# taz.de -- Klimaschutz in China: China wird keine Ökodiktatur | |
> Klimaschützer hatten auf grüne Signale im neuen Fünfjahresplan gehofft. | |
> Vor dem Volkskongress in Peking gab es nur alte Versprechen. | |
Bild: Rauch und Dampf aus dem Kohlekraftwerk in Hejin in der zentralchinesische… | |
BERLIN taz | Der größte CO2-Verschmutzer der Welt ordnet auch in den | |
kommenden Jahren den Klimaschutz seinem kohlebefeuerten Wirtschaftswachstum | |
unter. Im mit Spannung erwarteten 14. Fünfjahresplan, den Premierminister | |
Li Keqiang am Freitag vor dem Nationalen Volkskongress in Peking | |
präsentierte, bestätigte das Land zwar seine Klimaziele, verkündete aber | |
keine großen konkreten Schritte zu weniger Emissionen. Die Energieeffizienz | |
soll weiter verbessert, das Land bis 2060 klimaneutral werden und seine | |
CO2-Emissionen „vor 2030“ senken – aber ein früheres Datum für einen Gi… | |
der Emissionen oder gar eine absolute Obergrenze für den CO2-Ausstoß | |
erwähnte Li Keqiang nicht. | |
In der Zusammenfassung des Wirtschaftsplans versprach Li, China werde den | |
Übergang zu einem grünen Geschäftsmodell „durch einen deutlichen Schub für | |
neue Energiequellen beschleunigen“ und gleichzeitig „die saubere und | |
effiziente Nutzung der Kohle vorantreiben“. Der Anteil an nichtfossiler | |
Energie, also erneuerbarer und Atomkraft, soll bis 2030 am gesamten | |
Energieverbrauch auf 25 Prozent steigen. Zwischen 2020 und 2025 soll der | |
CO2-Ausstoß pro produzierter Einheit um 18 Prozent und der Energieverbrauch | |
dabei um 13,5 Prozent fallen – ganz ähnliche Effizienzziele wie schon aus | |
dem vorigen Fünfjahresplan. Dabei soll die Wirtschaft 2021 um 6 Prozent | |
wachsen. | |
Umweltorganisationen und KlimadiplomatInnen hatten dagegen auf ein starkes | |
Signal aus Peking für mehr Ehrgeiz gehofft. Im letzten Jahr hatte Präsident | |
Xi Jinping überraschend erklärt, China wolle bis 2060 CO2-neutral sein. | |
Zusammen mit der Rückkehr der neuen US-Regierung zum Pariser Abkommen und | |
dem Minus-55-Prozent-Ziel der EU bis 2030 sollte auch China dazu beitragen, | |
den geplanten UN-Klimagipfel von Glasgow im November zu ehrgeizigeren | |
Versprechen zu bringen. | |
Das Land hat der UNO noch keinen neuen Klimaplan (NDC) vorgelegt, der seine | |
Strategie erklärt, will dies aber bald tun. Um sein Ziel für 2060 zu | |
erreichen muss die Volksrepublik [1][allerdings laut einer unabhängigen | |
Studie] praktisch sofort aufhören, neue Kohlekraftwerke zu bauen. | |
## Enttäuschte Analyse von Klima-Aktivisten | |
„Was wir jetzt sehen, ist viel eher eine Fortsetzung des Trends als ein | |
Einschwenken auf den Pfad zur Klimaneutralität“, [2][sagte Lauri Myllyvirta | |
vom Center for Research on Energy and Clean Air in Peking gegenüber der | |
website climatehome.] Auch die Thinktank-Website Climate Action Tracker | |
meldete sich mit einer enttäuschten Analyse: Chinas Klimapläne waren schon | |
im letzten Jahr als „höchst unzureichend“ eingestuft worden, die nächste | |
Bewertung werde sich kaum ändern. | |
„Es gibt keinen signifikanten Wandel von Chinas Erzählung von dreckiger | |
Kohle gegen saubere Energie: Der Plan sieht vor, beide Energieträger stark | |
zu unterstützen.“ [3][Wenn China sein Ziel erreiche, bis 2060 CO2-neutral | |
zu werden, könne das 2100 etwa 0,2 bis 0,3 Grad Erwärmung verhindern,] doch | |
der Fünfjahresplan mache dazu keine weiteren Schritte, hieß es. | |
„Mit dem Blick aufs Klima ist der Plan unzureichend“, sagte Swithin Lui vom | |
Thinktank New Climate Institute, „es gibt nur wenige Zeichen für eine | |
konzertierte Abwendung von der Festlegung auf die Kohle“. | |
Bisher macht Kohle etwa 70 Prozent der chinesischen Energieproduktion aus. | |
Die Erholung der Wirtschaft nach der Coronakrise hat nach einem [4][Bericht | |
der Internationalen Energieagentur IEA dazu geführt, dass die Emissionen | |
der Volksrepublik im Dezember 2020 um 7 Prozent] über denen des Vorjahres | |
lagen. Der Wiederaufschwung wurde durch massiven Ausbau der | |
energieintensiven Energien befeuert, zeigen die Daten. „Es ist | |
enttäuschend, dass China weiterhin so stark auf Kohle, Öl und Gas setzt“, | |
sagte Bill Hare von Climate Analytics. „Die Welt ist darauf angewiesen, | |
dass der größte Verschmutzer den Klimaschutz ernst nimmt. Aber bisher sehen | |
wir nur wenig davon.“ | |
## Der Plan sendet ein unentschiedenes Signal | |
Intern ringt die chinesische Regierung offenbar um ihren Kurs zwischen | |
Wirtschaftswachstum und Klimaschutz. Im Januar hatte das Umweltministerium | |
ein Papier veröffentlicht, das Klima- und Umweltschutz zur zentralen | |
Aufgabe macht und die Umsetzung der CO2-Minderungsziele anmahnt. Das | |
Ministerium, das Beobachter gestärkt sehen, macht darin Vorschläge, den | |
Provinzen zum ersten Mal nicht nur relative, sondern auch absolute | |
Obergrenzen für Kohlendioxid zu setzen. | |
Das sei „ein großer Schritt vorwärts, von der Vision zum Arbeitsplan“, | |
applaudiert das World Resources Institute in Washington – aber es | |
„verändert für viele Provinzen und Industrien völlig die Regeln, und zwar | |
gegen ihren Willen“. | |
Umweltgruppen hatten gehofft, es könnte eine Ankündigung geben, dass China | |
seine Emissionen bereits ab 2025 nicht mehr wachsen lasse. [5][Chinesische | |
Wissenschaftler der Tsinghua-Universität hatten gefordert, das Land solle | |
sich eine absolute Obergrenze von 10,5 Milliarden Tonnen CO2] setzen, etwa | |
so viel wie es heute ausstößt. | |
„Der Plan sendet ein unentschiedenes Signal in Zeiten großer ökonomischer | |
und geopolitischer Verunsicherung“, sagt Li Shuo von Greenpeace China. Man | |
solle daran denken, dass China eine Tradition darin habe, wenig zu | |
versprechen und dann die Erwartungen zu übertreffen, „das wird hoffentlich | |
dagegen wirken, dass die Emissionen wieder stark steigen“. Allerdings müsse | |
die Parteiführung den jüngsten Boom bei den stark verschmutzenden Sektoren | |
Stahl, Zement und Aluminium und beim Bau neuer Kohlekraftwerke in den Griff | |
bekommen. „Die Emissionen vor 2025 sinken zu lassen ist nicht nur möglich, | |
sondern auch nötig. Kräftig zu bremsen hilft nicht nur dem Umbau der | |
Volkswirtschaft, sondern auch dem internationalen Image des Landes.“ | |
8 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.reuters.com/article/us-china-coal-carbon-idUKKBN27Z36N | |
[2] https://www.climatechangenews.com/2021/03/05/china-makes-no-shift-away-coal… | |
[3] https://climateactiontracker.org/countries/china/ | |
[4] https://www.iea.org/articles/global-energy-review-co2-emissions-in-2020 | |
[5] https://wri.org.cn/en/blog/climate-change-will-be-higher-priority-14th-fyp-… | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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