# taz.de -- Härterer Kurs gegenüber China: EU legt Deal in den Kühlschrank | |
> Die Kommission stoppt Verhandlungen über ein Investitionsabkommen. Firmen | |
> sollen zudem besser gegen Wettbewerber aus Fernost geschützt werden | |
Bild: Ob der harte Kurs der EU gut für ihn ist? Arbeiter im VW-Werk in Changch… | |
Brüssel taz | Die EU-Kommission vollzieht [1][einen radikalen Schwenk in | |
der Wirtschaftspolitik]. Die Brüsseler Behörde hat sich vom umstrittenen | |
Investitionsabkommen mit China verabschiedet und errichtet nun sogar neue | |
Barrieren gegen staatlich subventionierte Firmen aus Fernost. Zudem soll | |
eine neue Industriestrategie die Abhängigkeit von China verringern. | |
Handelskommissar Valdis Dombrovskis kündigte überraschend an, dass das | |
[2][Ende 2020 unter deutschem EU-Vorsitz ausgehandelte Investitionsabkommen | |
mit China auf Eis] gelegt werde. „Wir haben unsere Vermittlungsbemühungen | |
ausgesetzt“, erklärte der mächtige Vizepräsident der Kommission. Wegen des | |
Streits um Sanktionen gebe es aktuell keine Aussicht auf Ratifizierung. | |
[3][Hintergrund sind die Strafmaßnahmen, die die EU im März gegen China | |
verhängt hatte.] Sie wurden allerdings nicht mit Chinas Wirtschaftspolitik, | |
sondern mit der Repression gegen die muslimische Minderheit der Uiguren | |
begründet. Als Reaktion auf die EU-Sanktionen verhängte Peking seinerseits | |
Strafen gegen EU-Politiker, darunter den grünen Europaabgeordnete Reinhard | |
Bütikofer und seinen CDU-Kollegen Michael Gahler. | |
Seither hat das Parlament auf stur geschaltet. Die Beratungen über das | |
Abkommen wurden ausgesetzt, die Parlamentarier forderten ein härteres | |
Vorgehen gegen China. Nun hat Dombrovskis die Notbremse gezogen. Das | |
Abkommen, das als letzter großer „Deal“ unter dem Ratsvorsitz von Kanzlerin | |
Angela Merkel galt, wurde vorerst gestoppt. Es sollte deutsche und | |
europäische Investitionen besser absichern und Peking auf internationale | |
Standards verpflichten. | |
## EU-China-Politik „vor einer Neubestimmung“ | |
Damit ist es erst mal vorbei. Der Deal liege „im Kühlschrank“ und werde | |
dort noch jahrelang bleiben, sagte der Vorsitzende des Handelsauschusses im | |
Europaparlament, Bernd Lange (SPD). Die EU-China-Politik stehe „vor einer | |
Neubestimmung“, freute sich der Grüne Bütikofer. Ähnlich äußerte sich | |
Außenminister Heiko Maas (SPD) am Rande des G-7-Treffens in London, wo er | |
sich ebenfalls gegen China positionierte. | |
Die EU-Kommission will es aber nicht bei einem „No Deal“ belassen. Sie | |
legte zwei Entwürfe vor, mit denen sie die Wirtschaft gegen chinesische | |
Wettbewerber abschotten will. So offen wurde dies allerdings nicht gesagt. | |
Um dem Vorwurf des Protektionismus zu entgehen, spricht man in Brüssel | |
lieber vornehm von „ausländischen Subventionen“ und einer „offenen | |
strategischen Autonomie“. | |
Der Gesetzentwurf gegen „ausländische Subventionen“ soll sicherstellen, | |
dass staatlich gestützte Firmen aus China bei öffentlichen Aufträgen und | |
Übernahmen in Europa nicht bevorzugt werden. Ab bestimmten Schwellenwerten | |
soll es künftig eine Auskunftspflicht geben. Brüssel würde dann prüfen, ob | |
die Subventionen den Wettbewerb verzerren. Bei ernsten Problemen könnte die | |
EU die Vorhaben untersagen. | |
## Verhindern strategischer Abhängigkeiten | |
Gegen Peking richtet sich auch die neue Politik der „offenen strategischen | |
Autonomie“. Hier geht es darum, in strategisch wichtigen Bereichen mehr in | |
Europa zu produzieren. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass die | |
Wirtschaft autonomer werden müsse, heißt es zur Begründung in Brüssel. | |
„Die größte Herausforderung liegt im Verhindern strategischer | |
Abhängigkeiten von morgen“, sagte Dombrovskis. Dies gelte etwa für Chips, | |
Batterien oder Wasserstoff. Bei all diesen Technologien hat China derzeit | |
Vorteile. Brüssel will nun mit gezielten Förderprogrammen gegensteuern. | |
Dass die EU dabei selbst zu Subventionen greift, gilt in Brüssel als | |
unproblematisch. Sowohl Europaparlament als auch die Wirtschaft | |
signalisierten am Mittwoch Unterstützung für die neue Strategie, mit der | |
sich die EU von ihrer alten Doktrin der offenen Märkte verabschiedet. | |
5 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Gespraeche-zwischen-Deutschland-und-China/!5768922 | |
[2] /Regierungsgespraeche-mit-China/!5763001 | |
[3] /Spannungen-zwischen-China-und-der-EU/!5760116 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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