# taz.de -- Olympische Spiele: In Peking geht’s weiter | |
> Schon in sechs Monaten finden die Olympischen Winterspiele statt. China | |
> will, dass sie perfekt werden. Trotz Corona und Boykottdrohungen. | |
Bild: Logo und Masken sind schon da: Peking ist auf die Olympischen Winterspiel… | |
Nach den Spielen ist bereits vor den Spielen: Schon in weniger als 180 | |
Tagen werden die Athleten im Pekinger „Vogelnest“ zur Eröffnungszeremonie | |
der Olympischen Winterspiele einlaufen. Trotz vieler offenen Fragen, das | |
steht fest: Sie werden in jedem Fall stattfinden. Eine öffentliche Debatte, | |
wie sie in Japan geführt wurde, gibt es im autoritär regierten China nicht. | |
Laut den Organisatoren läuft ohnehin alles nach Plan. Die zwölf | |
Austragungsstätten, die sich zwischen der chinesischen Hauptstadt und der | |
umliegenden Provinz Hebei erstrecken, seien „nahezu fertig“. Einige der | |
Stadien wurden neu errichtet, andere gibt es bereits: Im Nationalen | |
Schwimmzentrum Peking etwa, wo vor 13 Jahren bei den Sommerspielen die | |
Schwimmer antraten, werden nun die Curling-Spieler um Medaillen kämpfen. | |
Bislang hat sich Chinas Olympisches Komitee noch nicht zum Coronakonzept | |
geäußert. Schließlich hängt dies auch davon ab, ob die Behörden den | |
derzeitigen Infektionsstrang der Deltavariante mit ihren Lockdown-Maßnahmen | |
eindämmen können. Mit noch weit unter 1.000 lokalen Ansteckungen sind die | |
Zahlen an sich verschwindend gering, jedoch haben bereits über 40 Städte | |
Virusfälle registriert. Allerdings dürften die Vorsichtsmaßnahmen strenger | |
ausfallen als in Tokio: Die Volksrepublik verfolgt schließlich eine strikte | |
„Zero Covid“-Strategie, die auch auf praktisch geschlossenen Grenzen | |
basiert. Wer eine der seltenen Einreisegenehmigungen erhält, muss für drei | |
Wochen in ein staatlich zugewiesenes Hotelzimmer in Quarantäne. Ob dies | |
auch für Athleten, Funktionäre und ausländische Regierungsvertreter | |
durchgehalten wird, bleibt offen. „Für die Olympischen Winterspiele muss | |
sich China wenigsten ein bisschen öffnen“, sagt der Politikwissenschaftler | |
Dali Yang von der University of Chicago. „Wahrscheinlich kann sich Peking | |
an dem japanischen Modell orientieren – mit sehr wenigen Zuschauern“. | |
Doch die epidemiologischen Bedenken dürften die geringeren Sorgen für die | |
Volksrepublik darstellen. Die politischen Herausforderungen sind | |
dringlicher: Eine [1][Boykottdebatte] begleitet die Vorbereitung zu den | |
Olympischen Winterspielen. Dass einzelne Länder trotz Aufrufen einiger | |
Politiker ihre Athleten nicht nach China schicken werden, ist mehr als | |
unwahrscheinlich. Ein sogenannter diplomatischer Boykott hingegen scheint | |
realistisch: Bereits im Februar haben mehr als 180 | |
Menschenrechtsorganisationen in einem offenen Brief gefordert, dass Staaten | |
keine Regierungsvertreter entsenden sollten – vor allem wegen der | |
Repressionen in Tibet und Xinjiang. | |
## Vergleiche mit Olympia 1936 | |
Die US-amerikanische NGO Human Rights Watch wertet die Spiele gar als die | |
möglicherweise „problematischsten seit den Olympischen Spielen 1936 in | |
Nazi-Deutschland“. Jüngst schilderte deren Leiterin für globale | |
Initiativen, Minky Worden, wie sich das Land seit den Sommerspiele in | |
Peking verändert hat: 2008 habe es noch Hoffnung gegeben, dass die | |
Sommerspiele einen positiven Effekt auf Pressefreiheit und | |
Menschenrechtsbilanz haben könnten. „Stattdessen befindet sich China 13 | |
Jahre später inmitten seiner schwersten Menschenrechtsverbrechen seit dem | |
Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989“, sagt Worden. Die | |
deutsche Gesellschaft für bedrohte Völker sieht auch IOC-Präsident Thomas | |
Bach in Zugzwang. „Wenn er sich nicht vollends lächerlich machen will, muss | |
Thomas Bach Farbe bekennen und den Völkermord an Uiguren verurteilen“, | |
heißt es dort. | |
Eine solche Forderung bleibt jedoch reines Wunschdenken. Genauso wenig wird | |
wohl unter den internationalen Sponsoren – von Coca-Cola bis hin zu Airbnb | |
– Kritik zu erwarten sein. Denn in der Vergangenheit hat Peking wiederholt | |
bewiesen, dass es selbst bei sanften Anflügen von Tadel mit | |
wirtschaftlicher Vergeltung reagiert. | |
Dabei besteht kein Zweifel, dass Chinas Staatsführung die Winterspiele für | |
eine nationalistische Propagandashow nutzen wird. Das zeigte sich auch bei | |
den Spielen in Tokio: Dort widmete der Gewichtheber Shi Zhiyong seine | |
Goldmedaille der Kommunistischen Partei. Die Siegerinnen des | |
Bahnrad-Sprints traten gar mit [2][Mao-Anstecknadeln] aufs Podium. Und in | |
einer aktuellen Aussendung rief das ZK der KP gemeinsam mit dem Staatsrat | |
seine nationalen Athleten dazu auf, die Lehre von Staatschef Xi Jinping | |
über „Sozialismus mit chinesischen Eigenschaften für eine neue Ära“ als | |
gedankliche Führung zu nutzen. | |
9 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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