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# taz.de -- Pekings Drohgebärden gegen Taiwan: China spielt den Muskelprotz
> Mit knapp 80 Kampfflugzeugen in Taiwans Luftraum demonstriert Pekings
> Führung seine Machtambitionen. Sie setzt auf eine Zermürbungsstrategie.
Bild: Im Juli waren es noch 30 chinesische Kampfflugzeuge über Taiwan, nun sin…
Peking taz | Entlang der idyllischen Südostküste Chinas liegen die Relikte
eines jahrzehntealten Konflikts. An einem Berggipfel im Landkreis
Lianjiang, acht Kilometer von den Inselausläufern Taiwans entfernt, stehen
die steinernen Überreste einer Militärfestung mit Schießscharten,
Tunnelbunker und Sendemast zur Propagandabeschallung. „Früher hatten wir
jeden Tag Angst, dass etwas passieren könnte“, sagt eine Frau, die den
Eingang der einstigen Militärbasis bewacht.
Es wirkt wie aus einer entfernten Vergangenheit. Damals fürchtete die
Volksrepublik einen Angriff. Mittlerweile haben sich die Machtverhältnisse
drastisch gewandelt: Es ist vor allem [1][China, das mit seiner
militärischen Stärke] für Angst und Schrecken sorgt.
In den ersten zwei Oktobertagen, als China gerade seinen Nationalfeiertag
beging, entsandte das Land knapp 80 Kampfflugzeuge in Taiwans
Luftraumüberwachungszone. Nicht nur die schiere Anzahl an Militärjets
markiert eine beispiellose Eskalationsstufe, sondern auch die Art der
Flugkörper: Unter den Jets befanden sich je zwei H-6-Bomber und
U-Boot-Abwehrflugzeuge.
„Bedrohlich? Natürlich. Es ist seltsam, dass sich die Volksrepublik China
nicht mehr die Mühe macht, Vorwände vorzutäuschen“, schrieb Taiwans
Außenminister Joseph Wu auf Twitter. Während Peking selbst keine offizielle
Stellungnahme zu der Aktion abgab, schäumten Chinas Staatsmedien über vor
Patriotismus: „China verlegt seine Militärparade zum Nationalfeiertag vom
Platz des Himmlischen Friedens in die Taiwanstraße. Die
Volksbefreiungsarmee hat hervorragende Arbeit geleistet“, twittert Hu
Xijin, Chefredakteur der nationalistischen Propagandazeitung Global Times:
„Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Taiwans separatistische Autoritäten
fallen werden.“
## Langfristiges Ziel Taiwan
Experten geben vorerst Entwarnung: Dass Peking den Inselstaat kurzfristig
angreifen wird, darauf deutet wenig hin. Denn zum einen ist Taiwan aufgrund
seines geografischen Terrains nur sehr schwer einzunehmen, zudem liegt die
Machtdominanz aufgrund der starken [2][US-Militärpräsenz im Indopazifik]
immer noch auf der Seite der Taiwaner.
Doch dass Chinas derzeitige Führung unter Staatschef Xi Jinping über kurz
oder lang das konkrete Ziel einer „Eingliederung“ Taiwans ins „chinesische
Mutterland“ verfolgt, daran besteht wenig Zweifel. Pekings Staatsführung
setzt auf Zeit: Bald wird China die größte Volkswirtschaft der Welt sein,
die Modernisierung des Militärs stets vorantreiben und langfristig den
Kampf gegen die [3][„abtrünnige Provinz“ Taiwan] gewinnen können, ohne
einen einzigen Schuss abzufeuern.
Noch sind dies zwar nur Zukunftsspielereien in Peking. Doch das immer
unverfrorenere militärische Säbelrasseln Chinas spiegelt wachsendes
Selbstbewusstsein wider. Immer weiter verschiebt die Volksrepublik die
Grenzen des Tolerierbaren. Dazu gehört auch eine Verrohung der Sprache: Am
Donnerstag hieß es vom Pekinger „Büro für Taiwan-Angelegenheiten“, dass
Taipehs Außenminister Joseph Wu eine „Heuschrecke“ und eine
„umherschwirrende Fliege“ sei.
## Militärisches Ungleichgewicht
Die Gefahr in diesem gefährlichen Konflikt ist vor allem, dass es bei den
regelmäßigen Provokationen zu einer unbeabsichtigten Fehlkalkulation kommen
könnte. Wie nah man an einer militärischen Auseinandersetzung
vorbeigeschrammt ist, legt eine Recherche der Hongkonger South China
Morning Post nahe: Demnach soll das chinesische Militär ernsthaft darüber
besorgt gewesen sein, dass die Trump-Regierung in den letzten Tagen ihrer
Amtszeit versuchen wollte, China zu einer Vergeltungshandlung zu
provozieren, die in einen Krieg münden würde.
Laut einem internen Memo rief US-Generalstabschef Mark Milley
höchstpersönlich in Peking an, um einen „Überraschungsangriff“
abzustreiten. Der damalige Außenminister Mike Pompeo hatte zudem einen
Besuch in Taiwan geplant, doch dann kurzfristig abgesagt – offenbar in
Sorge vor einer Eskalation.
Die jetzige Strategie Chinas zielt darauf ab, Taiwans Militär mit der fast
täglichen Entsendung von Kriegsflugzeugen zu zermürben und unter konstante
Anspannung zu setzen. Insbesondere die großangelegten Nachtflüge haben eine
einschüchternde Wirkung – auch psychologisch.
Das militärische Ungleichgewicht zwischen China und Taiwan wird zunehmend
deutlich: Laut Pentagon verfügt Chinas „Volksbefreiungsarmee“ über
mindestens 1.500 Kampfjets und fast 500 Bomber. Taiwans Militär hat
hingegen lediglich 400 Kampfflugzeuge und keinerlei Bomber. Umso stärker
ist Taipeh also vom Sicherheitsschirm Washingtons abhängig. Doch ob die USA
im Ernstfall tatsächlich eingreifen würden, gilt keineswegs als sicher.
3 Oct 2021
## LINKS
[1] /Chinesische-Jets-in-Taiwans-Luftraum/!5743134
[2] /Konflikt-zwischen-Taiwan-und-China/!5764443
[3] /Chinas-Drohgebaerden-gegen-Taiwan/!5794533
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
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