# taz.de -- Diplomatischer Streit eskaliert: China sieht in Litauen rot | |
> China beruft seinen Botschafter aus Litauen ab und weist Vilnius’ | |
> Vertreter aus. Es geht um ein neues Handelsbüro Taiwans in Litauen. | |
Bild: China feierte 100 Jahre kommunistische Partei und tritt gegen Taiwan imme… | |
Berlin taz | Chinas gloaler Einfluss hat in den letzten Jahren stark | |
zugenommen. Gewachsen ist aber auch sein Imageproblem, zumindest in einigen | |
Ländern. Daran ist nicht nur Chinas [1][Verteufelung] durch Donald Trump | |
schuld, auch nicht allein Pekings [2][Menschenrechtsverletzungen] etwa an | |
den Uiguren in Xinjiang oder der [3][Bruch des Autonomieversprechens] in | |
Hongkong. Vielmehr verprellt China andere oft durch sein kompromissloses | |
und arrogant empfundenes Auftreten. | |
So berief Peking am Dienstag seinen Botschafter aus Vilnius ab und wies | |
zugleich Litauens Vertreter aus. Das baltische Land mit nur 2,8 Millionen | |
Einwohnern hatte doch tatsächlich dem von nur 15 unbedeutenden Staaten | |
diplomatisch anerkannten Taiwan erlaubt, in Vilnius ein Handelsbüro zu | |
eröffnen. | |
Solche Wirtschafts- und Kulturbüros, die letztlich als informelle | |
Vertretungen der ostasiatischen Inselrepublik und ihrer 23,5 Millionen | |
Bewohner*innen dienen, gibt es in mehr als 70 Staaten. Das erfreut | |
Peking nicht, das Taiwan als Teil der Volksrepublik beansprucht und mit | |
gewaltsamer Eroberung droht. | |
Doch wie etwa am Berliner Gendarmenmarkt, wo Taiwans informelle Botschaft | |
offiziell „Taipeh-Vertretung“ heißt, wird dies von Peking letztlich | |
geduldet. Chinas Regierung ist aber im Rahmen seines Mantras der | |
„Ein-China-Politik“ nicht bereit zu akzeptieren, was bei dem Büro in | |
Vilnius vorgesehen ist: Dort soll der Name Taiwan groß auf dem Schild | |
stehen. Die Eröffnung des taiwanischen Büros und eines litauischen Pendants | |
in Taipeh sind bis Jahresende geplant. | |
## Peking akzeptiert den Namen Taiwan nicht | |
Der Name Taiwan ist für Peking eine Provokation, weil er als Schritt zur | |
Unabhängigkeit der demokratischen Inselrepublik gewertet wird. Deren Name | |
lautet offiziell „Republik China“. Das zeigt für Peking die Zugehörigkeit | |
zu China. Schon als die Insel vor einigen Jahren auf die Reisepässe ihrer | |
Bewohner*innen „Taiwan“ statt „Republik China“ drucken wollte, drohte | |
China mit Konsequenzen. | |
Jetzt wird Vilnius gedroht. Das Außenministerium in Peking forderte am | |
Dienstag Litauen auf, „seine falsche Entscheidung unverzüglich zu | |
korrigieren, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um den Schaden rückgängig zu | |
machen und den falschen Weg nicht weiter zu beschreiten“. | |
Sollte Vilnius die Eröffnung des Büros erlauben, hätte das „potenzielle | |
Konsequenzen“, so Chinas Außenamt. Welche gemeint sind, blieb offen. | |
Pekings Reaktion zielte dabei nicht nur auf das kleine Litauen, sondern | |
soll auch andere Staaten von einem ähnlichen Schritt abschrecken. | |
Auch Taiwan wird wieder gedroht. Dessen Unabhängigkeit sei eine Sackgasse | |
und jeder Versuch separatistischer Aktivitäten auf der internationalen | |
Bühne sei zum Scheitern verurteilt: „Die chinesische Regierung und das Volk | |
sind fest entschlossen, die Wiedervereinigung des Landes zu erreichen. Die | |
rote Linie der Wahrung der nationalen Souveränität und der territorialen | |
Integrität darf nicht überschritten werden,“ heißt es auch Peking. | |
## Litauen möchte nicht von China abhängig werden | |
Litauens Außenministerium erklärte, an der Ein-China-Politik festzuhalten, | |
aber eben die wirtschaftlichen Beziehungen zu Taiwan ausbauen zu wollen, um | |
nicht von China abhängig zu werden. Vilnius sprach dabei auch von der | |
Unterstützung von Menschenrechten und Demokratie und hatte dem demokratisch | |
regierten Taiwan bereits Corona-Impfstoff gespendet. | |
Für Litauen ist China längst kein so wichtiger Handelspartner wie für | |
andere EU-Staaten. Mit einem bilateralen Volumen von 1,8 Milliarden Dollar | |
ist die Volksrepublik nur der zwölftgrößte Handelspartner Litauens. | |
Vilnius stieg schon im Mai aus dem 17+1-Format aus, mit dem Peking ost- und | |
südosteuropäische Länder mit Milliardeninvestitionen umgarnt und zugleich | |
die EU-Staaten zu spalten versucht. | |
Während China damit in Serbien, Ungarn und Griechenland Erfolg hat, sind | |
Polen, Tschechien und die baltischen Staaten inzwischen ernüchtert. | |
Tschechiens Hauptstad Prag vereinbarte zum Ärger Pekings sogar kürzlich | |
eine Städtepartnerschaft mit Taipeh. | |
10 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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