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# taz.de -- China kämpft wieder gegen Coronavirus: Ausnahmezustand im Megahafen
> Die chinesische Regierung schließt ein Terminal im umschlagstärksten
> Hafen der Welt. Der Grund: Ein einziger Arbeiter ist mit Corona
> infiziert.
Bild: Konsequente Coronapolitik: China sperrt ein Hafenterminal wegen einer ein…
Peking taz | Es war eine böse Überraschung mit drastischen Folgen: In der
Nacht auf Mittwoch fiel der Coronatest eines Hafenarbeiters in Ningbo
unerwartet positiv aus. Gesundheitlich bestand für den 34-Jährigen zu
keinem Zeitpunkt eine ernsthafte Gefahr: Der Mann war bereits doppelt mit
dem chinesischen Sinovac-Vakzin geimpft und zeigte zudem keinerlei Symptome
einer Erkrankung. Doch wegen der rigiden „Zero Covid“-Strategie der
chinesischen Regierung löste das positive Testergebnis eine existenzielle
Krise aus: Noch vor dem Morgengrauen, um 3:30 Ortszeit, schlossen die
Behörden den gesamten Meishan-Terminal inklusive angeschlossenem Zolllager
auf unbestimmte Zeit. Ningbo ist der weltweit umschlagstärkste Hafen.
Chinas Null-Toleranz-Strategie gegen das Virus steht [1][derzeit vor der
größten Belastungsprobe] seit letztem Sommer. Wahrscheinlich werden die
Behörden den bisher größten Infektionsstrang der Deltavariante im Land bald
eindämmen können: mit strikten Lockdowns, Reisebeschränkungen und einem
rigiden Quarantänesystem. Doch ebenso gewiss ist, dass die wirtschaftlichen
Kosten massiv sein werden – und mit jedem weiteren Ausbruch werden sie
weitersteigen.
Dabei ging Chinas „Zero Covid“-Strategie im vergangenen Jahr nicht nur
epidemiologisch auf, sondern [2][sorgte auch für wirtschaftliches
Wachstum]. Als eines der ersten Länder der Welt konnte die Volksrepublik
das Virus praktisch vollständig eindämmen: Nur mehr alle paar Wochen
tauchte ein lokaler Infektionsstrang auf, der sofort mit gezielten
Lockdowns ausradiert wurde. Dementsprechend ließ Peking die Wirtschaft ohne
Handbremse wieder hochfahren. Chinas Fabriken produzierten, was der Rest
der Welt dringend benötigte: medizinische Geräte und Elektronikwaren fürs
Homeoffice.
Angesichts der [3][hochinfektiösen Deltavariante] droht sich das Blatt nun
jedoch zu wenden, denn das Risiko für neue Virusausbrüche wird größer. Seit
Ende Juli kämpfen Chinas Behörden erstmals seit über einem Jahr wieder
gegen einen Infektionscluster an, der weite Teile des Landes erfasst hat.
Mehr als die Hälfte aller Provinzen sind derzeit betroffen. Die absolute
Zahl an Ansteckungen ist mit etwas mehr als 1.300 Fällen immer noch
verschwindend gering. Doch jeder einzelne von ihnen löst in China
unweigerlich einen extrem kostspieligen Lockdown aus: Im Pekinger Bezirk
Wangjing riegelten die Behörden aufgrund eines einzigen Infizierten eine
gesamte Wohnsiedlung mit 26 Apartmenttürmen ab. Und im Containerhafen von
Ningbo wurde ein ganzer Terminal geschlossen. Seitdem werden alle Schiffe
abgewiesen. Zwar werden in Shanghai und Singapur mehr Container
umgeschlagen. Aber weil hier auch Rohstoffe wie Öl oder Getreide verladen
werden, gilt Ningbo als der Hafen mit dem meisten Verkehr weltweit.
## Abgeschwächtes Wirtschaftswachstum
Das ökonomisch kostspielige Katz-und-Maus-Spiel gegen das Virus wird auf
absehbare Zeit weitergehen: Es ist nur eine Frage der Zeit, [4][bis die
nächsten Häfen, Fabriken] und möglicherweise erneut ganze Städte
dichtmachen müssen.
Chinas Handelsdaten für Juli sind solide. Die Geschwindigkeit des
Wirtschaftswachstums ist allerdings bereits deutlich abgeschwächt. Der
Einkaufsmanagerindex des Wirtschaftsmediums Caixin, der auf einer Umfrage
unter Industrievertretern beruht, ist von 51,3 auf 50,3 abgerutscht.
Unterschreitet der Wert die Marke von 50, bedeutet dies, dass die
Wirtschaft schrumpft. Einige große Investmentbanken haben ihre Prognosen
für China gesenkt. Goldman Sachs etwa erwartet nur ein Wirtschaftswachstum
von 8,3 Prozent, zu Beginn des Monats waren es noch 8,6 Prozent.
Insbesondere der Binnenkonsum und der Dienstleistungssektor dürften für den
Rest des Jahres ins Straucheln kommen.
Eine öffentliche Debatte über Chinas epidemiologische Strategie flammt im
autoritär regierten Land nur langsam auf. Einzelne Wortmeldungen, die dazu
aufrufen, mit der Existenz des Virus leben zu lernen, werden meist von den
Staatsmedien harsch kritisiert.
Rein finanziell wird die Null-Toleranz-Politik zunehmend zur
Belastungsprobe für die Lokalregierungen, die praktisch sämtliche Kosten
für das strenge Quarantäne-Regiment und die flächendeckenden Massentests
tragen. Bereits jetzt konnte Shanghai als einzige Region in der ersten
Jahreshälfte einen Haushaltsüberschuss vorweisen. Sämtliche andere
Provinzen sind deutlich in die Miesen gegangen.
Der jetzige Infektionsstrang scheint zumindest wieder unter Kontrolle: Seit
fünf Tagen sinken die täglichen Ansteckungen, am Sonntag meldete die
nationale Gesundheitskommission nur mehr 24 lokale Infektionen. Die
Wirtschaft kann also bald wieder hochfahren – bis zum nächsten Ausbruch.
15 Aug 2021
## LINKS
[1] /Deltavariante-in-China/!5786277
[2] /Chinas-Wirtschaft-und-die-Coronakrise/!5741723
[3] /Deltavariante-des-Coronavirus/!5782315
[4] /Massive-Lieferengpaesse-in-China/!5780931
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
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