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# taz.de -- Stillstand bei Chinas Wirtschaft: Wachstumsmotor stottert
> Im dritten Quartal ist die Erholung von Chinas Volkswirtschaft nahezu zum
> Stillstand gekommen. Überraschend ist das nicht.
Bild: Chinas Wachstumsmotor stockt: Auch die Lkw-Produktion in Hangzhou muss zu…
Peking taz | Das Pekinger Statistikamt hatte am Montagmorgen zwar keine
Hiobsbotschaft zu verkünden, aber durchaus ernüchternde Nachrichten: Die
zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist im dritten Quartal nur mehr um 4,9
Prozent im Vorjahresvergleich gewachsen. Das ist der bisher schwächste Wert
in diesem Jahr. Er liegt deutlich hinter den Prognosen der meisten Ökonomen
zurück.
Deutlicher wird der Status Quo der chinesischen Wirtschaft, wenn man
anstatt dem Vorjahreszeitraum ein anderes Messdatum zum Vergleich
heranzieht. Vom ersten zum zweiten Quartal stieg das chinesische
Bruttoinlandsprodukt um 1,3 Prozent, vom zweiten zum dritten Quartal nur
mehr um 0,2 Prozent. Der Wachstum ist also praktisch zum Stillstand
gekommen.
Überraschen sollte der stotternde Wirtschaftsmotor der Chinesen nicht: Das
Land befindet sich inmitten der schwerwiegendsten Energiekrise seit über
einem Jahrzehnt, die Rohstoffpreise befinden sich auf Rekordniveau, und
zudem schlittert mit Evergrande der zweitgrößte Immobilienkonzern Chinas
haarscharf an einer Pleite vorbei.
Dabei sah der Horizont von Pekings Staatsökonomen noch vor einem Jahr
überaus rosig aus. Ein Rückblick: Chinas Staatsführung hat nicht trotz,
sondern gerade aufgrund der strikten Zero-Covid-Strategie seine
Volkswirtschaft bereits seit letztem Spätsommer auf Vorkrisenniveau hinauf
gehievt. Über Monate hinweg meldeten die Behörden keine lokalen
Infektionen, was die ökonomische Erholung ohne Handbremse Fahrt aufnehmen
ließ. Mehr noch: Die Fabriken Chinas produzierten auf Rekordniveau, was die
restliche Welt im Lockdown benötigte – von Laptops über Schutzmasken bis
hin zu Beatmungsgeräten. Dem Reich der Mitte bescherte dies als eines der
wenigen Länder der Welt ein Wachstum von über zwei Prozent im Krisenjahr
2020.
## Zero Covid-Strategie immer kostspieliger
Doch allmählich wendet sich die Zero-Covid-Strategie vom einstigen Joker
[1][zur wirtschaftlichen Last]. Denn sie hält den [2][internationalen
Austausch nicht nur auf einem Minimum], sondern muss aufgrund von zunehmend
ansteckenderen Varianten immer radikaler – sprich: kostspieliger –
umgesetzt werden.
Vor allem aber macht der chinesischen Wirtschaft eine Energiekrise zu
schaffen, die bereits im September zu flächendeckenden Stromausfällen im
Nordosten des Landes geführt hat. Ausländische Unternehmer berichten davon,
dass die örtlichen Behörden meist ohne Planungsspielraum mehrmals pro Woche
Fabriken schließen lassen, um Strom zu sparen. Bis zum Frühjahr soll die
Knappheit mindestens noch andauern, schätzt die europäische Handelskammer
in Peking.
## Xi Jinping lähmt Kreative
Andere Herausforderungen werden da erst richtig zu spüren sein: Staatschef
Xi Jinping hat in den letzten Monaten mit systematischen Regulierungen
gegen die Privatwirtschaft – von Fintech über Bildung bis hin zur
Unterhaltungsbranche – regelrechte Schockwellen ausgelöst. Zwar sind die
Intentionen der Regierung genuin: Sie wollen die Ungleichheit bekämpfen,
die Macht monopolistischer Tech-Unternehmen beschneiden und auch den
Wohnraum leistbarer machen.
Doch viele Experten befürchten, dass der Staat mit seinen abrupten wie
teilweise übers Ziel hinausschießenden Maßnahmen jene kreativen Kräfte des
Markts lähmt, die überhaupt erst zum wirtschaftlichen Aufstieg des Landes
geführt haben.
Natürlich: 4,9 Prozent klingen auf den ersten Blick nach einem soliden
Wachstum, und nach wie vor wird China wohl bis Jahresende das ausgegebene
6-Prozent-Ziel erreichen. Doch man darf dabei nicht vergessen, dass die
allmählich alternde 1,4-Milliarden-Bevölkerung vom Wohlstandsniveau pro
Kopf bislang nur ein Drittel im Vergleich mit der Europäischen Union
erreicht hat. Das Reich der Mitte steht also durchaus unter zeitlichem
Druck, sein Wachstum nicht zu sehr zu drosseln, ehe sich die demografischen
Herausforderungen bemerkbar machen.
18 Oct 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
Wachstum
BIP
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Schwerpunkt Coronavirus
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