück | |
stehen. Auch die Bebenschäden hielten sich in Grenzen. Und das Haus lag | |
außerhalb der Sperrzone. Also kehrte das deutsch-japanische Ehepaar nach | |
sieben Wochen in Deutschland trotz der Bedenken seiner Kinder zurück. Auch | |
weil Oberbäumer dort als Lehrer weiterarbeiten konnte. | |
Doch gerade als sie sich mit den geänderten Umständen in der Region | |
abgefunden hatten, forderte der Vermieter sie zum Auszug auf. Er wollte die | |
Immobilie verkaufen. Nachdem Tausende evakuierte AKW-Anwohner in die Städte | |
südlich der Evakuierungsgebiete gedrängt waren, ließ die plötzliche | |
Nachfrage nach Wohnraum die Mieten und Grundstückspreise explodieren. Auf | |
den GAU folgte quasi die Gentrifizierung. „Einerseits bin ich ein direktes | |
Opfer der Katastrophe, weil unser Leben jahrelang beeinträchtigt wurde“, | |
erklärt Oberbäumer. „Andererseits sehe ich mich auch als Opfer von anderen | |
Opfern, weil ich durch sie aus meinem kleinen Paradies vertrieben wurde. | |
Wir alle laufen eben im Hamsterrad mit. Wir werden getreten – und müssen | |
gleichzeitig treten. So ist doch das System.“ | |
Zwar erhielten sie eine Frist von zwei Jahren, um das geliebte Haus zu | |
verlassen. „Doch es war eine düstere Zeit, in der wir uns wegen der | |
Strahlung kaum nach draußen getraut haben“, sagt Oberbäumer. „Wir konnten | |
kein Gemüse anbauen, im Sommer nicht schwimmen und im Herbst nicht in die | |
Wälder gehen.“ Gleichzeitig waren die beiden ständig damit beschäftigt, | |
eine neue Unterkunft zu suchen. | |
Der Wohnungsmarkt blieb extrem angespannt, obwohl viele Evakuierte erst mal | |
in Übergangsheime zogen. Erst kurz vor Ablauf der Frist fand das Paar das | |
neue Haus. Es liegt noch einige Kilometer näher am Atomkraftwerk. Aber | |
Säuberungstrupps wuschen die Dachpfannen, spritzen die Straßen ab und | |
entfernten die obersten fünf Zentimeter von allen Bodenflächen und Feldern. | |
Die Strahlung im Haus und in der Umgebung ist heute nicht höher als in | |
Deutschland. Seine Frau baut im Garten auch wieder Gemüse für den | |
Selbstverzehr an, so wie viele Nachbarn auch. | |
Er sei während der vergangenen Jahre ein nachdenklicher politischer Mensch | |
geworden, erzählt Oberbäumer. Sein Sohn drängte ihn schon bald nach der | |
Katastrophe, seine Gedanken zu notieren. Als er begann, sein erstes Buch | |
der Reihe „Fukushima – Im Schatten“ zu schreiben, wuchs bei ihm die | |
Einsicht, nicht nur ein Opfer zu sein. „Nach Jahren der Reflexion fühle ich | |
mich heute für das Geschehen mitverantwortlich – vor allem als | |
gedankenloser Stromkonsument. Ich kann nicht mehr verleugnen, dass ich zu | |
einem kleinen Teil auch Schuld an der ganzen Sache habe.“ | |
Fukushima sei kein isoliertes Ereignis, sondern ein Menetekel. „In den | |
Explosionen sehe ich die Essenz unseres hochtechnisierten Lebens: Wir | |
treiben Sachen auf die Spitze, sind einfach zu gierig und wollen die | |
versteckten Kosten nicht sehen.“ Allerdings habe er schon lange einen | |
einfachen Lebensstil, verbrauche wenig Strom und Energie. Jetzt im Winter | |
heizt er mit einem tragbaren Kerosinöfchen, ein Smartphone besitzt er | |
nicht. | |
Als am ersten Jahrestag der Katastrophe japanische Atomkraftgegner eine | |
Menschenkette in Tokio bilden und Literaturnobelpreisträger Kenzaburō Ōe in | |
der Stadt Fukushima gegen Nuklearenergie spricht, beschließen Oberbäumer | |
und seine Frau, ein eigenes kleines Zeichen zu setzen. Zusammen mit ihrer | |
Tochter fahren sie zum J-Village, dem damaligen Krisenhauptquartier des | |
AKW-Betreibers [2][Tepco]. Von dort brechen die Arbeiter zum Atomkraftwerk | |
auf. | |
„Näher kommt man nicht dran an die Drachensaat“, habe er damals gedacht, | |
erzählt Oberbäumer. Auf dem Plakat, das sie vor dem Eingang entrollen, | |
klebt das Sonnensymbol der deutschen Anti-Atomkraft-Bewegung. Dazu hat | |
seine Frau die Slogans „Gegen Atomkraft“ und „Tepco – großer Übeltät… | |
Japanisch geschrieben. Doch enttäuscht stellen die drei fest, dass sie dort | |
ganz allein demonstrieren. Ihr Protest interessiert die Menschen nicht. | |
Es ist ein Vorgeschmack auf die Zukunft: Nach einigen großen | |
Demonstrationen kurz nach der Katastrophe verstummen die Bürgerrufe nach | |
einem Ausstieg aus der Atomkraft bald wieder. Die konservative Regierung in | |
Tokio will die Meiler im ganzen Land aus ökonomischen Gründen weiternutzen | |
und rechtfertigt sich mit der Verschärfung der Sicherheitsvorschriften. | |
Neuerdings argumentiert sie auch mit dem Klimaschutz. | |
Die große Mehrheit der Japaner spricht sich in Umfragen aber weiterhin für | |
einen Verzicht auf Atomkraft aus. Ihre Speerspitze bilden engagierte | |
Anwälte, die viele Neustarts von AKWs mit Gerichtsklagen aufzuhalten | |
versuchen, häufig mit Erfolg. Nur jeder sechste von 54 Meilern ist bisher | |
in Betrieb gegangen, dagegen sollen 26 alte stillgelegt werden, darunter | |
die 10 Meiler in den Atomanlagen Fukushima Nr. 1 und 2. | |
Als wir das J-Village jetzt besuchen, hat sich die Szenerie im Vergleich zu | |
der Minidemo vor neun Jahren dramatisch verändert. Wo damals Hunderte von | |
AKW-Arbeitern mit Atemmasken in Busse einstiegen, befindet sich wieder das | |
ursprüngliche Trainingszentrum für Nachwuchsfußballer. Die Tütenberge mit | |
gebrauchten und kontaminierten Schutzanzügen und das große Zelt mit den | |
Messstationen für die Ganzkörperuntersuchung von Besuchern und Arbeitern | |
sind verschwunden. Stattdessen gibt es wieder mehrere Fußballfelder mit | |
grünem Kunstrasen, als ob hier nie radioaktives Chaos geherrscht hätte. | |
Von hier aus soll Ende März der Fackellauf für die [3][Olympischen Spiele] | |
in Tokio beginnen. Der Ort wurde wegen seiner Symbolkraft gewählt. Er soll | |
der Nachweis für ein eingehaltenes Versprechen sein. Bei der Vergabe der | |
Spiele im Jahr 2013 hatte der damalige Regierungschef Shinzo Abe | |
versichert, dass das AKW unter Kontrolle sei. Den Japanern verkaufte er | |
Olympia als „Wiederaufbauspiele“ nach der Fukushima-Katastrophe. Die | |
Coronapandemie und die Verschiebung der Spiele vom vergangenen Sommer auf | |
diesen haben das mittlerweile in Vergessenheit geraten lassen. | |
Wir fahren weiter. Unser Plan, als nächste Station das zerstörte | |
Atomkraftwerk zumindest von außen in Augenschein zu nehmen, scheitert aber | |
bereits auf der Zufahrtsstraße. An einer Absperrung verlangt ein Wachposten | |
unsere Durchfahrtsgenehmigung. Als ich meinen Journalistenausweis zeige, | |
schiebt der Wächter eine Sperre samt Nagelbrett auf die Straße und zwingt | |
uns zum Umdrehen. | |
Von dieser Stelle bis zu den vier zerstörten Reaktoren sind es nur zwei | |
Kilometer Luftlinie, wir können die hohen Stahlmasten mit den Abluftkaminen | |
sehen. Eigentlich hat Jürgen Oberbäumer diese Gegend vor der Katastrophe | |
immer gemieden. Er hatte sein Alltagsleben ganz bewusst Richtung Süden | |
ausgerichtet, erzählt er, weg von den nördlich gelegenen zehn Reaktoren in | |
den zwei riesigen Atomanlagen. Als wollte er die dunkle Gefahr, die von | |
ihnen ausging, auch all die Jahre vor dem Tsunami lieber nicht spüren. | |
Zehn Jahre danach beschäftigt ihn, wieso sein Herkunftsland wegen Fukushima | |
aus der Atomkraft aussteigen will, aber seine Wahlheimat die Meiler | |
nachrüstet und weiterlaufen lässt – ausgerechnet in dem Land mit den | |
meisten Erdbeben der Welt. | |
Wenn man ihn danach fragt, bricht Frust aus ihm heraus. „Zunächst habe ich | |
die Leute für ihren Lebensmut bewundert, dass sie in kurzer Zeit das ganze | |
Tsunami- und Bebenchaos anpackten und alles aufräumten“, sagt er. Die | |
Menschen in Japan schauen seiner Erfahrung nach am liebsten nach vorn. Aber | |
ihm will nicht in den Kopf, dass keine Konsequenzen gezogen wurden – der | |
genaue Ablauf der Katastrophe blieb im Dunkeln, die einzigen drei | |
Tepco-Manager, die nach langem Tauziehen vor Gericht kamen, wurden | |
freigesprochen. | |
„Warum hinterfragen die Leute nichts? Nicht einmal die Medien?“, sagt | |
Oberbäumer. „Diese Kehrseite der Medaille hat mich sehr verbittert.“ Viele | |
Japaner seien obrigkeitsgläubig in einem Maße, das sich ein Europäer nicht | |
vorstellen könne. Wenn von oben gesagt werde, dass der Atomunfall | |
„unvorhersehbar“ gewesen war, dann werde darüber nicht weiter diskutiert, | |
selbst wenn die Fakten dagegen sprächen. | |
„Diesen Umgang will ich nicht akzeptieren.“ Das Wort „Unfall“ benutzt er | |
ganz bewusst nicht für die Ereignisse. „Fukushima ist ein Verbrechen, und | |
ich bin wider Willen Zeuge des Versuchs, es zu vertuschen. Das darf einfach | |
nicht gelingen. Fukushima geht die ganze Welt an.“ | |
Seine Unzufriedenheit bringt ihn dazu, jeden Freitagabend um 18 Uhr vor dem | |
Bahnhof von Iwaki zu stehen und mit sechs, sieben Gleichgesinnten zu | |
demonstrieren. Es ist die letzte Station unserer kleinen Erinnerungsreise. | |
Während Passanten desinteressiert vorbeihetzen, skandiert das Grüppchen | |
über ein Megafon „Schluss mit Atomkraft, kein Neustart von Reaktoren“. Seit | |
Jahren bleibt man jedoch unter sich, fernab der Großstädte sind Bürger- und | |
Umweltgruppen rar. | |
Nach mehr als drei Jahrzehnten kenne er die Denkweise der Menschen hier, | |
sagt Oberbäumer. Man überlasse schwierige Sachen den Spezialisten und | |
schaue kaum über den eigenen Tellerrand. Dennoch will er weiter hier leben. | |
Seine japanische Frau muss sich um ihre hochbetagten Eltern kümmern, er | |
selbst würde in Deutschland in seinem Alter kaum noch Fuß fassen, sagt er. | |
Und trotz aller Enttäuschungen gibt Fukushima, die einst glückliche Insel, | |
ihm auch eine Aufgabe: sich gegen ein einfaches „Weiter so“ zu stemmen. Er | |
arbeitet schon an seinem fünften Buch über die Katastrophe. | |
7 Mar 2021 | |
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