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# taz.de -- Globaler Klimagipfel: Nur noch halb so viel heiße Luft
> US-Präsident Joe Biden verspricht bei seinem Klimagipfel die Halbierung
> der Emissionen bis 2030. Auch die EU, Japan und Kanada bezeugen Ehrgeiz.
Bild: Joe Biden während des virtuellen Gipfeltreffens zum Klima im Weißen Haus
Berlin taz | Mit einem ehrgeizigen US-Klimaplan und einem weltweiten
„Gipfel der Anführer“ hat der amerikanische Präsident Joe Biden die
Klimapolitik wieder in den Mittelpunkt der weltweiten Aufmerksamkeit
gerückt. In einer Videoschalte zu etwa 40 Staats- und RegierungschefInnen
und Diskussionen am Donnerstag und Freitag sollen die
[1][Gipfelentscheidungen für 2021] vorbereitet werden. „Niemand kann das
allein schaffen“, sagte Biden, „aber zusammen können wir es tun, und wir
werden es tun.“
Zuvor hatte die US-Regierung ihren lang erwarteten neuen UN-Klimaplan (NDC)
vorgestellt. Demnach will der größte historische CO2-Emittent seinen
Ausstoß an Treibhausgasen bis 2030 um 50 bis 52 Prozent gegenüber 2005
verringern. Dazu soll der Stromsektor bis 2035 CO2-frei werden und das
ganze Land 2050 klimaneutral sein. Biden will den Spritverbrauch von Autos
senken und viel Geld in neue Infrastruktur investieren.
In seinem 2-Billionen-Dollar-Paket zur Bewältigung der Coronakrise ist etwa
die Hälfte für Ausgaben in Stromnetze, Forschung, Dämmung von Häusern und
den Aufbau einer amerikanischen E-Auto-Produktion vorgesehen. Vor allem
betonte Biden immer wieder, sein Plan werde „Hunderttausende von gut
bezahlten Jobs schaffen“ – ob beim Bau von Stromleitungen, im Autobereich
oder bei der Sicherung von Ölquellen und Bergwerken.
## Russland will Methanausstoß senken
Bidens Gipfel brachte auch andere Staaten dazu, ihre Klimaziele zu erhöhen.
So hatte bereits zuvor Großbritannien angekündigt, die Emissionen bis
2035 um 78 Prozent zu senken. Die [2][EU war mit ihrem Ziel von minus 55
Prozent] gerade noch fertig geworden. Nun erklärte auch Japan höhere Ziele:
minus 46 Prozent gegenüber 2005. Kanadas Premier Justin Trudeau erklärte,
sein Land werde bis 2030 nicht nur 30, sondern 40 bis 45 Prozent weniger
CO2 als 2005 ausstoßen. China dagegen blieb bei seinen Zielen, Russland
erklärte sich zur Kooperation bei der Senkung des Methanausstoßes bereit.
Wie viel der Gipfel unterm Strich an neuen Versprechen bringt, wird erst
nach seinem Abschluss klar sein. In einer ersten Reaktion lobte der
„Climate Action Tracker“, der von den Thinktanks New Climate Institute und
Climate Analytics betrieben wird, den US-Vorstoß als „wichtigen Schritt
vorwärts“, der der Atmosphäre 2030 pro Jahr bis zu 2,4 Milliarden Tonnen
CO2 ersparen würde. Allerdings sei das nicht genug, um die USA auf einen
Pfad zu 1,5 Grad zu bringen, dafür bräuchte es minus 57 bis 63 Prozent.
Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte in ihrem Statement das deutsche
Klimaschutzgesetz und den Ökostromanteil von 46 Prozent. Sie erklärte,
das „werden wir noch verbessern“. Dabei ist genau das unklar. Denn die
Bundestagsfraktionen von Union und SPD konnten sich nun auch abschließend
nicht auf Ziele zum Ausbau der Erneuerbaren bis 2030 einigen.
„Wir müssen mit Bedauern feststellen, dass die Unionsfraktion trotz ihres
neu entsandten Verhandlungsteams nicht gewillt gewesen ist, notwendige
energiepolitische Weichenstellungen vorzunehmen, die über das Ende dieser
Legislaturperiode hinausreichen“, sagte der SPD-Energiepolitiker Timon
Gremmels.
## Bauboom für Erneuerbare
Zumindest für das nächste Jahr soll der Umfang der Ausschreibungen für neue
Wind- und Solarkraftwerke aber deutlich steigen: Für Windanlagen an Land
soll die ausgeschriebene Leistung von 2,9 auf 4 Gigawatt angehoben werden,
bei der Fotovoltaik von 1,9 auf 6 Gigawatt, erklärte Wirtschaftsminister
Peter Altmaier (CDU). Er sei „außerordentlich zufrieden“, dass damit
kurzfristig deutlich mehr ausgebaut werde, sagte Altmaier.
Durch erleichterte Genehmigungen werde sichergestellt, dass diese Anlagen
auch tatsächlich gebaut werden. Über die weiteren Ziele müsse dann die
nächste Bundesregierung entscheiden. Der Bundesverband Erneuerbare Energien
(BEE) begrüßte die Einigung, erklärte aber, diese reiche nicht aus.
Ungeduldig sind dagegen die UmweltschützerInnen. Der Dachverband der
deutschen Ökoverbände, [3][der Deutsche Naturschutzring (DNR), forderte am
Donnerstag im Wahljahr einen „Neustart“.] Die nächste Regierung müsse das
Klimaziel für 2030 auf minus 70 Prozent setzen und den Anteil des Ökostroms
auf 80 Prozent steigern, eine „Naturschutzoffensive“ starten, ab 2030 keine
neuen Diesel- oder Benzinautos zulassen und alle Planungen für Autobahnen
und Fernstraßen überdenken. Alle Gesetze müssten darauf geprüft werden, ob
sie das Erreichen der Klima- und Nachhaltigkeitsziele ermöglichten.
Druck machten auch die Scientists for Future. Sie [4][präsentierten eine
Studie von etwa 30 WissenschaftlerInnen] für den Umbau des Energiesystems,
der Deutschland auf den 1,5-Grad-Pfad bringen soll. Darin fordern sie, den
Ausbau der erneuerbaren Energien sechsmal so schnell voranzutreiben wie
bisher: „Pro Jahr brauchen wir 30 statt wie bisher 5 Gigawatt Fotovoltaik
zusätzlich und 9 statt zuletzt 1,5 Gigawatt Windstrom an Land“, hieß es.
Außerdem müsse mehr Energie gespart werden.
22 Apr 2021
## LINKS
[1] /Wegen-mangelnder-Impfgerechtigkeit/!5760716
[2] /Klimaneutralitaet-im-Jahr-2050/!5768117
[3] https://www.dnr.de/presse/pressemitteilungen/pm-2021/kernforderungen-bundes…
[4] https://de.scientists4future.org/klimavertraegliche-energieversorgung-de-in…
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
EU-Politik
Schwerpunkt Klimawandel
Treibhausgase
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Schwerpunkt Klimawandel
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